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Nicht nur für Katholiken, die im Papst den Nachfolger Petri und den Stellvertreter Jesu Christi auf Erden sehen, gilt der Papst als einer der hervorragenden Repräsentanten des Christentums.
Wir wollen in diesem Text der Frage nachgehen, wie weit das Papsttum den Worten Jesu entspricht. Wir beschäftigen uns daher mit Simon Petrus, dem Jünger Jesu, als dessen Nachfolger sich der Papst versteht.
Nach einem geschichtlichen Überblick über einige ausgewählte Päpste aus der Vergangenheit bis in unsere Zeit widmen wir uns abschließend der Frage, was es wirklich heißt, Petrus nachzufolgen.
Inhaltsverzeichnis
1 Der Anspruch des Papsttums nach den offizielle Dokumenten
Lassen wir zuerst die offiziellen Lehrdokumente der römisch-katholischen Kirche sprechen! Wir haben vier Dokumente ausgewählt: (1) Die Bulle „Unam Sanctam“ von Papst Bonifaz VIII. aus dem Jahre 1302 ist zwar auf einem konkreten politischen Hintergrund entstanden, der Schlusssatz beinhaltet aber eine bleibende dogmatische Aussage. (2) Das erste Vatikanische Konzil hat die Unfehlbarkeit des Papstes zum Dogma gemacht, (3) das zweite Vatikanum hat zwar kein Dogma verkündet, aber die Lehre des ersten Vatikanums vollinhaltlich bestätigt. (4) Das Zitat aus dem Kodex des Kanonischen Rechts zeigt die Verankerung des Papsttums im Kirchenrecht. Wir lassen diese Dokumente unkommentiert.
1.1 Die Bulle „Unam Sanctam“ (1302)
[…] Die eine und einzige Kirche (hat) also einen Leib, ein Haupt, nicht zwei Häupter wie eine Missgeburt, nämlich Christus und den Stellvertreter Christi, Petrus, und den Nachfolger des Petrus; denn der Herr sagt zu Petrus selbst: „Weide meine Schafe“ [Joh 21,17]. „Meine“, sagt er, und zwar allgemein, nicht einzeln diese oder jene: daraus ersieht man, dass ihm alle anvertraut wurden. Wenn also Griechen oder andere sagen, sie seien Petrus und seinen Nachfolgern nicht anvertraut worden, dann müssen sie gestehen, dass sie nicht zu den Schafen Christi gehören; denn der Herr sagt bei Johannes: „es gibt eine Hürde, einen und nur einen Hirten“ [Joh 10,16].
[…] Diese Autorität ist aber, auch wenn sie einem Menschen verliehen wurde und durch einen Menschen ausgeübt wird, keine menschliche, sondern vielmehr eine göttliche Gewalt, die Petrus aus göttlichem Munde verliehen und ihm und seinen Nachfolgern in Christus selbst, den er als Fels bekannt hat, bestätigt wurde, als der Herr zu Petrus selbst sagte: „Alles, was du gebunden hast“ usw. [Mt 16,19]. Wer immer sich also dieser von Gott so angeordneten Gewalt „widersetzt, widersetzt sich der Anordnung Gottes“ [Röm 13,2]. […]
Wir erklären, sagen und definieren nun aber, dass es für jedes menschliche Geschöpf unbedingt notwendig zum Heil ist, dem Römischen Bischof unterworfen zu sein.1 2
1.2 Das Erste Vatikanische Konzil – Dogmatische Konstitution „Pastor Aeternus“ (1870)
Zur Ehre Gottes, unseres Heilandes, zur Erhöhung der katholischen Religion, zum Heil der christlichen Völker lehren und erklären wir endgültig als von Gott geoffenbarten Glaubenssatz, in treuem Anschluss an die vom Anfang des christlichen Glaubens her erhaltene Überlieferung, unter Zustimmung des heiligen Konzils: Wenn der Römische Papst in höchster Lehrgewalt (ex cathedra) spricht, das heißt: wenn er seines Amtes als Hirt und Lehrer aller Christen waltend in höchster apostolischer Amtsgewalt endgültig entscheidet, eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, so besitzt er aufgrund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist, jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren ausgerüstet haben wollte. Diese endgültigen Entscheidungen des Römischen Papstes sind daher aus sich und nicht aufgrund der Zustimmung der Kirche unabänderlich. Wenn sich jemand — was Gott verhüte — herausnehmen sollte, dieser unserer endgültigen Entscheidung zu widersprechen, so sei er ausgeschlossen.3
1.3 Das Zweite Vatikanische Konzil – Dogmatische Konstitution „Lumen Gentium“ (1964)
Dieser Unfehlbarkeit erfreut sich der Bischof von Rom, das Haupt des Bischofskollegiums, kraft seines Amtes, wenn er als oberster Hirt und Lehrer aller Christgläubigen, der seine Brüder im Glauben stärkt (vgl. Lk 22,32), eine Glaubens- oder Sittenlehre in einem endgültigen Akt verkündet. Daher heißen seine Definitionen mit Recht aus sich und nicht erst aufgrund der Zustimmung der Kirche unanfechtbar, da sie ja unter dem Beistand des Heiligen Geistes vorgebracht sind, der ihm im heiligen Petrus verheißen wurde. Sie bedürfen daher keiner Bestätigung durch andere und dulden keine Berufung an ein anderes Urteil. In diesem Falle trägt nämlich der Bischof von Rom seine Entscheidung nicht als Privatperson vor, sondern legt die katholische Glaubenslehre aus und schützt sie in seiner Eigenschaft als oberster Lehrer der Gesamtkirche, in dem als einzelnem das Charisma der Unfehlbarkeit der Kirche selbst gegeben ist. (Lumen Gentium 25)4
1.4 Der Kodex des Kanonischen Rechts (Codex Iuris Canonici) (1983)
Der Bischof der Kirche von Rom, in dem das vom Herrn einzig dem Petrus, dem Ersten der Apostel, übertragene und seinen Nachfolgern zu vermittelnde Amt fortdauert, ist Haupt des Bischofskollegiums, Stellvertreter Christi und Hirte der Gesamtkirche hier auf Erden; deshalb verfügt er kraft seines Amtes in der Kirche über höchste, volle, unmittelbare und universale ordentliche Gewalt, die er immer frei ausüben kann. (Canon 331)
Der Papst hat kraft seines Amtes nicht nur Gewalt in Hinblick auf die Gesamtkirche, sondern besitzt auch über alle Teilkirchen und deren Verbände einen Vorrang ordentlicher Gewalt, durch den zugleich die eigenberechtigte, ordentliche und unmittelbare Gewalt gestärkt und geschützt wird, die die Bischöfe über die ihrer Sorge anvertrauten Teilkirchen innehaben. (Canon 333 §1)
Gegen ein Urteil oder ein Dekret des Papstes gibt es weder Berufung noch Beschwerde. (Canon 333 §3)
2 Die Kirche, wie Jesus sie wollte
Da rief Jesus sie zu sich und sagte: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. (Matthäus 20,25–28 Einheitsübersetzung5)
Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen lassen; denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder. Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch sollt ihr euch nicht Lehrer nennen lassen; denn nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden. (Matthäus 23,8–12)
Jesus ist gekommen, um zu dienen und sich für die Menschen hinzugeben. Dieselbe Hingabe erwartet und wirkt er in denen, die sich selbst zurückstellen und ihm nachfolgen. Durch Jesus werden wir als seine Jünger Kinder des himmlischen Vaters. Er befähigt uns, einander als Brüder und Schwestern zu lieben. Alle Unterschiede, die in dieser Welt Menschen voneinander trennen, verlieren in der Kirche ihre Bedeutung.
Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid «einer» in Christus Jesus. (Galater 3,28)
Aus dieser geschwisterlichen Beziehung folgt, dass es für Christen nur einen Vater gibt, den im Himmel. Die Bibel kennt nur einen Heiligen Vater:
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. (Johannes 17,11b)
Wenn ein Mensch sich als „Heiliger Vater“6 anreden lässt7, so ist das eine klare Missachtung sowohl der Worte Jesu als auch des Heiligen Geistes, der eine geschwisterliche Liebe unter den Kindern Gottes wirkt.8
3 Simon Petrus – Jünger und Apostel
Da der Papst sich als Nachfolger des Apostels Petrus bezeichnet, wollen wir uns mit diesem bedeutenden Jünger Jesu beschäftigen.
Simon – so sein ursprünglicher Name9 – war ein Fischer aus Bethsaida10, am Nordufer des Sees Genezareth gelegen. Er übersiedelte – vermutlich im Zusammenhang mit seiner Verehelichung – in das nahegelegene Kapharnaum.11
Als Johannes der Täufer auftrat, wurde Simon gemeinsam mit seinem Bruder Andreas einer seiner Jünger. Andreas war dabei, als Johannes der Täufer Jesus als das Lamm Gottes bezeichnete, und schloss sich Jesus an. Tags darauf sagte Andreas zu seinem Bruder Simon: „Wir haben den Messias12 gefunden.“ und führte ihn zu Jesus. Jesus gab Simon den neuen Namen Kefa13.14
Seit damals folgte Simon seinem Herrn Jesus nach. Lukas berichtet von einem wunderbaren Fischfang, durch den Simon sich seiner Sündhaftigkeit bewusst wurde. Von Jesus erhielt er den Auftrag, nicht mehr Fische, sondern Menschen zu fangen.15
Als Jesus unter seinen Jüngern zwölf auswählte, „die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten“16, war Simon einer von ihnen. Er wird in allen Auflistungen der Namen der Zwölf, die auch Apostel („Gesandte“) genannt wurden, an erster Stelle genannt.17
In einigen Situationen des öffentlichen Wirkens Jesu war Simon einer von drei Jüngern, mit denen Jesus zusammen war. Hier ist die Verklärung Jesu18 zu nennen, auf die auch Petrus selber in seinem zweiten Brief hinwies.19 Er wurde gemeinsam mit Johannes und Jakobus gewürdigt, die künftige Herrlichkeit des Messias in einer Vision zu schauen.
Als Jesus verhaftet wurde, war Simon willens, seinen Meister mit dem Schwert zu verteidigen. Jesus ließ das nicht zu und heilte das Ohr des von Simon verletzten Knechts des Hohepriesters.20
Anders als die meisten anderen Jünger wollte er Jesus auch in der Zeit der Bedrängnis nahe sein, verleugnete aber, als er befragt wurde, seinen Herrn. Unmittelbar danach wurde er sich der Tragweite seines Tuns unter Tränen bewusst und bereute seine Sünde tief.21
Jesus wurde gekreuzigt, blieb aber nicht im Tod. Petrus war der erste der Apostel, dem Jesus nach seiner Auferstehung erschien.22
Petrus hatte gelernt, sich nicht auf seine eigene Kraft, sondern nur auf Gott zu verlassen. Durch die Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten wurde auch er in seinem Mut gestärkt und rief die Juden zur Umkehr zu Jesus auf.23 So entstand die Kirche24, in der Petrus gemeinsam mit Johannes25 eine führende Stellung einnahm. In Verfolgung war Petrus bereit, ins Gefängnis zu gehen.26
Infolge einer durch Saulus (Paulus) initiierten Verfolgung verkündete Philippus das Evangelium erstmals auch Nichtjuden, den Samaritern. Erst als Petrus und Johannes den bekehrten Samaritern die Hände auflegten, empfingen diese den Heiligen Geist.27
Durch Petrus nahm der römische Hauptmann Kornelius als erster Heide das Evangelium an.28 Petrus war auch an der Entscheidung, dass die Christen, die aus nichtjüdischen Völkern kamen, das jüdische Gesetz nicht zu halten haben, wesentlich beteiligt.29 Er war aber auch bereit, die Ermahnung von Paulus wegen Inkonsequenz in diesem Punkt anzunehmen.30
Aus späterer Zeit erfahren wir nur mehr wenig über ihn. Die zentrale Position, die Petrus in den Anfangsjahren der Kirche hatte, gab es später offensichtlich nicht mehr. Aus dem ersten Petrusbrief dürfen wir vermuten, dass er in verschiedenen Provinzen Kleinasiens missionierte.31
Vermutlich kam er nach dem Jahr 62 nach Rom, wo er während der Verfolgung durch Nero den Märtyrertod starb.32
4 Jesu Verheißungen an Petrus
4.1 Matthäus 16,13–23
Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus (pétros) und auf diesen Felsen (pétra) werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein. Dann befahl er den Jüngern, niemand zu sagen, dass er der Messias sei. Von da an begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären, er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten vieles erleiden; er werde getötet werden, aber am dritten Tag werde er auferstehen. Da nahm ihn Petrus beiseite und machte ihm Vorwürfe; er sagte: Das soll Gott verhüten, Herr! Das darf nicht mit dir geschehen! Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.
Im Gegensatz zu anderen Menschen, die Jesus für „Johannes den Täufer, Elija, Jeremia oder sonst einen Propheten“ hielten, bekannte Simon: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes!“ Das war keine grundsätzlich neue Erkenntnis. Bereits Andreas hatte seinem Bruder Simon ganz am Anfang gesagt: „Wir haben den Messias gefunden.“33 Während dieses erste Bekenntnis des Andreas aufgrund des Zeugnisses Johannes‘ des Täufers geschah, bekannte Simon Jesus als Messias, nachdem er bereits mehr als ein Jahr mit ihm zusammen war und erkennen musste, dass Jesus nicht dem politischen Messiasbild entsprach, das er wie die meisten Juden hatte. Aber alles, was er von Jesus hörte, und alles, was er von seinem Leben sah, schenkte ihm mit Gottes Hilfe die Gewissheit der Messianität Jesu. Jesus sagte, dass Petrus das nicht von Fleisch und Blut wusste, sondern vom Vater im Himmel.
Die anschließend berichtete Begebenheit, als Simon es ablehnte, dass Jesus leiden und sterben müsse, und deswegen von Jesus streng ermahnt wurde,34 zeigt, wie stark er auch damals noch der jüdischen Messiaserwartung verhaftet war, die einen siegreichen Messias ersehnte, aber nichts von dessen Leiden und Tod wissen wollte.
4.1.1 Der Fels
Ich aber sage dir: Du bist Petrus (pétros) und auf diesen Felsen (pétra) werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.
