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Die Anfänge des Christentums gehen auf das Wirken Jesu Christi zurück, dessen Leben und Botschaft für diese weltverändernde Bewegung zentral sind. Jesus selbst hat als Jude gelebt, aber er hat beansprucht, der im Alten Testament, der Heiligen Schrift der Juden, verheißene Messias und- noch darüber hinaus gehend- der Sohn Gottes zu sein. Er ruft jeden Menschen zu allen Zeiten auf, ihm nachzufolgen.
Wir können ihn heute nicht mehr so wie seine Zeitgenossen erleben, aber wir haben das Zeugnis der ersten Jünger, die mit ihm Tag und Nacht zusammen waren. Das Neue Testament enthält diese Augenzeugenberichte und erzählt uns auch über das Leben der ersten Christen. Die Glaubwürdigkeit der Bibel, insbesondere des Neuen Testaments, hat damit grundlegende Bedeutung für das Christsein aber auch für jeden Menschen.
Menschen sind oft motiviert, die Bibel zu kritisieren, weil sie von ihr herausgefordert werden. Die Bibel kann das Leben eines Menschen völlig verändern. Obwohl sie immer wieder bis in unsere Zeit falsch interpretiert wurde und häufig von Menschen und Organisationen, die sich christlich nennen, für egoistische Ziele missbraucht wird, soll dies nicht davon abhalten, sich mit ihr auseinander zu setzen und ihren Inhalt und ihre Glaubwürdigkeit zu prüfen.
1 Das Neue Testament ist wegen seines Inhalts glaubwürdig
1.1 Inhalte die bei Jesus einzigartig sind
1.1.1 Moral
Die Lehre Jesu hinsichtlich der Moral übersteigt die Lehre jedes Anderen, der als Lehrer der Menschheit auftrat. Ein Beispiel dafür sind die Worte über Ehebruch. Im Matthäusevangelium Kapitel 5 Verse 27–29 sagt Jesus:
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen. Wenn aber dein rechtes Auge dir Anlass zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf es von dir, denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.“ (Mt. 5,27–29)
Auch im Buddhismus findet man die Lehre, dass jede Begierde zerstört werden soll. Das ist aber sehr allgemein formuliert. Den Buddhisten geht es um eine Auslöschung der gesamten Sensibilität und Persönlichkeit des Menschen ungeachtet einer negativen oder positiven Wertschätzung. Ihr Ziel ist ja die endgültige Auflösung des personalen Menschen, der Zustand des Nirwana. So wie in anderen Religionen wird versucht, mit einer bestimmten Methode eine Verbesserung herbei zu führen.
Jesus hingegen spricht sehr spezifisch die verborgenen Sünden an und stellt hier Gedankensünden der Lust auf eine Ebene mit dem Ehebruch. Damit zeigt er, dass Sünde in den Gedanken beginnt und bereits an diesem Punkt bereut werden muss. Er bringt das Innere des Menschen ans Licht und beurteilt dies mit einer Strenge die ihresgleichen sucht. Seine Aufforderung zur Änderung, auch wenn sie an dieser Bibelstelle natürlich bildlich zu verstehen ist, könnte nicht klarer sein.
In jeder Religion findet man mehr oder weniger Lehren über die Moral, weil der Mensch aufgrund seines Gewissens gut und böse unterscheiden kann. Der Maßstab, mit dem Jesus Taten, Worte und Gedanken des Menschen beurteilt, ist einzigartig, weil er das Herz des Menschen offen legt. Er fordert zuallererst eine Änderung der Gesinnung und der Gedanken, wodurch moralisches Handeln möglich wird. Ihm geht es um die Befreiung vom Bösen hin zum Guten, um fähig zu werden, gut zu sein.
Weit über Moral und Ethik hinaus fordert Jesus dazu auf, auch die eigenen Feinde zu lieben.
1.1.2 Feindesliebe
„Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist, denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. […] Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Matthäusevangelium 5,43–48)
Im Alten Testament finden wir allerdings nicht nur Worte über die Ablehnung der Feinde, sondern auch Stellen über die Liebe zu Fremdlingen, die unter den Israeliten leben wollten, so wie auch Stellen, Feinden gegenüber gütig zu sein. Jesu Gebot der Feindesliebe hingegen übersteigt alles Bekannte. Die Feinde zu lieben bedeutet mehr als der Verzicht auf Vergeltung und Hass und dem Erweis guter Taten. Sie befähigt dazu, dem stärksten Feind zu vergeben und auch für ihn das Beste zu wollen.
Man muss hier beachten, dass Jesus diesen Punkt und auch manches Andere als Erster lehrte. Vieles wurde später von anderen versucht nachzuahmen, um an Jesu Größe anzuschließen.
Jesus begnügt sich nicht mit der Auflistung bestimmter Regeln für ein gottgefälliges Leben, sondern fordert jeden Menschen auf, seinen Maßstab am absolut guten Gott auszurichten. Dieser Anspruch könnte absurd klingen. Doch man konnte Jesus nicht als Verrückten abtun, dazu war sein Leben und seine Lehre zu nüchtern, realistisch und praktisch.
„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht würdig. Wer sein Leben findet, wird es verlieren, und wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden.“ (Matthäusevangelium 10,37–39)
Jesu Botschaft richtet sich nicht nach menschlichen Maßstäben und verspricht mehr als irdische Harmonie und Glück. Sein Anliegen war nicht, politischen oder gesellschaftlichen Frieden zu stiften. Anders als die verschiedenen Weisheitslehrer zeigt er nicht nur einen neuen Weg der Erkenntnis, sondern stellt einen göttlichen Anspruch, selbst die höchste Autorität zu sein, und fordert die bedingungslose Hingabe an ihn.
1.2 Wirkung des Neuen Testaments auf die Menschheit und auf den einzelnen Menschen
Das öffentliche Auftreten Jesu bewirkte eine unumkehrbare Spaltung innerhalb des Volkes Israel und in weiterer Folge der gesamten Menschheit. Jesus beanspruchte der vom Alten Testament verheißene Messias und damit Retter der Welt zu sein. Von Beginn an wurden die Anhänger Jesu von Juden verfolgt. Auch in späterer Zeit wurden Christen immer wieder auf Grund ihres Glaubens an Jesus von Gegnern der Wahrheit vertrieben und nach Möglichkeit ermordet.
Diese Polarisation ist ein Zeugnis des Einflusses Jesu und seiner Botschaft auf die Menschen, nicht nur im 1. Jahrhundert, sondern bis zu unserer Zeit. Die Lehre Jesu hat die Welt so wie kein anderes religiöses System verändert. Von Anfang an wurden manche Aussagen Jesu kopiert, manche imitiert oder manche auch unter dem Vorwand seiner Autorität verdreht und in sehr negativer Weise angewandt. Sehr früh bereits entstand ein Scheinchristentum. Auch wenn es in weiterer Folge um dieses Pseudochristentum geht, zeigt dessen Einfluss auf Kultur, Kunst, Wissenschaft und selbst Politik im europäisch-asiatischen Raum und auch auf vielfältige Weise in der ganzen Welt die Bedeutung Jesu und seiner Botschaft.
Die Person Jesu übte eine Faszination auf die Menschen aus, die unvergleichlich ist. Ganz Judäa war auf den Füßen, um seinen Worten zu lauschen und seine Wunder zu sehen. Jesus konnte sich des Andrangs der Volksmassen nicht mehr erwehren und musste sich in abgelegene Gebiete zurückziehen. Die Juden, welche sein Wort in ihr Herz aufnahmen und seine Botschaft verstanden, änderten radikal ihr Leben, um Jesus ohne Kompromisse als ihrem Herrn nachzufolgen. Damals wie heute erfahren Menschen, die die Worte Jesu als wahr anerkennen, an ihrem eigenen Leben die Wirkmacht seiner Botschaft. Diese zeichnet sich nicht durch schön formulierte Gedanken aus, sondern sie fordert den Menschen heraus. Jesus will das Herz jedes Menschen erreichen und er ruft jeden dazu auf, den von ihm aufgezeigten Weg zum eigenen Lebensweg zu machen. Seine Erlösung befreit von dem von Sünden geprägten Leben. Die Stimme Jesu verstummt nicht. Seit seinem Tod bis heute sind unzählige Bücher über ihn entstanden. Menschen versuchen immer wieder aufs Neue, seine Botschaft authentisch zu interpretieren und dem historischen Jesus nahe zu kommen.