Jesus antwortete auf das Bekenntnis Simons mit einer Aussage über ihn. Simon hatte gesagt: „Du bist der Messias.“ Jesus antwortete: „Du bist Petrus.“ Er erinnerte ihn an den Namen, den er ihm bereits bei der ersten Begegnung gegeben hatte. Das aramäische Wort Kefa, das Jesus in seiner Muttersprache verwendet hat,35 hat dieselbe Bedeutung wie das griechische Wort Petros: Stein.
Der katholische Neutestamentler Rudolf Pesch36 schreibt dazu:
Dass Kefas-Petros vom aramäischen Wort kefa, einer Sachbezeichnung herkommt, ist unbestritten. Die Sachbezeichnung ist ebenso wenig wie das griechische Wort pétros in vorchristlicher Zeit als Personenname, Eigenname oder Beiname nachgewiesen. kefa bedeutet vorzüglich „Stein, Kugel, Klumpen, Knäuel“; „Fels“ ist als Nebenbedeutung nur in den Targumim bei Übersetzung des hebräischen sela‘ belegt. „Dass ein Aramäer vor Ostern nicht Fels/pétra, sondern ‚Stein, Ballen, Klumpen, Klotz‘ assoziierte, wenn er den Beinamen Kefa hörte“37, lehrt insbesondere die griechische Wiedergabe des Beinamens durch pétros statt pétra. Während pétra „den gewachsenen Felsen, felsige Gebirgszüge, Klippen, einzeln stehende Felshäupter, auch Grotten“ bezeichnet, bedeutet pétros „von Homer über LXX und Josephus bis in neutestamentliche Zeit hinein Stein […]; vom kleinen Stein, Feuer- und Schleuderstein, bis zum größeren, losgerissenen Felsbrocken.“38
Simon ist ein Stein, ein wichtiger Stein im Bauwerk der Kirche. Aber er ist nicht der Fels, auf dem die Kirche aufbaut. Das von Petrus abgelegte Bekenntnis zu Jesus als dem Messias, den Sohn des lebendigen Gottes, ist die bleibende Grundlage der Gemeinde der Jünger Jesu.
Paulus schreibt in 1 Korinther 3,11:
Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus.
In 1 Petrus 2,4 nennt Petrus Jesus den
[…] lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist.
Auf ihm sollen sich die Christen als lebendige Steine aufbauen lassen.
Im weiteren Zusammenhang zitiert Petrus in Kombination mehrere alttestamentliche Stellen zum Thema Stein / Felsen (Jesaja 28,16; Psalm 118,22 und Jesaja 8,14) und wendet sie auf Jesus an. In Vers 8 nennt er Jesus den
[…] Stein, an den man anstößt, und zum Felsen, an dem man zu Fall kommt.
Hier verwendet Petrus für den Felsen das griechische Wort pétra, das wir auch in Matthäus 16,18 für den Felsen finden, auf dem die Kirche aufgebaut ist. Petrus nennt Jesus den Fels. Da dieser Wortgebrauch sich auch aus dem zitierten alttestamentlichen Vers ergibt, ist dieses Argument gewiss nicht allzu stark. Aber es ist doch interessant, dass Petrus in diesem Zusammenhang mit keinem Wort erwähnt, dass er selber der Fels sei, auf dem die Kirche erbaut ist. Das spricht dafür, dass Petrus sich selber nicht so gesehen hat.
Das Alte Testament spricht an zahlreichen Stellen von Jahwe als dem Fels. Wir bringen hier nur eine Auswahl:
Verlasst euch stets auf den Herrn; denn der Herr ist ein ewiger Fels. (Jesaja 26,4)
Denn wer ist Gott als allein der Herr, wer ist ein Fels, wenn nicht unser Gott? (Psalm 18,32 – im selben Psalm auch noch in den Versen 3 und 46)
Ihr seid meine Zeugen: Gibt es einen Gott außer mir? Es gibt keinen Fels außer mir, ich kenne keinen. (Jesaja 44,8b)
Weitere Stellen: Deuteronomium 32,4.18.30; Psalm 19,14; 28,1; 42,9; 78,5; 144;1; Jesaja 17,10 …
Es gibt allerdings eine Stelle, in der nicht Gott, sondern ein Mensch symbolisch als “Fels” bezeichnet wird:
Hört auf mich, die ihr der Gerechtigkeit nachjagt und die ihr den Herrn sucht. Blickt auf den Felsen, aus dem ihr gehauen seid, auf den Schacht, aus dem ihr herausgebohrt wurdet. Blickt auf Abraham, euren Vater, und auf Sara, die euch gebar. Er war allein, als ich ihn rief; doch ich habe ihn gesegnet und ihm viele Nachkommen geschenkt. (Jesaja 51,1–2)
Hier ist Abraham „der Fels, aus dem ihr gehauen seid.“ Hier hat der Fels nicht die Funktion des Fundaments, auf dem ein Haus gebaut wird, sondern des „Materials“, aus dem das Volk Israel entstand. Man kann daher diese Stelle nicht als Parallele zum Wort Jesu an Petrus sehen. Überdies gab es im Volk Israel nie die Vorstellung von einem „Abrahamsamt“ ähnlich dem „Petrusamt“ bei den Katholiken.
Zur Begründung, dass mit dem „Felsen“ in Matthäus 16,18 Petrus gemeint sei, könnte man Epheser 2,20 und Offenbarung 21,14 anführen.
Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr im Geist zu einer Wohnung Gottes erbaut. (Epheser 2,20–22)
Die Mauer der Stadt39 hat zwölf Grundsteine; auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes. (Offenbarung 21,14)
In Epheser 2,20 schreibt Paulus über die einmalige Stellung der Apostel in der Kirche. Sie waren es, die gemeinsam mit den Propheten die Lehre der Gemeinde, die auf Jesus aufbaut und in ihm ihren Schlussstein findet, der alles zusammenhält, grundgelegt haben. Diese Lehre finden wir in den Schriften des Neuen Testaments. Mehr dazu unter Punkt 5.2. Von einer bleibenden Institution eines Petrus- oder Apostelamtes ist hier keine Rede.
Offenbarung 21,14 geht in dieselbe Richtung. Auch diese Stelle spricht über die bleibende einmalige Bedeutung der Apostel, nicht darüber, dass die Apostel Nachfolger haben müssen, die später dann die Funktion des Fundaments übernehmen sollten. Weder im Epheserbrief noch in der Offenbarung ist Petrus besonders hervorgehoben.
Exkurs: Zur Deutung von Matthäus 16,18 im Laufe der Geschichte
Im „Evangelisch-katholischen Kommentar zum Neuen Testament“ unterscheidet Ulrich Luz drei verschiedene Deutungen dieser Stelle:40
1. Die „östliche“ Deutung: Das Bekenntnis bzw. der Glaube des Petrus ist Fundamentfels der Kirche.
Diese Deutung ist laut Luz
[…] schon bei Origenes vorhanden und prägt dann die ganze griechische Exegese. Das Bekenntnis des Petrus „ist nicht dem Petrus allein eigen, sondern geschah für alle Menschen: Indem er (Jesus) sein Bekenntnis einen Felsen nannte, machte er deutlich, dass er darauf die Kirche bauen werde“ (Theodor von Mopsuestia, ähnlich Eusebius, Johannes Chrysostomos und andere). Die Deutung stützt sich auf den Kontext von V 18: Als Antwort auf das Glaubensbekenntnis des Petrus hatte Jesus ihn seliggepriesen und ihm die Verheißung von V 8 zugesprochen. […] Durch Ambrosius, Hilarius und den Ambrosiaster wurde sie auch im Westen bekannt und dann in der westlichen Auslegung durch das ganze Mittelalter hindurch neben der augustinischen Deutung vertreten. […]
2. Die augustinische Deutung: Christus ist der Fundamentfels der Kirche.
Auch diese Deutung hat ihre Wurzeln bei Origenes, der zum ersten Mal auf 1Kor 10,4 als Parallelstelle hinwies, bei Tertullian und bei Euseb. Ihr eigentlicher Vater aber ist Augustin, der sie immer und immer wieder vertreten hat: „Denn nicht von Petrus hat die Petra, sondern Petrus von der Petra … den Namen“. Den Fels, der Christus ist (1Kor 10,4), hat Petrus bekannt. „Auf diesem Fundament ist auch Petrus selbst erbaut. Denn ein anderes Fundament kann niemand legen als das, welches gelegt ist, welches ist Jesus Christus“ (1Kor 3,11)41 […] Die augustinische Deutung ist im Mittelalter im Westen zur schlechthin herrschenden geworden. […]
3. Die römische Deutung: Petrus und nach ihm der Papst ist der Fundamentfelsen der Kirche.
Die wichtigsten Grundtexte aus dem 5. Jh. sind die dritte und vierte Predigt Leos d. Gr. zum Jahrestag seiner Bischofsweihe. […] In Petrus ruht auch die Vollmacht des Papstes, denn alles, was der Papst anordnet, ist der gegenwärtigen Wirksamkeit des Petrus durch ihn zuzuschreiben. Petrus ist also nicht in erster Linie der „erste Papst“, sondern als „Petrus vivus“ ist er in seinen Nachfolgern gegenwärtig. Für die Folgezeit ist bedeutsam, dass die „päpstliche“ Auslegung unseres Textes vor allem und fast nur in Dekreten zu finden ist. […] In die katholische Exegese hat die päpstliche Deutung erst mit der Gegenreformation Einzug gehalten. […]
Zusammenfassung
Die heute im katholischen Bereich normale Erklärung, dass der Fels, auf dem die Kirche aufbaut, Petrus und die Päpste seien, entspricht nicht der Auslegungstradition der Antike und des Mittelalters. Die traditionelle Auslegung sah im Felsen entweder (1) das von Petrus abgelegte Bekenntnis zu Jesus als dem Messias und Sohn Gottes oder (2) Jesus Christus selbst. Diese beiden Auslegungen weisen beide auf Jesus hin, nicht auf den Papst, und entsprechen auch dem biblischen Kontext. Die (3) „päpstliche“ Interpretation wurde bis zur Gegenreformation fast nur zur Untermauerung des Papsttums verwendet, nicht aber in exegetischen Texten.
4.1.2 Die Schlüssel
Ist mit den Schlüsseln des Himmelreiches der Jurisdiktionsprimat42 gemeint? Geht es hier nur um Petrus oder auch um dessen Nachfolger?
Wir können im Leben Petri Ereignisse finden, in denen er tatsächlich eine Schlüsselfunktion hatte.
- In Apostelgeschichte 8,4–25 lesen wir über den ersten Schritt der Kirche über das Judentum hinaus. Petrus und Johannes legten den neu bekehrten Samaritern die Hände auf. Sie wurden so voll in die Gemeinde der Jünger Jesu aufgenommen.
- Die nächste „Erweiterung“ der Gemeinde, als auch Heiden aufgenommen wurden, fand laut Apostelgeschichte 10–11 auch unter wesentlicher Beteiligung von Petrus statt.
- Durch die Aufnahme der Heiden stellte sich auch die Frage nach der Bedeutung des alttestamentlichen Gesetzes für die Heidenchristen. Auch bei dieser Entscheidung war Petrus wesentlich beteiligt.43
Wir finden also genügend Punkte im Leben Petri, in denen diese „Schlüsselgewalt“ sichtbar wird. Petrus hat sozusagen das Himmelreich für die Samariter und die Heiden aufgeschlossen.44 Es gibt keine Notwendigkeit, nach einer Bedeutung dieses Wortes für eventuelle Nachfolger Petri zu suchen.
4.2 Lukas 22,31–34
Simon, Simon, der Satan hat verlangt, dass er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder. Darauf sagte Petrus zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir sogar ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. Jesus erwiderte: Ich sage dir, Petrus, ehe heute der Hahn kräht, wirst du dreimal leugnen, mich zu kennen.
Jesus macht hier Petrus Mut, auch nach der Verleugnung und der darauf folgenden Umkehr, seine Aufgabe an seinen Brüdern zu sehen und sie zu stärken. In den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte können wir lesen, wie Petrus das getan hat. Von einem eventuellen Nachfolger des Petrus ist hier keine Rede. Im weiteren Sinn hat natürlich jeder Jünger Jesu die Aufgabe, seine Brüder zu stärken.
4.3 Johannes 21,15–19
Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer! Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Hast du mich lieb? Er gab ihm zu Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich lieb habe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe! Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst. Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen würde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!
Auch diese Stelle ist im Zusammenhang mit der dreimaligen Verleugnung Jesu durch Petrus zu sehen. Weil Petrus Jesus dreimal verleugnet hat, wird er von diesem dreimal gefragt, ob er ihn liebe. Die dreimalige Aufforderung „Weide meine Schafe!“ zeigt, dass die Beziehung zu Jesus wieder ganz in Ordnung gebracht ist, und er wieder für seine Geschwister im Glauben sorgen soll. Die anschließenden Worte, in denen Jesus den Märtyrertod Petri angekündigt, zeigen, dass es hier um Petrus geht, nicht um jemanden, der sein Nachfolger ist. Die am Beginn dieser Abhandlung zitierte Auslegung aus der Bulle „Unam Sanctam“ ist daher völlig unbegründet.
Jesus hat Petrus die Verantwortung für seine Geschwister anvertraut, nachdem Petrus seine Liebe zu Jesus bekräftigt hat. Jesus zu lieben ist die unbedingte Voraussetzung für jede Autorität, die es in der Kirche geben kann. Wenn jemand Jesus nicht liebt, dann kann Jesus diesem Menschen nicht die Sorge für seine Jünger anvertrauen. Die Liebe wird aber nicht durch ein „Amt“ weitergegeben.
Petrus war nicht der einzige Hirte in der frühen Kirche. Er selbst schreibt:
Die Ältesten unter euch ermahne ich, als Mitältester und Zeuge der Leiden Christi, aber zugleich auch als Mitgenosse der einst sich offenbarenden Herrlichkeit: Weidet die euch anvertraute Herde Gottes und habt acht auf sie, nicht gezwungen, sondern aus freien Stücken, wie Gott es will; auch nicht aus schmutziger Gewinnsucht, sondern mit Hingabe, auch nicht als wäret ihr Herren des Erbes, sondern als Vorbilder der Herde. Wenn dann der höchste Hirte erscheint, werdet ihr den unverwelklichen Kranz der Herrlichkeit erlangen. (1 Petrus 5,1–4, Jerusalemer Bibel 1968)
Petrus ist nur der Mitälteste. Der oberste Hirte ist Jesus Christus.
5 War Petrus der erste Papst?
Wir haben schon festgestellt, dass Petrus in der Urkirche eine führende Stellung einnahm. Könnte man nicht doch sagen, dass er eine ähnliche Autorität hatte, wie sie später die Päpste beanspruchten, und dass er dadurch auch das Urbild der Päpste war?
5.1 Über die Stellung von Petrus in der Urkirche
5.1.1 Im Allgemeinen
Während der Zeit des irdischen Wirkens Jesu war Petrus einer der drei Jünger im engsten Kreis. In den „Apostellisten“ wird er stets an erster Stelle genannt. Nach der Auferstehung Jesu war er es, der die Bestellung eines Ersatzmannes für Judas in die Wege leitete.45 Immer wieder finden wir in den Anfangskapiteln der Apostelgeschichte, dass Petrus in der Öffentlichkeit für die Gemeinde spricht. Auf seine wichtige Rolle bei der Ausdehnung der Gemeinde auf Samariter und Heiden wurde bereits hingewiesen. War er also doch der, der alles in der Hand hatte, der erste Papst?
Wir möchten hier auf einige Details hinweisen, die dieses Bild korrigieren:
- Bei der „Wahl“ des Ersatzmannes für Judas war Petrus initiativ, die beiden Kandidaten wurden aber nicht von ihm, sondern von „ihnen“, also den versammelten Jüngern, aufgestellt. Auch die Entscheidung wurde nicht von Petrus getroffen.
- In der Frage der Witwenversorgung46 waren es „die Zwölf“, die gemeinsam eine Lösung fanden. Petrus wird hier nicht gesondert erwähnt.
- Die Initiative zur Verkündigung unter den Samaritanern ging von Philippus aus, der kein Apostel war.47
Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin. (Apostelgeschichte 8,14)
Petrus und Johannes wurden von den Aposteln gesandt. Es war nicht so, dass Petrus das aus eigener Vollmacht beschlossen hätte, oder dass er einen Gesandten („Nuntius“) hingesandt hätte.
- Auch zu Kornelius48 reiste Petrus nicht aus eigener Initiative. Als Kornelius ihm huldigen wollte, ließ Petrus das nicht zu.
Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. (Apostelgeschichte 10,25–26)
Bei seiner Rückkehr nach Jerusalem musste Petrus sein Verhalten rechtfertigen. Er tat das mit einer klaren Darstellung des Sachverhalts, nicht aber mit einem Hinweis auf seine apostolische (oder päpstliche) Autorität.
- Bei der Apostelversammlung zur Frage der Einhaltung des jüdischen Gesetzes spielte Petrus eine zentrale Rolle. Das entscheidende Schlusswort wurde aber von Jakobus gesprochen.49
- Wenn Paulus im selben Zusammenhang in Galater 2,9 von den Säulen der Gemeinde (Jakobus, Kephas und Johannes) schreibt, erwähnt er Jakobus – nicht Kephas (Petrus) – an erster Stelle.
- In Galater 2,11–14 wurde Petrus von Paulus vor der Gemeinde von Antiochien ermahnt. Petrus hat diese Ermahnung angenommen.50
- In 1 Petrus 5,1–4 nennt sich Petrus nur „Mitältester“. Der Oberhirte ist Jesus.
Petrus war wichtig, aber doch nur einer der Apostel. Er hat Kritik und Korrektur demütig angenommen. Er hat weder Unfehlbarkeit noch einen Jurisdiktionsprimat beansprucht. Aus der Apostelgeschichte gewinnen wir den Eindruck, dass, je gefestigter die Gemeinde wurde, Petrus mehr und mehr in den Hintergrund trat.
5.1.2 In Rom
Da der Papst den Anspruch erhebt, als Bischof von Rom der Nachfolger Petri zu sein, ist auch die Frage nach der Stellung Petri in der Gemeinde von Rom zu behandeln.
Die Gemeinde von Rom ist vermutlich durch Juden, die beim Pfingstfest des Jahres 30 zum Glauben an Jesus fanden, entstanden.51 Petrus war an der Entstehung dieser Gemeinde durch seine Verkündigung in Jerusalem beteiligt.
Ob Petrus sich nach seiner wunderbaren Befreiung aus dem Gefängnis52 nach Rom begeben hat, wie nicht nur von katholischer Seite angenommen wird, ist fraglich. Der Satz „Dann verließ er sie und ging an einen anderen Ort.“53 lässt alles offen.
Paulus erwähnt in seinem im Jahre 57 geschriebenen Brief an die Römer Petrus nicht, was dafür spricht, dass Petrus damals nicht in Rom war. Desgleichen erwähnt auch Lukas, wenn er über die Ankunft des Paulus als Gefangener in Rom im Jahre 60 berichtet,54 nichts von Petrus. Auch das bedeutet mit größter Wahrscheinlichkeit, dass Petrus damals nicht in Rom war.
In 1 Petrus 5,13 lesen wir:
Es grüßen euch die Mitauserwählten in Babylon und mein Sohn Markus.
Auch wenn in manchen protestantischen Kreisen versucht wird, zu erklären, dass hier Babylon in Mesopotamien bzw. eine römische Kolonie dieses Namens in Ägypten gemeint sei, spricht doch alles dafür, dass Petrus diesen Brief aus Rom geschrieben hat, und dass „Babylon“ – wie im Buch der Offenbarung – ein Deckname für Rom ist. Zur Zeit der Niederschrift dieses Briefes war Petrus in Rom. Vermutlich ist er bald nach 62 dort eingetroffen.
In 1 Klemens 5 (in Fußnote 32 zitiert) wird Petrus im Zusammenhang mit Opfern der neronischen Christenverfolgung erwähnt, was seinen Tod in Rom voraussetzt.
Petrus hat also sein irdisches Leben in Rom beendet. Das bedeutet aber nicht, dass er Bischof von Rom war. Als Apostel hatten seine Worte in der Gemeinde von Rom auf jeden Fall Gewicht. Das heißt jedoch nicht, dass er der Leiter dieser Gemeinde war. Da die Gemeinde von Rom schon lange vor der Ankunft Petri bestand, hatte diese schon ihre gewachsenen Strukturen, in die Petrus, der sich als „Mitältester“ verstand, nicht eingriff.
5.2 Die „Apostolischen Sukzession“
Wenn Petrus weder Gründer noch „Bischof“ der Gemeinde von Rom war, erübrigt sich die Frage nach der apostolischen Sukzession. Da aber katholischerseits der Anspruch erhoben wird, dass es zwischen Petrus und dem derzeitigen Papst eine ununterbrochene Kette von Handauflegungen gebe, wollen wir uns auch mit dieser Frage auseinandersetzen.
5.2.1 Kann Petrus einen Nachfolger haben?
Wie bereits erwähnt, berichtet Apostelgeschichte 1,15–26 von der Bestellung eines Nachfolgers oder Ersatzmannes für Judas. Dort heißt es in den Versen 21–22:
Einer von den Männern, die die ganze Zeit mit uns zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und (in den Himmel) aufgenommen wurde, – einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein.
Der neu zu bestimmende Apostel musste ein Zeuge der Auferstehung Jesu sein. Deswegen konnte auch Paulus, dem der auferstandene Herr Jesus erschienen ist, Apostel sein.
Bin ich nicht frei? Bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesus, unseren Herrn, gesehen? Seid ihr nicht mein Werk im Herrn? (1 Korinther 9,1)
Als Jakobus, der Bruder des Johannes, durch Herodes Agrippa I. (König von Judäa 41–44) enthauptet wurde,55 wurde kein Nachfolger für ihn bestimmt.
Auch die bereits erwähnten Stellen Epheser 2,20 und Offenbarung 21,14 unterstreichen die Einmaligkeit des Apostelamtes.
Beachtenswert sind auch die Worte Petri in 2 Petrus 1,12–15:56
Darum will ich euch immer an das alles erinnern, obwohl ihr es schon wisst und in der Wahrheit gefestigt seid, die ihr empfangen habt. Ich halte es nämlich für richtig, euch daran zu erinnern, solange ich noch in diesem Zelt lebe, und euch dadurch wach zu halten; denn ich weiß, dass mein Zelt bald abgebrochen wird, wie mir auch Jesus Christus, unser Herr, offenbart hat. Ich will aber dafür sorgen, dass ihr auch nach meinem Tod euch jederzeit daran erinnern könnt.
Petrus weist hier nicht darauf hin, dass sich die Gläubigen nach seinem Tod an Linus bzw. an den Bischof von Rom wenden sollen. Er erinnert sie an seine Lehre, und er hat auch seinen Brief deswegen geschrieben, um sie an die Grundlage zu erinnern, die er durch seine Lehre bei ihnen gelegt hat.
Wenn wir von einem „Nachfolger“ Petri bzw. der Apostel sprechen können, dann können nur die Schriften des Neuen Testaments gemeint sein. Diese Schriften enthalten die Lehre der Apostel unverfälscht.
5.2.2 Seit wann gab es in Rom einen monarchischen Bischof?
Mit dem Begriff „monarchisches Bischofsamt“ meinen wir eine Kirchenstruktur, in der es in einer Gemeinde nur einen einzigen Gemeindeleiter gibt. Diese Struktur ist im Neuen Testament unbekannt und erstmals in den Briefen von Ignatius von Antiochien (gestorben um 110) bezeugt.57
Es gibt aus der frühen nachapostolischen Zeit (spätes erstes und frühes zweites Jahrhundert) drei Dokumente, aus denen wir einen gewissen Einblick in die damalige Struktur der Gemeinde von Rom gewinnen können.
5.2.2.1 Der Erste Klemensbrief
Dieser Brief wird üblicherweise in die 90er Jahre des 1. Jahrhunderts datiert, häufig in das Jahr 96. Es gibt aber gute Gründe dafür, ihn bereits in das Jahr 69 zu datieren. Auf jeden Fall ist er das früheste Zeugnis eines Schreibens der römischen Christengemeinde. Es handelt sich um einen Brief der Gemeinde von Rom an die Gemeinde von Korinth. Anlass für das Schreiben ist, dass die Korinther auf ihre Ältesten nicht mehr gehört haben und diese durch andere ersetzt haben. In diesem in der Wir-Form geschriebenen Brief wird kein Autor genannt. Die Tradition schreibt ihn Klemens von Rom zu.
Dieser Brief kennt das monarchische Bischofsamt nicht. Es geht um die Ältesten (Plural) im Korinth, die wieder mit ihren Aufgaben betraut werden sollen. In Kapitel 44 werden die Begriffe episkopos (Vorsteher – „Bischof“) und presbyteros (Ältester) austauschbar verwendet.58
Auch für Rom gibt es in diesem langen Brief nichts, was auf ein monarchisches Bischofsamt schließen ließe.
5.2.2.2 Der Hirt des Hermas
Diese in Rom entstandene Schrift aus dem späten 1. oder frühen 2. Jahrhundert59 kennt ebenso kein monarchisches Bischofsamt. In dieser Schrift geht es nicht um Kirchenstruktur. In der zweiten Vision, in Kapitel 4,3 heißt es:
Du wirst zwei Abschriften fertigen und eine dem Klemens, eine der Grapte senden. Klemens wird es an die auswärtigen Städte schicken, das ist ihm aufgetragen worden; Grapte wird die Witwen und Waisen mahnen. Und du wirst es in dieser Stadt gemeinsam mit den Presbytern, den Vorstehern der Kirche, vorlesen.
Von einem monarchischen Bischof ist keine Rede. Wir können daher davon ausgehen, dass es zur Zeit der Niederschrift, die gewiss nach dem Tod des Petrus war, keinen monarchischen Bischof von Rom gab, sondern nur eine Gruppe von Presbytern (Ältesten).
5.2.2.3 Der Brief des Ignatius an die Römer
Ignatius war Bischof von Antiochien in Syrien60 und wurde unter Trajan zum Tierkampf in Rom verurteilt. Es wird vermutet, dass er um ca. 110 in Rom gestorben ist. Auf seiner Reise nach Rom schrieb er sieben Briefe, in denen ein Hauptthema die Unterordnung unter den Bischof ist. Ignatius war sehr bestrebt, das monarchische Bischofsamt, das damals im Entstehen begriffen war, zu fördern.61
Umso auffallender ist es, dass er in seinem Brief an die Römer das monarchische Bischofsamt nur im Zusammenhang mit der Gemeinde in Syrien, nicht aber mit Rom erwähnt.
Wir zitieren aus dem 9. Kapitel des Briefes von Ignatius an die Römer:
Gedenket in eurem Gebete der Kirche von Syrien, deren Hirte an meiner statt Gott ist. Jesus Christus allein wird ihr Bischof sein und – eure Liebe. Ich aber muss mich schämen, zu ihren Mitgliedern zu zählen; denn ich verdiene es nicht, da ich der letzte unter ihnen bin und eine Fehlgeburt; aber durch (Gottes) Erbarmung bin ich etwas, wenn ich zu Gott gelangt bin. Meine Seele grüßt euch und die Liebe der Kirchen, die mich aufgenommen haben im Namen Jesu Christi, nicht wie einen (gewöhnlichen) Durchreisenden. Denn auch die, die nicht an meinem Wege – den ich dem Fleische nach mache – liegen, haben mir von Stadt zu Stadt das Geleite gegeben. (Ignatius an die Römer 9,1–3)
Die Formulierung in Vers 1, dass jetzt Gott an seiner statt Hirte der Kirche von Syrien ist, zeigt, dass das monarchische Bischofsamt damals noch in den Anfängen war, dass es nicht selbstverständlich war, dass auf Ignatius ein anderer monarchischer Bischof folgte. Offensichtlich breitete sich damals im Osten des Reiches das monarchische Bischofsamt immer mehr aus. In Rom hingegen gab es weiterhin die alte auf die Apostel zurückgehende Struktur mit mehreren Ältesten.
Es gab also mindestens bis zum Jahre 110 – vermutlich noch länger – keinen Bischof von Rom. Wenn es nun mehr als vierzig Jahre nach dem Tod Petri noch keinen Bischof von Rom gab, wie kann dann behauptet werden, dieser sei dessen Nachfolger?
Wir zitieren den katholischen Kirchenhistoriker Norbert Brox:
Der monarchische Bischof ist nicht in allen Kirchen gleichzeitig eingeführt worden. Ignatius setzte […] gerade in seinem Brief nach Rom nicht voraus, dass die Kirche dort schon einen monarchischen Bischof hat – in auffälligem Gegensatz zu den kleinasiatischen Gemeinden, an die er schrieb, und in denen er jeweils Einzelbischöfe amtieren wusste und zum Teil mit Namen nannte […]. Und noch um 14062 ist die kollegiale Leitungsform für die Kirche in Rom durch ein dort geschriebenes Buch dokumentiert (Past Herm Vis. II,4,3; III,1,8; 5,1; Sim. IX, 27,2). Um diese Zeit sind noch Presbyter die verantwortlichen Sprecher der römischen Gemeinde (Epiphanius, pan. 42,2,2). Was nach Ignatius um das Jahr 110 anderswo schon eingeführt war, dass nämlich ein einziger Bischof an der Spitze der Gemeinde stand, kann für Rom nicht vor den Jahren 140–150 angenommen werden. Erst seit der Jahrhundertmitte, also seit den Bischöfen Aniket (155–166) und Soter (166–175) kann dieses neue Amt auch in Rom zweifelsfrei vorausgesetzt werden. […] Die Konsequenzen für die Papstgeschichte liegen auf der Hand. Man kann für die Zeit vor 140/150 nicht von einzelnen, aufeinanderfolgenden Bischöfen Roms ausgehen, die sich als Päpste der Gesamtkirche verstehen konnten. Das Papsttum war folglich in der Frühzeit noch nicht vorhanden.63
5.2.3 Vergleich der Quellen der Apostolischen Sukzession
Wir wenden uns nun den Texten zu, die über die Nachfolger des Apostels Petrus als Bischof von Rom sprechen. Der erste dieser Texte bildet die Grundlage für die offizielle Liste der Päpste. Andere Texte zeigen aber ein anderes Bild.
5.2.3.1. Irenäus von Lyon (ca. 135 – ca. 200)
Weil es aber zu weitläufig wäre, in einem Werke wie dem vorliegenden die apostolische Nachfolge aller Kirchen aufzuzählen, so werden wir nur die apostolische Tradition und Glaubenspredigt der größten und ältesten und allbekannten Kirche, die von den beiden ruhmreichen Aposteln Petrus und Paulus zu Rom gegründet und gebaut ist, darlegen, wie sie durch die Nachfolge ihrer Bischöfe bis auf unsere Tage gekommen ist. […]
Nachdem also die seligen Apostel die Kirche gegründet und eingerichtet hatten, übertrugen sie dem Linus den Episkopat zur Verwaltung der Kirche. Diesen Linus erwähnt Paulus in seinem Briefe an Timotheus. Auf ihn folgt Anakletus. Nach ihm erhält an dritter Stelle den Episkopat Klemens, der die Apostel noch sah und mit ihnen verkehrte. Er vernahm also noch mit eignen Ohren ihre Predigt und Lehre, wie überhaupt damals noch viele lebten, die von den Aposteln unterrichtet waren. […]Auf genannten Klemens folgte Evaristus, auf Evaristus Alexander, als sechster von den Aposteln wurde Sixtus aufgestellt, nach diesem kam Telesphoros, der glorreiche Märtyrer, dann Hyginus, dann Pius, dann Anicetus. Nachdem dann auf Anicetus Soter gefolgt war, hat jetzt als zwölfter von den Aposteln Eleutherius den Episkopat inne. In dieser Ordnung und Reihenfolge ist die kirchliche apostolische Überlieferung auf uns gekommen, und vollkommen schlüssig ist der Beweis, dass es derselbe Leben spendende Glaube sei, den die Kirche von den Aposteln empfangen, bis jetzt bewahrt und in Wahrheit uns überliefert hat. (Irenäus von Lyon, Gegen die Häresien III,3,2–3)
Irenäus schrieb in der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts gegen die damals auftretende Irrlehre der Gnosis. Er wollte durch die Liste der römischen Bischöfe darauf hinweisen, dass seine Kirche – im Gegensatz zu den Gnostikern – auf die Apostel zurückgeht.
In diesem berechtigten Anliegen setzte er sich aber über historische Fakten hinweg. Wie wir bereits weiter oben aufgezeigt haben, wurde die Gemeinde in Rom nicht von Petrus und Paulus gegründet. Möglicherweise hat Irenäus diese “Gründung” in einem sehr allgemeinen Sinn verstanden, nämlich dass Petrus und Paulus in der dortigen Gemeinde waren und dort auch ihr Leben beendet haben.
5.2.3.2 Tertullian (nach 150 – nach 220)
Wenn dagegen einige Häresien die Kühnheit haben, sich in das apostolische Zeitalter einzudrängen und deswegen von den Aposteln überliefert erscheinen wollen, weil sie zur Zeit der Apostel existierten, so können wir erwidern: Gebt also die Ursprünge eurer Kirchen an, entrollt eine Reihenfolge eurer Bischöfe, die sich von Anfang an durch Abfolge so fortsetzt, dass der erste Bischof einen aus den Aposteln oder den apostolischen Männern, jedoch einen solchen, der bei den Aposteln ausharrte, zum Gewährsmann und Vorgänger hat. Denn das ist die Weise, wie die apostolischen Kirchen ihren Ursprung nachweisen; wie z. B. die Kirche von Smyrna berichtet, dass ihr Polykarp von Johannes aufgestellt, die römische ebenso, dass ihr Klemens von Petrus ordiniert worden sei. (Tertullian, Die Prozesseinreden gegen die Häretiker – De praescriptione haereticorum 32)
Tertullian, ein Kirchenschriftsteller, der um 200 schrieb, hatte mit diesem Werk dasselbe Ziel wie Irenäus. Im Gegensatz zu diesem behauptete er jedoch, dass Klemens direkt von Petrus eingesetzt worden sei. Irenäus nennt Klemens nur als dritten nach Petrus.
5.2.3.3 Epiphanius von Salamis (gestorben 403)
Petrus setzte Klemens ein, der um des Friedens willen, seinen Platz Linus überließ. (Epiphanius, Haereses 27,6)
Hier gewinnen wir den Eindruck, dass sich Epiphanius der unterschiedlichen Angaben von Irenäus und Tertullian bewusst war und einen Lösungsansatz dazu bieten wollte.
5.2.3.4 Hieronymus (347 – 420)
Klemens […] war der vierte Bischof nach Petrus, der zweite war Linus, der dritte Anakletus, obwohl die Mehrheit der „Lateiner“ Klemens als den zweiten nach dem Apostel Petrus betrachten. (Hieronymus, De viris illustribus, 15)
Auch Hieronymus wusste im 4. / 5. Jahrhundert um die unterschiedlichen Überlieferungen.
5.2.3.5 Augustinus (354 – 430)
Dem Petrus folgte nämlich Linus, dem Linus Klemens, dem Klemens Anakletus, dem Anakletus Evaristus, dem Evaristus Alexander, dem Alexander Sixtus, dem Sixtus Telesphorus, dem Telesphorus Hyginus, dem Hyginus Anicetus, dem Anicetus Pius, dem Pius Soter, dem Soter Eleutherius, dem Eleutherius Viktor, dem Viktor Zephyrinus, dem Zephyrinus Kallistus, dem Kallistus Urbanus, dem Urbanus Pontianus, dem Pontianus Antherus, dem Antherus Fabianus, dem Fabianus Kornelius, dem Kornelius Lucius, dem Lucius Stephanus, dem Stephanus Sixtus, dem Sixtus Dionysius, dem Dionysius Felix, dem Felix Eutychianus, dem Eutychianus Kajus, dem Kajus Marcellinus, dem Marcellinus Marcellus, dem Marcellus Eusebius, dem Eusebius Melchiades, dem Melchiades Silvester, dem Silvester Markus, dem Markus Julius, dem Julius Liberius, dem Liberius Damasus, dem Damasus Siricius, dem Siricius Anastasius. (Augustinus, Briefe, Nr. 53 An Generosus, 2)
Die Bischofsliste des Augustinus reicht bis in seine Zeit. Was die ersten Bischöfe betrifft, so hat er auch nicht genau dieselbe Liste wie die anderen.
5.2.3.6 Zusammenfassung
Irenäus |
Tertullian |
Epiphanius |
Hieronymus |
Augustinus |
|
---|---|---|---|---|---|
Petrus + Paulus | Petrus | Petrus | Petrus | Petrus | |
1. Linus | 1. Klemens | 1. Klemens | 1. Linus | 1. Klemens | 1. Linus |
2. Anakletus | 1a. Linus | 2. Anakletus | 2. Klemens | ||
3. Klemens | 3. Klemens | 3. Anakletus | |||
4. Evaristus | 4. Evaristus | ||||
5. Alexander | 5. Alexander | ||||
6. Sixtus | 6. Sixtus | ||||
7. Telesphorus | 7. Telesphorus | ||||
8. Hyginus | 8. Hyginus | ||||
9. Pius | 9. Anicetus | ||||
10. Anicetus | 10. Pius | ||||
11. Soter | 11. Soter | ||||
12. Eleutherius | 12. Eleutherius |
Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Traditionen betreffen vor allem die unmittelbare Nachfolge des Petrus. War nun Linus der erste Bischof von Rom nach Petrus oder war es Klemens? War Anakletus vor oder nach Klemens?
Wenn wir das Zeugnis der unter 5.2.2 aufgelisteten Dokumente berücksichtigen, lautet die Antwort, dass es nach dem Tod von Petrus überhaupt keinen monarchisches Bischof von Rom gab. Es gab damals mehrere Älteste, von denen wir manche, wie Klemens, Linus, Anakletus, namentlich kennen. Diese trugen gemeinsam mit anderen Ältesten die Hauptverantwortung für die Gemeinde in Rom. Als dann im Laufe des zweiten Jahrhunderts das monarchische Bischofsamt auch in Rom eingeführt wurde, hat man versucht, die Namen dieser Ältesten, die zugleich gewirkt haben, in eine zeitliche Reihenfolge zu pressen, sodass man nunmehr dachte, dass sie aufeinanderfolgten. Es gab dabei offensichtlich Meinungsunterschiede, wer nun der erste Bischof von Rom gewesen sei. Hätte es tatsächlich unmittelbar nach dem Tod des Petrus einen Bischof von Rom gegeben, dann würden die Quellen übereinstimmen.
6 Über die Titel des Papstes
6.1 Papst – Heiliger Vater
Das deutsche Wort „Papst“ leitet sich vom lateinischen papa bzw. griechischen páppas mit der Bedeutung „Vater“ ab. „Heiliger Vater“ ist die übliche Anrede an den Papst.
Dieser Titel bzw. diese Anrede steht in offenem Gegensatz zu den Worten Jesu:
Auch sollt ihr niemand auf Erden euren Vater nennen; denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel. (Matthäus 23,9)
In der Bibel wird nur Gott als „Heiliger Vater“ angesprochen. Jesus betet in Johannes 17,11b:
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir.
Die Worte Jesu in Matthäus 23,9 wenden sich natürlich nicht dagegen, dass jemand seinen biologischen Vater auch Vater nennt. Jesus sprach gegen religiöse Titel.
Man könnte einwenden, dass auch Paulus manchmal über sich selbst als Vater sprach:
Hättet ihr nämlich auch ungezählte Erzieher in Christus, so doch nicht viele Väter. Denn in Christus Jesus bin ich durch das Evangelium euer Vater geworden. (1 Korinther 4,15)
Ihr wisst auch, dass wir, wie ein Vater seine Kinder, jeden Einzelnen von euch ermahnt, ermutigt und beschworen haben zu leben, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und zu seiner Herrlichkeit beruft. (1 Thessalonicher 2,11–12)
Ich bitte dich für mein Kind Onesimus, dem ich im Gefängnis zum Vater geworden bin. (Philemon 10)
Weiters:
[…] an Timotheus, seinen echten Sohn durch den Glauben. […] (1 Timotheus 1,2)64
[…] bei euch, meinen Kindern, für die ich von neuem Geburtswehen erleide, bis Christus in euch Gestalt annimmt. (Galater 4,19)
In all diesen Stellen geht es nicht um biologische Vaterschaft. Aber es geht auch nicht um einen Titel. Paulus hat von den Korinthern nicht erwartet, dass sie ihn als „Vater Paulus“ ansprechen. Er hätte es auch nicht akzeptiert. Aber die Korinther haben ihr geistliches Leben durch Paulus erhalten. So wurde er ihr Vater. Das trifft auch für die Gemeinde in Thessalonich, für Timotheus, Titus und Onesimus zu.
Wenn Paulus in Galater 4,19 über seine Geburtswehen für die Galater spricht, dann passt das Bild zu einer mütterlichen Beziehung, ebenso wie 1 Thessalonicher 2,7–8, wo Paulus sich mit einer Mutter (oder Amme) vergleicht.
Paulus führte nicht den Titel „Vater“, aber er hatte die Funktion eines Vaters für die, die durch ihn ihr ewiges Leben in Jesus Christus gefunden haben.
6.2 Stellvertreter Jesu Christi – Vicarius Jesu Christi
Jesus sagte:
Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. (Matthäus 18,20)
[…] Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Matthäus 28,20)
Einen Stellvertreter braucht man dann, wenn die zu vertretende Person nicht anwesend ist. Jesus ist unter seinen Jüngern gegenwärtig. Er braucht keinen Stellvertreter.
Doch wie sollen wir in diesem Zusammenhang folgende Worte von Paulus verstehen?
Wir sind also Gesandte an Christi statt, und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! (2 Korinther 5,20)
Hier verwendet Paulus zweimal den Ausdruck „an Christi statt“. Aber er spricht hier nicht über Petrus als den „Stellvertreter Christi“. Mit dem „Wir“ meint er sicher einmal sich selbst, dann auch alle Apostel, im weiteren Sinn aber alle Christen, durch die Gott andere ermahnt und zur Versöhnung aufruft. Diese Worte zeigen uns, welch große Verantwortung mit der Ermahnung unter Christen verbunden ist. Jeder Christ, der andere ermahnt oder zur Versöhnung aufruft, soll sich dessen bewusst sein, dass hier Christus durch ihn handeln will. Dieser Vers spricht also nicht über das „Amt“ eines Stellvertreters Jesu, sondern darüber, dass Gott in jedem Bruder und jeder Schwester handeln will. Paulus hat das in vorbildlicher Weise an den Korinthern getan, und nicht nur an ihnen. Der Aufruf zur Versöhnung mit Gott ist der Aufruf an alle Menschen, die Gott noch nicht kennen. Wenn Christen anderen das Evangelium verkünden, dann will Gott durch sie sprechen.
6.3 Pontifex Maximus
Im Zusammenhang mit dem Anspruch des Papsttums sei auch auf den Titel „Pontifex Maximus“ erwähnt.
Ursprünglich war der Pontifex Maximus (lateinisch für „Größter Brückenbauer“65 ) der Ranghöchste im heidnischen Priesterkollegium der Pontifices im Römischen Reich, und somit auch der höchste römische Priester. Seit Augustus trugen alle römischen Kaiser den Titel „Pontifex Maximus“. Als sich die Kaiser dem Christentum zuwandten, verlor dieser heidnische Titel bei ihnen an Bedeutung. Seit Kaiser Gratian (Kaiser 375–383) wurde er nicht mehr geführt.66
Im Zusammenhang mit dem Christentum wird dieser Titel das erste Mal von Tertullian (gestorben um 220) genannt, der entweder den römischen Bischof Calixt I. oder Bischof Agrippinus von Carthago voller Ironie „Pontifex Maximus“ nannte:
Der oberste Pontifex, das ist der Bischof der Bischöfe erklärt: „Ich vergebe auch die Sünden des Ehebruchs und der Hurerei denen, die Buße getan haben“.67
Was bei Tertullian noch Ironie war und nur negativ verstanden werden konnte, wurde später zu einem Ehrentitel der Päpste.
Kaiser Theodosius nannte im Jahre 380, als er den katholischen Glauben zur Staatsreligion erklärte, Damasus I. „Pontifex“ (aber nicht „Pontifex Maximus“).
Leo I. (Römischer Bischof 440–461) hat dann als erster „Papst“ den Titel „Pontifex Maximus“ getragen. Seit Gregor I. (Papst 590–604) ist dieser Titel fest mit dem Papsttum verbunden.
Wenn die römischen Bischöfe einen Titel übernahmen, den die „christlichen“ Kaiser als heidnisch abgelehnt haben, zeigt das, als wessen Nachfolger sich die Päpste wirklich verstanden: als Nachfolger der heidnischen Oberpriester Roms.
Für Christen gibt es nur einen „größten Brückenbauer“, der die Brücke zwischen Gott und den Menschen ein für alle Mal geschlagen hat: Jesus Christus.
Denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus. (1 Timotheus 2,5)
6.4 Servus Servorum Dei (Diener der Diener Gottes)
Dieser von Gregor I. (Papst 590–604) eingeführte Titel scheint auf den ersten Blick eine tiefe Demut auszudrücken. Doch wer wirklich ein Diener Gottes und seiner Diener ist, drückt das nicht in einem Titel aus, den er dann noch für sein spezielles Amt reservieren lässt, sondern führt ein Leben in Einfachheit, Bescheidenheit und Demut.
7 Zur Unfehlbarkeit des Papstes
Nach katholischer Lehre ist der Papst in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre unfehlbar, wenn er „ex cathedra“ spricht.68 Es ist gewiss Gottes Wille, dass seine Kirche Klarheit und Gewissheit in solchen Fragen hat. Darum hat Gott auch sein Wort geoffenbart, in dem er seinen Willen klar kundgetan hat. Uns ist bewusst, dass es in der Bibel auch unklare Stellen gibt, und dass manche Fragen in der Bibel nicht direkt angesprochen werden. Deswegen braucht die Kirche die beständige Führung des Heiligen Geistes. Die Kirche kann als Kirche nur in Abhängigkeit von Gott leben.
Petrus sagte vor dem Hohen Rat:
Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen. (Apostelgeschichte 5,32)
Nur jemand, der Gott gehorcht, hat den Heiligen Geist. Wie kann nun jemand, der sich mit „Heiliger Vater“ anreden lässt, und so, wie oben gezeigt, in ganz klarem Widerspruch zu den Worten Jesu steht, beanspruchen, unfehlbar zu sein, wenn er nach den Worten Petri, dessen Nachfolger der Papst sein will, nicht einmal den Heiligen Geist hat. Nicht die Unfehlbarkeit ist institutionell im Papsttum, sondern der Ungehorsam!
Gott führt seine Kirche, die nicht mit der römisch-katholischen identisch ist, sondern aus denen besteht, die Gott gehorchen, die sich klar von Sünde distanzieren, die der von Gott geforderten Heiligkeit nachstreben.69 Er führt sie nicht durch die Autorität eines bloßen Menschen. Jesus Christus hat seinen Jüngern seine Gegenwart versprochen70 und den Heiligen Geist verheißen. So führt Gott jene, die ihm gehorchen, durch ihr gemeinsames Nachdenken über sein Wort, durch die Bereitschaft, auch Sünden, Fehler und Irrwege zuzugeben und von diesen klar umzukehren.
8 Aus der Geschichte der Päpste
Wir wollen im Folgenden an den Beispielen einiger Päpste zeigen, wie sehr manche Bischöfe von Rom in Lehre und/oder Leben nicht Jesus Christus nachgefolgt sind und daher auch nicht Nachfolger Petri sein können. In diesem Zusammenhang sei auf eine Situation im Leben Jesu hingewiesen, in der die Gegner Jesu sich darauf berufen haben, Söhne Abrahams zu sein. Die Antwort Jesu war:
Wenn ihr Kinder Abrahams wärt, würdet ihr so handeln wie Abraham. (Johannes 8,39)
Wenn die Päpste Nachfolger Petri wären, würden sie wie Petrus handeln.
Es geht uns hier nicht um eine vollständige Papstgeschichte, auch nicht um Biografien der Päpste, aber um einzelne klare Punkte, die zeigen, wie manche dieser Menschen zu beurteilen sind. Gewiss haben Päpste auch Gutes gesagt und getan. Aber die folgenden von uns aufgelisteten Worte und Taten wären in einer christlichen Gemeinde des 1. Jahrhunderts auch von einem einfachen Christen niemals geduldet worden. Wie könnten solche Männer dann Führer der Christenheit sein, unfehlbare Lehrer, Stellvertreter Jesu Christi auf Erden?
Bei von der römisch-katholischen Kirche als Heilige verehrten Päpsten haben wir vor dem Namen ein (Hl.) eingefügt.
8.1 Aus dem Altertum und dem Mittelalter
(Hl.) Viktor I (Bischof von Rom 189–199)
Der Katholik Norbert Brox schrieb über ihn:
[…] Der erste Fall war die Prätention Viktors I. (189–198), der im damaligen Streit um einen einheitlich gesamtkirchlichen Ostertermin die Kirchen Kleinasiens und andere exkommunizierte, als sie sich seinen Vereinheitlichungsvorstellungen nicht fügten (Euseb, Kirchengesch. V,23–24). „Nicht allen Bischöfen gefiel dieses Vorgehen Viktors“, schrieb aber Euseb dazu, der auch seine eigene Abneigung gegen solche autoritäre Ambition des römischen Bischofs noch 100 Jahre später zu erkennen gibt und vor allem vom Widerstand auch nicht betroffener Bischöfe berichtete (V,24,9–17). Es wurde wie eine Störung des friedlichen Gefüges der Gemeinschaft der Bischofskirchen empfunden, dass ein einzelner Bischof den anderen seine Vorschriften machte und Willfährigkeit verlangte. […] Wir wissen […], dass sein Anspruch bei aller Sympathie für die Kirche Roms (wie z. B. Irenäus) vom Gesamtepiskopat nicht akzeptiert wurde. Es wurde eigens notiert, dass dies ein neuartiges Verhalten im befremdlichen Sinn war (V,24,15–17; Irenäus-Fragment).71
(Hl.) Calixt I (Bischof von Rom 217–222)
Sein Gegner, Hippolyt (ebenfalls als „Heiliger“ verehrt), schrieb über ihn:
[…] Er war eben ein Schwindler und ein Ränkeschmied und mit der Zeit zog er viele mit sich. Er trug sein Gift tief im Herzen und hatte lauter falsche Ansichten; zugleich scheute er sich, die Wahrheit zu sagen; […]
Er war der Ansicht, dass ein Bischof nicht abgesetzt werden müsse, wenn er sündige und sei es auch zum Tod. Von dieser Zeit an begann man zwei- und dreimal verheiratete Bischöfe, Priester und Diakonen zu den Weihen zuzulassen, […] Ja auch die Parabel vom Unkraut72, sagt er, beziehe sich hierauf: „Lasst das Unkraut wachsen mit dem Weizen“, das ist die Sünder in der Kirche. Ja er sagte, auch die Arche Noah sei ein Gleichnis für die Kirche, in der sich Hunde und Wölfe und Raben, alles Reine und Unreine fand, und so soll es in der Kirche sein; was er noch in diesem Betreff herbeibringen konnte, hat er so ausgelegt, und seine Hörer, denen diese Ansichten gefallen, fahren fort, sich selbst und viele (andere) zum Besten zu haben, die scharenweise zu dieser Schule strömen. Gerade wegen der Lüste, die Christus nicht erlaubt hat, nahmen sie immer zu, auf ihren Massenanhang stolz. Christum verachten sie und hindern keine Sünde, indem sie aufstellen, er verzeihe denen, die guten Willens sind. Auch hat er Frauen vornehmen Standes, die unverheiratet in noch jugendlichem Alter heiratsüchtig waren, ihren Rang durch eine gesetzmäßige Ehe aber nicht einbüßen wollten, erlaubt, einen Beischläfer nach ihrer Wahl zu haben, sei es einen Sklaven, sei es einen Freien, und diesen, auch ohne rechtmäßige Ehe, für ihren Mann anzusehen. Und so begannen sogenannte Christinnen, empfängnisverhütende Mittel zu gebrauchen und sich zu schnüren, um die Leibesfrucht abzutreiben, weil sie wegen ihrer hohen Geburt und ihres Riesenvermögens kein Kind von einem Sklaven oder einem gewöhnlichen Mann haben wollten. Seht, wie weit der Ruchlose in seiner Gottlosigkeit gekommen ist! Er lehrt Ehebruch und Mord zugleich. Und auf all das hin gehen diese Ausgeschämten daran, sich „katholische Kirche“ zu nennen und manche laufen ihnen zu, in der Meinung, recht zu handeln. Um diese Zeit wagten sie zuerst, eine zweite Taufe zu spenden. Das hat der höchst merkwürdige Kallistus73 getan, dessen Schule weiter besteht und ihr Herkommen und ihre Überlieferung hütet; ohne Urteil darüber, mit wem man Gemeinschaft haben kann, bietet sie allen ohne Prüfung Mitgliedschaft an; von Kallistus haben sie auch ihren Beinamen erhalten und heißen nach ihrem Gründer Kallistianer. (Hippolytus von Rom, Widerlegung aller Häresien, Buch IX, Kapitel 12)74
Manches in diesem Text erinnert an die heutige „katholische Kirche“.
(Hl.) Damasus I (Bischof von Rom 366–384)
Der Historiker Bernhard Schimmelpfennig schreibt über die Zustände anlässlich der Wahl von Damasus zum Bischof von Rom im Jahre 366:
Der siegreiche Kandidat Damasus hatte auf seiner Seite eine seltsame Mischung aus durchschnittlichen Gemeindegliedern, aus Künstlern oder Totengräbern […] und aus Gladiatoren. Die Durchschlagskraft dieser Gruppierung hatte den ihr eigenen Effekt, denn über hundert Anhänger des Gegenkandidaten Ursinus mussten für ihren Einsatz mit den Leben büßen: Sie wurden von den Damasianern in einer von Liberius auf dem Esquilin erbauten Basilika verbrannt.75
(Hl.) Leo I. (Papst 440–461)
Er war der erste, der den Titel „Pontifex Maximus“, den die römischen Kaiser ablehnten, trug, wenngleich er auch Christus den wahren obersten Pontifex nannte.
(Hl.) Gregor I. (Papst 590–604)
Im Jahr 599 gab er die Anweisung, die Heiden Sardiniens zur Annahme des Christentums zu zwingen:
Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt. Sind sie unfrei, so züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen. Sind sie aber freie Menschen, so sollen sie durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden. (Gregor, Epist. 9,204)76
Honorius I. (Papst 625–638)
Honorius ist der einzige von einem Konzil, dem dritten Konzil von Konstantinopel (680–681), und einem seiner Nachfolger (Leo II. 682–683) als Häretiker verurteilte Papst. Im „Monotheletismusstreit“ unterstütze er den Standpunkt, dass Jesus Christus nur „eine Willenskraft“ hatte. Dadurch stellte er die wahre Menschheit Jesu infrage.
Sein Fall gewann auf dem 1. Vatikanischen Konzil wieder an Bedeutung. Wie kann ein als Häretiker verurteilter Papst unfehlbar sein? Das Konzil versuchte das Problem mit der Formel ex cathedra zu lösen, d. h., dass ein Papst nur dann unfehlbar ist, wenn er „in höchster Lehrgewalt“ spricht. Honorius habe seine Lehre nicht als Dogma verkündet. Aber seine Zeitgenossen haben seine Beteiligung an dieser Lehre für so stark gehalten, dass sie es wert fanden, ihn posthum77 als Irrlehrer zu verurteilen.
Stephan VI. (Papst 896–897)
Er ließ den verwesenden Leichnam seines Vorvorgängers Formosus (Papst 891–896) ausgraben, diesen in päpstliche Kleider kleiden und machte ihm einen Prozess wegen angeblicher Missbräuche („Leichensynode“). Formosus wurde nachträglich abgesetzt und alle seine Amtshandlungen und Weihen für ungültig erklärt. Anschließend wurde seine Leiche zuerst vergraben, dann aber nochmals exhumiert und in den Tiber geworfen. Der Kurzzeit-Nachfolger Stephans Romanus erklärte die Leichensynode für nichtig, der auf ihn folgende Papst Theodor II. (897 auch nur für 20 Tage Papst) rehabilitierte Formosus.
Wie ist das möglich, dass ein angeblicher Stellvertreter Jesu Christi seinen Vorgänger in demselben „unfehlbaren“ Amt so behandelt? Wer hat nun Jesus Christus vertreten? Wer von all diesen Päpsten war nun unfehlbar?
Johannes XII. (Papst 955–963)
Das Lexikon für Theologie und Kirche78 fasst seinen Lebenswandel mit den Worten
[…] leichtsinnig, ausschweifend, ein Freund der Jagd und des Krieges […]
zusammen.
Die „römische Opposition“ des Papstes beklagte sich „über das ungeistliche, sittenlose Leben ihres jungen Oberhirten, über dessen Weiberaffären und Trinkgelage, über sein gottloses Fluchen und über seine areligiösen Äußerungen.“79 Der katholische Kirchenhistoriker August Franzen nannte ihn den „schlimmsten Feind der Kirche“.80
Die katholische Enzyklopädie Kathpedia schreibt über ihn:
[…] Johannes führte ein ausschweifendes Leben und soll, zeitgenössischen Berichten zufolge, den Lateran in ein Bordell verwandelt haben. Unter ihm war die sogenannte Pornokratie am Höhepunkt angelangt. Dennoch war Johannes ein Mann, der die Autorität des Papsttums festigte, […]81
Ein Papst, der zugleich der „schlimmste Feind der Kirche“ war, andererseits aber „die Autorität des Papsttums festigte“. Worauf baut diese Autorität auf?
(Hl.) Gregor VII. (Papst 1073–1085)
In seinem 1075 abgefassten „Dictatus Papae“82 heißt es unter anderem:
8 Dass er allein die kaiserlichen Herrschaftszeichen verwenden kann.
9 Dass alle Fürsten nur des Papstes Füße küssen.
10 Dass in den Kirchen allein sein Name genannt wird.
11 Dass dieser Name einzigartig ist auf der Welt.
17 Dass kein Rechtssatz und kein Buch ohne seine Autorisierung für kanonisch gilt.
18 Dass sein Urteilsspruch von niemandem widerrufen werden darf und er selbst als einziger die Urteile aller widerrufen kann.
22 Dass die römische Kirche niemals in Irrtum verfallen ist und nach dem Zeugnis der Schrift niemals irren wird.
23 Dass der römische Bischof, falls er kanonisch eingesetzt ist, durch die Verdienste des heiligen Petrus unzweifelhaft heilig wird, […]
Der „Dictatus papae“ war kein kirchenrechtlich gültiges Dokument, zeigt aber viel darüber, wie dieser „Diener der Diener Gottes“ sein Amt als Papst verstanden hat.
(Seliger) Urban II. (Papst 1088–1099)
1095 rief er zum ersten Kreuzzug auf.
Lucius III. (Papst 1181–1185)
Er legte in der Dekretale „Ad abolendam“ (1184) die Grundlage für die Häretikerbekämpfung. Häretiker sollten nicht nur exkommuniziert werden, sondern auch dem „weltlichen Arm“ zur „geschuldeten Strafe“ übergeben werden.
Innozenz III. (Papst 1198–1216)
1199 schrieb er im Brief „Cum ex iniuncto“ gegen das Lesen der Bibel in der Muttersprache.
Der Jesuit Friedrich Kempf schreibt über seinen Kampf gegen die gnostischen Albigenser und die ein Leben in biblischer Armut und Einfachheit anstrebenden Waldenser:
Innozenz trat dieser Gefahr (der Häretiker) mit aller Energie entgegen. Bereits im März 1199 erließ er scharfe Strafmaßnahmen, sandte sodann Visitatoren in die Lombardei, Legaten und Prediger nach Südfrankreich, entfesselte dort 1209, da nichts gefruchtet hatte, den Albigenserkreuzzug, der unter der fanatischen Leitung des Abtlegaten Arnauld von Siteaux und des Heerführers Simon von Montfort einen schrecklichen Verlauf nehmen sollte, und verfestigte schließlich auf dem Vierten Laterankonzil die Abwehr durch ein umfassendes, gegen die Ketzer gerichtetes Dekret (c.3). Da wird sorgfältig unterschieden zwischen notorischen Ketzern, der Häresie Verdächtigen, Sympathisanten oder Helfern und für jede der drei Gruppen genau bestimmt, wie gegen sie vorzugehen sei. Des Weiteren werden die geistlichen und weltlichen Gewalten zur Ausrottung der Häresie verpflichtet. Säumige Bischöfe verlieren ihr Amt, säumige Fürsten verfallen dem Bann und, wenn sie innerhalb eines Jahres nicht Genugtuung leisten, der Infamie83. Der Papst kann dann ihre Vasallen vom Treueid lösen und ihr Land rechtgläubigen Herren zur Eroberung preisgeben.84
Innozenz hat somit ein ausgefeiltes Unterdrückungssystem aufgebaut und auch die Grundlagen der Inquisition gelegt.
In einem Brief an Ymbertus, den Bischof von Arles schrieb er im Zusammenhang mit der Freiwilligkeit der Taufe:
[…] Wer durch Schreckmittel und Strafen gewaltsam dazu gebracht wird, das Taufsakrament zu empfangen, um keinen Schaden zu leiden, der empfängt — wie übrigens auch einer, der heuchlerisch zur Taufe tritt — das Merkmal des Christentums eingeprägt, und er muss auch zur Beobachtung des christlichen Glaubens gehalten werden, da er ja unter diesen Bedingungen, wenn auch nicht bedingungslos, einverstanden war […] Wer aber niemals seine Zustimmung gibt, sondern ganz und gar widerspricht, der empfängt weder die Wirkung noch das Merkmal des Sakraments. Denn ausdrücklich widersprechen ist mehr als eine Zustimmung verweigern. […]85
Gregor IX. (Papst 1227–1241)
Gregor IX. entwickelte die Ketzergesetzgebung der Kurie weiter. […] und arbeitete sie Februar 1231 in die eigene Konstitution „Excommunicamus“ ein, sodass von nun an im kanonischen Recht „animadversio debita“86 gleichbedeutend wurde mit Todesstrafe durch den Scheiterhaufen. […] Öffentliche und private Glaubensgespräche unter Laien wurden verboten, […] Die Mauer (das heißt lebenslängliche Kerkerstrafe für reuige Ketzer), Verbot jeglicher Berufung an weitere Instanzen, Untersagung jedes gerichtlichen Beistandes für die Angeklagten und schließlich der gesellschaftliche Boykott gegenüber den Nachkommen der Verurteilten […] gehörten zu den wesentlichen Bestandteilen dieser Gesetzgebung.87
Innozenz IV. (Papst 1243–1254)
Er legte in der Dekretale „Ad extirpanda“ (1252) die Grundlage für die Anwendung der Folter in Inquisitionsprozessen.
Bonifaz VIII. (Papst 1294–1303)
Er ist der Autor der unter 1.1 zitierten Bulle „Unam Sanctam“.
Alexander VI. (Papst 1492–1503)
Wir wollen hier nicht auf den allgemein bekannten unmoralischen Lebensstil dieses Papstes eingehen, „denn man muss sich schämen, von dem, was sie heimlich tun auch nur zu reden“ (Epheser 5,12). Girolamo Savonarola88, der den unmoralischen Lebensstil des Papstes offen kritisierte, wurde von diesem als „Häretiker, Schismatiker und Verächter des Heiligen Stuhls“ exkommuniziert. Der Papst stand auch hinter seiner Verhaftung und Hinrichtung 1498.
8.2 Aus der Neuzeit
Leo X. (Papst 1513–1521)
Der katholische Kirchenhistoriker Erwin Iserloh schrieb über ihn:
[…] Neben seinen Vergnügungen, Jagden, Komödien, Banketten und dem Sammeln alter Handschriften war er voll damit beschäftigt, die bei seiner Verschwendungssucht erforderlichen Gelder zu beschaffen […]89
[…] Nach einem Bericht des venezianischen Gesandten in Rom soll Leo X. nach seiner Wahl seinem Bruder gegenüber gesagt haben: „Lasset uns das Papsttum genießen, da Gott es uns verliehen hat.“ Nichts charakterisiert die frivole Weltlichkeit und die leichtfertige Sorglosigkeit des Papstes aus dem Hause Medici mehr als dieses Wort.90
Während diese Charakterisierung „nur“ zeigt, wie weit dieser Mensch sich von den grundsätzlichen Maßstäben eines christlichen Lebens entfernt hat, zeigt die Tatsache, dass er in seiner gegen Luther gerichteten Bulle „Exsurge Domine“ folgenden Satz Luthers verurteilte, wie menschenfeindlich dieser Papst und die von ihm geführte Kirche war:
33. Dass Häretiker verbrannt werden, ist gegen den Willen des Geistes.91
Für Leo X. entsprach also das Verbrennen von Häretikern dem Willen des Heiligen Geistes!
Paul IV. (Papst 1555–1559)
Seine besondere Aufmerksamkeit widmete Paul IV. der Inquisition. Stand er als Kardinal seit 1542 an ihrer Spitze, dann war sie für ihn als Papst seine Lieblingsbehörde. […] Dem Charakter des Papstes entsprach es, dass die bisher verhältnismäßig maßvoll und milde angewandten Strafen in aller Strenge vollzogen wurden.92
In seiner Bulle „Cum nimis absurdum“ (1555) verpflichtete er die Juden Roms zum Leben im Ghetto.
(Hl.) Pius V. (Papst 1566–1572)
Vor seiner Wahl zum Papst war er als Großinquisitor verantwortlich für den Tod zahlreicher „Häretiker“. Als Papst erließ er zahlreiche repressive Maßnahmen gegen Juden.
Wie sein Vorbild Paul IV. nahm er mit Vorliebe persönlich an den Sitzungen der Inquisition teil, die mit furchtbarer Härte ihres Amtes zu walten hatte. In seinem Auftrag schritt diese Behörde überall mit äußerster Strenge ein, wo „die Pest der Irrlehre“ zu vermuten stand. So wurden alle protestantischen Regungen in Italien rücksichtslos und mit härtesten Gewaltmitteln verfolgt, mit Kerkerstrafen und Hinrichtungen.93
Gregor XIII. (Papst 1572–1585)
Er begrüßte ausdrücklich die Massaker der „Bartholomäusnacht“, bei denen in der Nacht vom 23. zum 24. August 1572 in Frankreich zwischen 5.000 und 15.000 Hugenotten (Protestanten) umgebracht wurden.94
Klemens XI. (Papst 1700–1721)
In der Konstitution „Unigenitus Dei Filius“ (1713) verurteilte er unter anderem folgende Sätze:95
74. Die Kirche bzw. der vollständige Christus hat das fleischgewordene Wort als Haupt, alle Heiligen aber als Glieder.
77. Wer kein Leben führt, das eines Sohnes Gottes und eines Gliedes Christi würdig ist, hört auf, innerlich Gott als Vater und Christus als Haupt zu haben.
79. Zu jeder Zeit, an jedem Ort und für jeden Personenkreis ist es nützlich und notwendig, den Geist, die Frömmigkeit und die Geheimnisse der Heiligen Schrift zu studieren und kennenzulernen.
80. Die Lektüre der Heiligen Schrift ist für alle.
81. Die heilige Dunkelheit des Wortes Gottes ist für Laien kein Grund, sich selbst von seiner Lektüre zu dispensieren.
82. Der Sonntag muss von Christen durch fromme Lesungen, und zwar vor allem der heiligen Schriften, geheiligt werden. Es ist schädlich, einen Christen von dieser Lektüre abhalten zu wollen.
84. Den Händen von Christen das Neue Testament zu entreißen, bzw. es ihnen verschlossen zu halten, indem man ihnen die Möglichkeit nimmt, es zu verstehen, heißt, ihnen den Mund Christi zu verstopfen.
85. Christen die Lektüre der Heiligen Schrift, vor allem des Evangeliums, zu untersagen, heißt, den Söhnen des Lichtes den Gebrauch des Lichtes zu untersagen und zu bewirken, dass sie eine Art Exkommunikation erleiden.
Pius VI. (Papst 1775–1799)
In seinem Breve „Quod aliquantum“ (1791) wandte er sich gegen die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte und die darin ausgedrückte Freiheit und Gleichheit aller.
Gregor XVI. (Papst 1831–1846)
In der Enzyklika „Mirari Vos“ (15.8.1832) verurteilte Gregor […] auch die Gewissensfreiheit. Er bezeichnete sie als „ganz verderblichen Irrtum“ und als Folge der sich ausbreitenden, für Kirche und Staat gleich gefährlichen Meinungsfreiheit. Die Annahme, dass aus dieser Freiheit ein Nutzen für die Religion entstehen könne, wurde ohne Begründung als „höchste Unverschämtheit“ zurückgewiesen. Ebenso verurteilte der Papst die Trennung von Kirche und Staat sowie die Freiheit der Bücherverbreitung […]96
Im Jahre 1844 schrieb er die Enzyklika „Inter Praecipuas“ gegen die Bibelgesellschaften, die sich bemühten den Menschen in verschiedensten Volkssprachen einen Zugang zur Heiligen Schrift anzubieten. Für den Papst war das ein Anschlag auf die katholische Wahrheit.97
(Seliger) Pius IX. (Papst 1846–1878)
Er war der letzte Papst, der zugleich Fürst des Kirchenstaates war.
1858 ließ Pius von der päpstlichen Polizei den sechsjährigen Juden Edgardo Mortara, der von einem katholischen Dienstmädchen heimlich getauft worden war, entführen. Durch die heimliche Taufe wurde nach katholischem Verständnis das jüdische Kind zu einem Christen. Und deswegen durfte nicht zugelassen werden, dass Juden einen Katholiken erziehen. Daher ließ der Papst durch die Polizei den Eltern ihr eigenes Kind wegnehmen.
Im „Syllabus errorum“98 verurteilte er unter anderem folgende Sätze:
24. Die Kirche hat nicht Macht, äußeren Zwang anzuwenden, noch irgend eine zeitliche direkte oder indirekte Gewalt.
77. In unserer Zeit ist es nicht mehr nützlich, dass die katholische Religion als einzige Staatsreligion unter Ausschluss aller anderen Kulte gehalten werde.
78. Es war daher gut getan, in gewissen katholischen Ländern den Einwanderern gesetzlich die freie Ausübung ihres Kultus zu garantieren.
Auf sein Betreiben hin wurde das Erste Vatikanische Konzil einberufen, das die Unfehlbarkeit des Papstes verkündete.
(Hl.) Johannes Paul II. (Papst 1978–2005)
Am 14. Mai 1999 küsste er den Koran, ein Buch, das ganz offensichtlich gegen das Christentum gerichtete Aussagen enthält.99 Gut zehn Monate später, am 21. März 2000 betete er am Jordan öffentlich: „Möge der Heilige Johannes der Täufer […] den Islam beschützen und das ganze Volk von Jordanien!“100
Er initiierte auch die „Weltgebetstreffen für den Frieden“, in denen er gemeinsam (erstmals 1986) mit den Vertretern anderer Religionen um den Frieden betete. Auch wenn diese Gebete nicht „gemeinsame“ Gebete in dem Sinn waren, dass die Vertreter der verschiedenen Religionen denselben Ritus vollzogen hätten, so wurden bei diesen Treffen doch die Grenzen zwischen den Religionen verwischt. Frieden ohne Wahrheit kann es nicht geben. Respekt vor der Überzeugung anderer heißt nicht, alles bei ihnen gutzuheißen.
Eine tatsächliche Teilnahme an einem heidnischen Kult gab es im August 1985 in Togo, als er an animistischen Ritualen teilnahm.
[…] die erste Geste, die Johannes Paul gleich nach seiner Ankunft in Togoville ausführte, war wirklich eine Huldigung an die Ahnen. Man brachte ihm einen getrockneten Kürbis, gefüllt mit Wasser und Maismehl. Der Papst nahm ihn in seine Hände, machte zuerst eine leichte Verneigung und vergoß dann das Wasser ringsherum. Dieselbe Geste hatte er auch schon am Morgen vor dem Zelebrieren der Messe ausgeführt […]101
Vielfach wird es positiv gesehen, dass Johannes Paul II. am 12. März 2000 für die Sünden von „Menschen der Kirche“ um Vergebung gebeten hat. Bei näherer Betrachtung ist aber leider festzustellen, dass diese „Bitten um Vergebung“ nicht so positiv zu sehen sind. Wir zitieren hier als Beispiel das „Bekenntnis der Schuld im Dienst der Wahrheit“:102
Kardinal Joseph Ratzinger103:
Lass jeden von uns zur Einsicht gelangen, dass auch Menschen der Kirche im Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz der Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium nicht entsprechen. Hilf uns, Jesus Christus nachzuahmen, der mild ist und von Herzen demütig.Papst Johannes Paul II.:
Herr, du bist der Gott aller Menschen. In manchen Zeiten der Geschichte haben die Christen Methoden der Intoleranz zugelassen. Indem sie dem großen Gebot der Liebe nicht folgen, haben sie das Antlitz der Kirche, deiner Braut, entstellt. Erbarme dich deiner sündigen Kinder und nimm unseren Vorsatz an, der Wahrheit in der Milde der Liebe zu dienen und sich dabei bewusst zu bleiben, dass sich die Wahrheit nur mit der Kraft der Wahrheit selbst durchsetzt. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
„Dass auch Menschen der Kirche im Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz der Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium nicht entsprechen“: Ist damit die Inquisition gemeint, die Jahrhunderte hindurch nicht „mitunter“, sondern ganz systematisch die Unterdrückung Andersdenkender betrieben hat? Es geht hier nicht um Fehltritte einzelner „Menschen der Kirche“, es war auch nicht so, dass „die Christen Methoden der Intoleranz zugelassen haben“, sondern die höchsten Spitzen der römisch-katholischen Organisation haben die blutige Verfolgung Andersdenkender aufgrund ihrer angeblich von Gott geschenkten Autorität angeordnet. Wer nicht „intolerant“ sein wollte, wurde selber als Ketzer betrachtet und war seines Lebens nicht mehr sicher.
Wäre es dem Papst wirklich ernst gewesen mit der Bitte um Vergebung, dann hätte er auch dafür sorgen müssen, dass als „Heilige“ verehrte Inquisitoren (wie etwa Papst Pius V. und der Judenhasser Johannes Capistranus) als das bezeichnet werden, was sie waren: mörderische Verbrecher, und hätte dafür gesorgt, dass diese nicht mehr als Heilige verehrt werden.104 Das ist aber nicht geschehen. Im Gegenteil: Am 3. September 2000, also ein knappes halbes Jahr nach der „Vergebungsbitte“ hat Johannes Paul II. den Kindesentführer Pius IX. seliggesprochen.
Es wäre auch zu erwarten, dass alle päpstlichen und sonstigen lehramtlichen Dokumente die zur Verfolgung und Unterdrückung Andersdenkender aufgerufen haben, namentlich genannt und offiziell widerrufen werden. Konzilsdokumente in dieser Richtung (wie etwa der Aufruf zur Ketzerverfolgung am 4. Laterankonzil) müssten durch ein Konzil als nichtig erklärt werden. Nichts davon ist geschehen.105
Franziskus (Papst seit 2013)
Am 9. Juni 2014 betete er gemeinsam mit einem jüdischen und einem muslimischen Politiker um Frieden. Er setzte damit die Linie seines Vorvorgängers fort.
Auch am 6. Juni 2015 stellte er den Gott der Muslime auf eine Stufe mit dem christlichen Gott, als er anlässlich eines Besuchs in Sarajevo folgendes Gebet formulierte:
[…] Wir, die Nachkommen Abrahams nach dem Glauben an dich, den einen Gott, Juden, Christen und Muslime, stehen in Demut vor dir […]106
Das Bemühen um ein friedliches Zusammenleben von Mitgliedern verschiedener Religionen ist auf jeden Fall begrüßenswert. Aber der Gott und Vater Jesu Christi kann nicht gleichgesetzt werden mit dem Gott, von dem der Koran sagt, dass er weder gezeugt hat, noch gezeugt worden ist. Friedliches, achtungsvolles Zusammenleben ist etwas anderes als Synkretismus!
–
Ein Wort aus dem Römerbrief, mit dem Paulus die heuchlerischen religiösen Führer seiner Zeit kritisierte, charakterisiert die Einstellung dieser (und auch anderer in dieser Liste nicht vorkommender) Päpste, und weist auch auf den geistlichen Schaden hin, den das Christentum durch diese unwürdigen Menschen erlitten hat.
Du nennst dich zwar Jude und verlässt dich auf das Gesetz, du rühmst dich deines Gottes, du kennst seinen Willen und du willst, aus dem Gesetz belehrt, beurteilen, worauf es ankommt; du traust dir zu, Führer zu sein für Blinde, Licht für die in der Finsternis, Erzieher der Unverständigen, Lehrer der Unmündigen, einer, für den im Gesetz Erkenntnis und Wahrheit feste Gestalt besitzen. Du belehrst andere Menschen, dich selbst aber belehrst du nicht. Du predigst: Du sollst nicht stehlen!, und stiehlst. Du sagst: Du sollst die Ehe nicht brechen!, und brichst die Ehe. Du verabscheust die Götzenbilder, begehst aber Tempelraub. Du rühmst dich des Gesetzes, entehrst aber Gott durch Übertreten des Gesetzes. Denn in der Schrift steht: Euretwegen wird unter den Heiden der Name Gottes gelästert. (Römer 2,17–24)
9 Folgen wir Jesus so wie Petrus es tat!
Nach all diesen Negativbeispielen von Inhabern des „Thrones Petri“ wollen wir einen zusammenfassenden Blick auf das Leben Petri werfen.
- Petrus nannte sich nicht „Heiliger Vater“, sondern er wies auf Gott als den Vater hin:
Und wenn ihr den als Vater anruft, der jeden ohne Ansehen der Person nach seinem Tun beurteilt, dann führt auch, solange ihr in der Fremde seid, ein Leben in Gottesfurcht. (1 Petrus 1,17)
- Petrus betrachtete sich nicht als „Stellvertreter“ Jesu Christi, auch nicht als „Fels“, sondern er wies die Gläubigen auf Jesus, den lebendigen Stein, hin, zu dem sie direkt kommen können:
Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist. (1 Petrus 2,4)
- Petrus nannte nicht sich selber, sondern Jesus den „Obersten Hirten“. Sich selbst sah er nur als einen „Mitältesten“:
Die Ältesten unter euch ermahne ich, als Mitältester und Zeuge der Leiden Christi, […] (1 Petrus 5,1 Jerusalemer Bibel 1968)
Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen. (1 Petrus 5,7) - Petrus lehnte die Huldigung durch einen Menschen ab:
Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ehrfürchtig vor ihm nieder. Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch. (Apostelgeschichte 10,25–26)
- Petrus führte ein heiliges Leben und forderte auch alle anderen Gläubigen dazu auf. Ein Leben in Unzucht und Ausschweifungen, wie es manche Päpste führten, war für ihn in der Gemeinde nicht akzeptabel:
Da Christus im Fleisch gelitten hat, wappnet auch ihr euch mit diesem Gedanken: Wer im Fleisch gelitten hat, für den hat die Sünde ein Ende. Darum richtet euch, solange ihr noch auf Erden lebt, nicht mehr nach den menschlichen Begierden, sondern nach dem Willen Gottes! Denn lange genug habt ihr in der vergangenen Zeit das heidnische Treiben mitgemacht und habt ein ausschweifendes Leben voller Begierden geführt, habt getrunken, geprasst, gezecht und unerlaubten Götzenkult getrieben. Jetzt erregt es ihren Unwillen und sie lästern, weil ihr euch nicht mehr in diesen Strudel der Leidenschaften hineinreißen lasst. Aber sie werden vor dem Rechenschaft ablegen müssen, der schon bereitsteht, um die Lebenden und die Toten zu richten. (1 Petrus 4,1–5)
- Petrus lebte einfach und bescheiden, er sammelte keine irdischen Reichtümer an. Einem gelähmten Bettler, den er im Namen Jesu Christi heilte, sagte er:
Silber und Gold besitze ich nicht. Doch was ich habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi, des Nazoräers, geh umher! (Apostelgeschichte 3,6)
- Petrus akzeptierte die politischen Machthaber seiner Zeit und stellte nie den Anspruch, Autorität über sie zu haben. Er forderte zum Gehorsam und zur Unterordnung ihnen gegenüber auf, natürlich nicht in absoluter Weise, da der Wille Gottes immer zuerst kommt:
Unterwerft euch um des Herrn willen jeder menschlichen Ordnung: dem Kaiser, weil er über allen steht, den Statthaltern, weil sie von ihm entsandt sind, um die zu bestrafen, die Böses tun, und die auszuzeichnen, die Gutes tun. Denn es ist der Wille Gottes, dass ihr durch eure guten Taten die Unwissenheit unverständiger Menschen zum Schweigen bringt. Handelt als Freie, aber nicht als solche, die die Freiheit als Deckmantel für das Böse nehmen, sondern wie Knechte Gottes. Erweist allen Menschen Ehre, liebt die Brüder, fürchtet Gott und ehrt den Kaiser! (1 Petrus 2,13–17)
- Petrus war fehlbar und akzeptierte die Korrektur durch andere Christen:
Als Kephas aber nach Antiochia gekommen war, bin ich ihm offen entgegengetreten, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte. Bevor nämlich Leute aus dem Kreis um Jakobus eintrafen, pflegte er zusammen mit den Heiden zu essen. Nach ihrer Ankunft aber zog er sich von den Heiden zurück und trennte sich von ihnen, weil er die Beschnittenen fürchtete. Ebenso unaufrichtig wie er verhielten sich die anderen Juden, sodass auch Barnabas durch ihre Heuchelei verführt wurde. Als ich aber sah, dass sie von der Wahrheit des Evangeliums abwichen, sagte ich zu Kephas in Gegenwart aller: Wenn du als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden lebst, wie kannst du dann die Heiden zwingen, wie Juden zu leben? (Galater 2,11–14)
- Petrus war sich der Einzigartigkeit des Weges Jesu bewusst und ging keine Kompromisse mit anderen Religionen ein:
Er (Jesus) ist der Stein, der von euch Bauleuten verworfen wurde, der aber zum Eckstein geworden ist. Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen. (Apostelgeschichte 4,11–12)
Wir sollen nicht denen folgen, die sich selber als Nachfolger Petri ausgeben, ohne es zu sein. Folgen wir Jesus so wie es Petrus tat und wie Jesus es auch seinen Jünger lehrte:
Deshalb umgürtet euch und macht euch bereit! Seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi geschenkt wird. Seid gehorsame Kinder und lasst euch nicht mehr von euren Begierden treiben wie früher, in der Zeit eurer Unwissenheit. Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden. Denn es heißt in der Schrift: Seid heilig, denn ich bin heilig. Und wenn ihr den als Vater anruft, der jeden ohne Ansehen der Person nach seinem Tun beurteilt, dann führt auch, solange ihr in der Fremde seid, ein Leben in Gottesfurcht. (1 Petrus 1,13–17)
—
Die Kirche ist erbauet auf Jesus Christ allein.
Wenn sie auf ihn nur schauet, wird sie in Frieden sein.
Herr, dich preisen wir, auf dich bauen wir.
Lass fest auf diesem Grund
Uns steh‘n zu aller Stund!107
- Heinrich Denzinger, Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, in deutscher Sprache herausgegeben von Peter Hünermann, 37. Auflage, Freiburg 1991, S. 385–387, Nummern: 872, 874, 875. ↩
- Josef Neuner – Heinrich Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung, 13. Auflage, Regensburg 1971, S. 289 merkt dazu an: Während der kirchenpolitische Inhalt der Bulle nur zeitgeschichtlichen Charakter hat, eignet dem Schlusssatz dogmatische Verpflichtung. ↩
- Neuner-Roos, Nr. 454, S. 302. ↩
- Zitiert nach: DOGMATISCHE KONSTITUTION LUMEN GENTIUM ÜBER DIE KIRCHE, abgerufen am 25.06.2015. ↩
- Anders als in anderen Texten auf dieser Website zitieren wir in dieser Abhandlung die Bibel nach der Einheitsübersetzung. ↩
- Mehr dazu unter Punkt 6.1. ↩
- Mitunter reagieren Katholiken auf Matthäus 23,9 mit dem Einwand: “Nennst du deinen Vater nicht Vater?” Jesus geht es hier nicht darum, dass man seinen biologischen Vater nicht mehr Vater nennen dürfe. Er spricht im Zusammenhang über religiöse Titel. Die katholische Praxis, Menschen als „Pater“, „Abt“ (= Vater) oder „Heiliger Vater“ anzureden, ist von den Worten Jesu direkt betroffen. Unter den Juden war es bei Weitem nicht so verbreitet, religiöse Führer als „Vater“ anzusprechen, wie es bei den Katholiken üblich ist. ↩
- Mehr zur Frage, wie Kirche / Gemeinde nach dem Willen Gottes aussieht, ist in unseren Abhandlungen: Die Kirche, Das Leben der ersten Christen und Dienste in der Gemeinde zu finden. ↩
- Vermutlich führte Petrus ursprünglich zwei ähnlich klingende Namen, den hebräischen Namen Simeon (Apostelgeschichte 15,14 und 2 Petrus 1,1) und den griechischen Namen Simon. ↩
- Johannes 1,44. ↩
- Vergleiche Matthäus 8,5.14–15. ↩
- Das aramäische Wort bedeutet „Gesalbter“(griechisch: Christos). So nannten die Juden den von Gott verheißenen Erlöser, den sie meist als politischen Befreier von der Herrschaft der Römer verstanden. ↩
- Gräzisiert: Kephas; griechisch: Petros; lateinisch: Petrus; deutsch: Stein. Mehr zur Wortbedeutung unter Punkt 4.1.1. ↩
- Johannes 1,35–42. ↩
- Lukas 5,1–11. ↩
- Markus 3,14. ↩
- Matthäus 10,2–4; Markus 3,16–19; Lukas 6,14–16; Apostelgeschichte 1,13. ↩
- Matthäus 17,1–9. ↩
- 2 Petrus 1,16–18. ↩
- Johannes 18,10–11; Lukas 22,50–51. ↩
- Lukas 22,54–62. ↩
- Lukas 24,34; 1 Korinther 15,4–5. ↩
- Apostelgeschichte 2,14–40. ↩
- Apostelgeschichte 2,41–47. ↩
- Vergleiche Apostelgeschichte 3,1–11; 4,13–19; 8,14–17. ↩
- Apostelgeschichte 4,18–19; 12,1–18. ↩
- Apostelgeschichte 8,4–17. Zum Thema Geistestaufe siehe: http://www.leben-als-christen.at/geistestaufe/#von-charismatikern-falsch-erkl%C3%A4rte-stellen Abschnitt über Apostelgeschichte 8,5–24. ↩
- Apostelgeschichte 10,1–11,18. ↩
- Apostelgeschichte 15,1–29; Galater 2,1–10. ↩
- Vergleiche Galater 2,11–14. ↩
- 1 Petrus 1,1. ↩
- 1 Klemens 5,3–4: Stellen wir uns die guten Apostel vor Augen: einen Petrus, der wegen ungerechter Eifersucht nicht ein oder zwei, sondern vielerlei Mühseligkeiten erduldet hat und, nachdem er so sein Zeugnis (für Christus) abgelegt hatte, angelangt ist an dem ihn gebührenden Orte der Herrlichkeit. — Im Zusammenhang geht es um die Opfer der neronischen Verfolgung (Kapitel 6). ↩
- Johannes 1,41. ↩
- Wenn Jesus Petrus Satan nennt, so heißt das nicht, dass Petrus der Teufel war oder von diesem besessen war. Wir haben das Wort Satan in seiner ursprünglichen hebräischen Bedeutung als „Widersacher“ zu verstehen. Dadurch, dass Petrus gegen das Leiden und Sterben Jesu sprach, wurde er zu dessen Widersacher. ↩
- Vergleiche Johannes 1,42. ↩
- Rudolf Pesch, Simon-Petrus, 1980, Seite 29, griechische, hebräische und aramäische Wörter transkribiert. ↩
- Pesch zitierte hier: P. Lampe, Das Spiel mit dem Petrusnamen, MATT XVI. 18, in: NTS 25 (1978/79), 238. ↩
- Wieder ein Zitat von Lampe, S. 240. ↩
- Des neuen Jerusalems. ↩
- Ulrich Luz, Das Evangelium nach Matthäus, 2. Teilband Mt 8–17, 4. Auflage 2007, S. 476–479 ↩
- Vergleiche dazu: Augustinus, Vorträge über das Johannes-Evangelium, (Tractatus in Ioannis Euangelium) 124,5. ↩
- Dieser Ausdruck bezeichnet die höchste Rechtsgewalt in der Kirche. ↩
- Apostelgeschichte 15,1–21. ↩
- Wir haben unter 5.1.1 aufgezeigt, dass auch in diesen Situationen die Stellung Petri keine absolute war. Das bedeutet aber nicht, dass das Wort von den Schlüsseln nicht in diesen Situationen ihre Erfüllung gefunden hätte. ↩
- Apostelgeschichte 1,15–26. ↩
- Apostelgeschichte 6,1–6. ↩
- Apostelgeschichte 8,4–5. ↩
- Apostelgeschichte 10,1,-11,18. ↩
- Apostelgeschichte 15,1–21. ↩
- In der Bibel wird das nicht ausdrücklich erwähnt. Aber Petrus selber ermahnte in 1 Petrus 3,8–11 seine Leser dazu, eines Sinnes zu sein und dem Frieden nachzujagen. Petrus hat mit diesen Worten nicht nur andere belehrt, sondern selber nach diesem Grundsatz gelebt. ↩
- Vergleiche Apostelgeschichte 2,10. ↩
- Apostelgeschichte 12,1–19. ↩
- Apostelgeschichte 12,17. ↩
- Apostelgeschichte 28,14–31. ↩
- Apostelgeschichte 12,1–2. ↩
- Wir halten an der Echtheit des 2. Petrusbriefes fest. Falls dieser Brief, wie vielfach behauptet wird, nicht von Petrus stammen sollte, würde unsere Argumentation in diesem Fall sogar noch verstärkt, da der Text voraussetzen würde, dass es auch Jahre bzw. Jahrzehnte nach dem Tod von Petrus keinen Nachfolger von Petrus gab. Hätte zur Zeit der Niederschrift des 2. Petrusbriefes schon die Institution des Papsttums gegeben, in der ganz klar war, wer der Nachfolger von Petrus ist, hätte der Fälscher dieses Briefes darauf hingewiesen, dass sich die Gläubigen nach dem Tod des Petrus an den jeweiligen Bischof von Rom wenden können. ↩
- Siehe dazu: Leben-als-Christen: Dienste in der Gemeinde. ↩
- Wie auch im Neuen Testament: Apostelgeschichte 17,28; Titus 1,3–5. ↩
- Die Datierungsvorschläge schwanken zwischen „vor 85“ und 140–155. ↩
- Heute Antakya in der Türkei. ↩
- Diese Erklärung geht von der Echtheit der Ignatiusbriefe aus. Manche gehen davon aus, dass diese Briefe das Werk eines Fälschers seien. Dadurch würde sich die Einführung des monarchischen Bischofsamtes noch um einige Jahrzehnte verschieben. ↩
- Manche datieren dieses Schreiben früher als Brox (siehe Punkt 5.2.2.2), was an der grundsätzlichen Argumentation nichts ändert. Nur die von ihm genannten Jahreszahlen sind möglicherweise etwas früher anzusetzen. ↩
- Norbert Brox, Das Papsttum in den ersten drei Jahrhunderten; in: Das Papsttum I. Von den Anfängen bis zu den Päpsten in Avignon; Hsg. M. Greschat, Stuttgart 1984, S. 29 ↩
- Ebenso 2 Timotheus 1,2; Titus 1,4. ↩
- Das ist die weitverbreitete volksetymologische Deutung. Die genaue Etymologie ist umstritten. Mehr zur Etymologie: Wikipedia: Pontifex, abgerufen am 25.06.2015. ↩
- Eine Ausnahme stellte Kaiser Anastasius dar, der sich im Jahre 516 in einem Schreiben an den römischen Bischof Pontifex nannte. ↩
- Tertullian, Über die Ehrbarkeit — De Pudicitia 1. ↩
- Siehe die unter Punkt 1 dieser Abhandlung zitierten Dokumente „Pastor Aeternus und Lumen Gentium. ↩
- Strebt voll Eifer nach Frieden mit allen und nach der Heiligung, ohne die keiner den Herrn sehen wird! (Hebräer 12,14) ↩
- Matthäus 18,20; 28,20. ↩
- Norbert Brox, Das Papsttum in den ersten drei Jahrhunderten, S. 33 ↩
- Matthäus 13,24–30.47–50; siehe dazu auch Die Kirche als sichtbare Gemeinschaft. ↩
- Variante des Namens Calixt. ↩
- Zitiert nach Hippolytus von Rom († um 235) — Widerlegung aller Häresien (Refutatio omnium haeresium). ↩
- Bernhard Schimmelpfennig, Das Papsttum, 4. Auflage, Darmstadt 1996, S. 23. ↩
- Zitiert nach: Wikipedia: Gregor der Große. ↩
- Nach seinem Tode. ↩
- Lexikon für Theologie und Kirche, fünfter Band, 1933, Spalte 470 ↩
- Harald Zimmermann, Die Päpste des „dunklen Jahrhunderts“: Das Papsttum I, herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 1984, S. 133 ↩
- August Franzen, Kleine Kirchengeschichte, Freiburg 1988, S. 166. ↩
- Kathpedia: Johannes XII., abgerufen am 25.06.2015. ↩
- Zitiert nach Kathpedia: Dictatus papae, abgerufen am 25.06.2015. ↩
- D. h. Verlust des Rechtsschutzes und der Rechtsfähigkeit. ↩
- Friedrich Kempf SJ, Innozenz III.: Das Papsttum I, herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 1984, S. 202 ↩
- Neuner-Roos, Nr. 526. ↩
- D. h. die „geschuldete Strafe“, mit der der „weltliche Arm“ die Häretiker bestrafen sollte. ↩
- Hans Wolter SJ, Der Kampf der Kurie um die Führung im Abendland: Handbuch der Kirchengeschichte, Herausgegeben von Hubert Jedin, III/2, Freiburg 1968, S. 271. ↩
- Johannes Paul II. setzte im Jahre 1998 ein Seligsprechungsverfahren für Savonarola in Gang. ↩
- Erwin Iserloh, Die Päpste im Zeitalter der Reformation und des Konzils von Trient: Das Papsttum II, Herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 985, S. 56. ↩
- Iserloh, S. 60. ↩
- Denzinger-Hünermann, Nr. 1483. ↩
- Iserloh, S. 72–73. ↩
- Georg Schwaiger, Die Päpste der Katholischen Reform und Gegenreformation: Das Papsttum II, Herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 985, S. 83–84 ↩
- Georg Schwaiger, Die Päpste der Katholischen Reform und Gegenreformation: Das Papsttum II, Herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 985, S. 93 ↩
- Denzinger-Hünermann, Nr. 2474, 2477, 2479, 2480, 2481, 2482, 2484, 2485, S. 678–679. ↩
- Rudolf Lill, Das Zeitalter der Restauration von Leo XII. bis Gregor XVI.: Das Papsttum II, herausgegeben von Martin Greschat, Stuttgart 1985, S. 176 ↩
- Der englische Text dieser Enzyklika kann hier gelesen werden: Gregory XVI. Inter Praecipuas. ↩
- Wir zitieren nach: Kathpedia: Syllabus errorum, abgerufen am 25.06.2015. ↩
- Z. B. Sure 9,30: Die Juden sagen: „Uzayr ist Gottes Sohn.“ Und die Christen sagen: „Christus ist Gottes Sohn.“ Das ist ihre Rede aus ihrem eigenen Munde. Damit reden sie wie die, die vorher ungläubig waren. Gott bekämpfe sie! Wie leicht lassen sie sich doch abwenden! ↩
- La documentation catholique Nr. 2224/2000, S. 362, zitiert nach: Manfred Pothoff, Das Ende des katholischen Glaubens, Berlin, 2014, S. 83. Pothoffs Buch listet auf den Seiten 82–83 weitere Beispiele seines Synkretismus, wie die Teilnahme an animistischen (9. August 1985 in Togo) und hinduistischen Riten (2. und 5. Februar 1986) auf. ↩
- Osservatore Romano vom 11. August 1985, zitiert nach: Rundbrief an unsere Priesterfreunde im deutschen Sprachraum, Nr. 21, November / Dezember 2008, S. 19–20. ↩
- http://www.kathpedia.com/index.php?title=Vergebungsbitten_des_Papstes_%28Wortlaut%29#II._Bekenntnis_der_Schuld_im_Dienst_der_Wahrheit, abgerufen am 25.06.2015. ↩
- Der spätere Papst Benedikt XVI. ↩
- Das wäre als Maßnahme innerhalb des katholischen Dogmengebäudes zu sehen. Biblisch betrachtet ist der Heiligenkult ohnehin nicht zu rechtfertigen. ↩
- Papst Franziskus hat am 22. Juni 2015 etwas klarere Worte gefunden, als er das Vorgehen der katholischen Kirche gegen die Waldenser unchristlich und unmenschlich nannte und die Waldenser um Vergebung dafür bat. Von einer öffentlichen Verurteilung der lehramtlichen Dokumente, die zur Verfolgung der Waldenser geführt haben, war aber auch hier keine Rede. Die Rede von Papst Franziskus ist (auf Englisch) hier zu finden: PASTORAL VISIT OF HIS HOLINESS POPE FRANCIS TO TURIN, abgerufen am 09.07.2015. ↩
- APOSTOLISCHE REISE VON PAPST FRANZISKUS NACH SARAJEVO (BOSNIEN-HERZEGOWINA), abgerufen am 09.07.2015. ↩
- 3. Strophe des katholischen Kirchenlieds „Ein Haus voll Glorie schauet“ (Gotteslob alt: 639; neu: 478). ↩