Allein dieser Anspruch, der den Menschen zur Stellungnahme auffordert und von einem Wahrheitssuchenden nicht einfach beiseite geschoben werden kann, spricht für die Glaubwürdigkeit seiner Lehre.
1.3 Das Neue Testament ist historisch zuverlässig
Das Neue Testament gibt mit seinen vier Evangelien, der Apostelgeschichte und den Briefen die Zeit des mittleren 1. nachchristlichen Jahrhunderts historisch betrachtet zuverlässig wieder. Sie steht im Einklang mit anderen Quellen jüdischer und römischer Schriftsteller wie zum Beispiel dem Talmud, dem jüdischen Schriftsteller Flavius Josephus und den römischen Historikern Tacitus und Sueton. Geographische, kulturelle und gesellschaftliche Umstände, welche im Neuen Testament beschrieben oder auch nur erwähnt werden, wurden und werden immer wieder durch archäologische Funde eindrucksvoll bestätigt.
Ein Beispiel wäre hierzu der im Johannesevangelium (Joh. 9,7) genannte Teich Siloah in Jerusalem. Im Sommer 2004 stieß man bei Arbeiten für eine neue Abwasserleitung auf einige Stufen, deren Alter auf 2400 Jahre geschätzt wird, und auf Überreste des Wasserreservoirs, in das zur Zeit Jesu die Wasser der Gihonquelle durch den Hiskia-Tunnel geleitet wurden. Dieser 525 Meter lange Tunnel wurde von Hiskia, dem König des Südreiches Juda, um etwa 700 v. Chr. erbaut und ist noch heute begehbar. Die Archäologie konnte anhand dieses Bauwerkes die Angaben des Alten Testaments eindrucksvoll bestätigen. Das schätzungsweise 2500 Quadratmeter große Wasserbecken des Siloah-Teiches diente den Einwohnern von Jerusalem zur Zeit Jesu als Wasserspeicher. Im Putz entdeckten die Archäologen eine Münze aus der Hasmonäerzeit, die etwa 50 Jahre vor Christi Geburt geprägt wurde. Die jüngste Münze im Schutt über den Wasserkanälen wird auf die Zeit kurz vor der Zerstörung Jerusalems durch die Römer im Jahre 70 n. Chr. datiert.
Bei der Ausgrabung des Theaters in Cäsarea wurde 1961 eine Inschrift mit dem Titel „Pontius Pilatus Praefectus Judaeae“ entdeckt. Damit ist Pilatus als römischer Statthalter der Provinz Judäa nicht nur im Neuen Testament, sondern ebenso in den im Jahr 93 n. Chr. von Flavius Josephus geschriebenen „Jüdischen Altertümern“, in den im Jahr 116 n. Chr. von Tacitus verfassten „Annalen“ und durch dieses Fundstück bezeugt.
Die erstmalig 1905 veröffentlichte Gallio-Inschrift aus Delphi in Griechenland gibt einen Brief des römischen Kaisers Claudius an die Stadt Delphi wieder. Aus den im Präskript1 angeführten Titeln des Kaisers ergibt sich, dass der Brief am Anfang des Jahres 52 n. Chr. geschrieben wurde. Die in Griechisch verfasste Inschrift erwähnt Gallio als Prokonsul von Achaja und bestätigt damit dieselbe Angabe des Neuen Testaments in der Apostelgeschichte 18,12.
Das Neue Testament enthält nicht nur einen sondern vier historische Berichte über das Leben Jesu. Diese Evangelien widersprechen sich in manchen Details. Dies ist aber kein Argument gegen die Glaubwürdigkeit, sondern im Gegenteil ein Argument für die Zuverlässigkeit der Berichte. Für einen Historiker ist eine nicht wörtliche Entsprechung ein starker Hinweis darauf, dass die Berichte nicht verändert oder im Nachhinein harmonisiert wurden. Wenn vier Personen, welche zum Teil selbst Augenzeugen des Geschehens waren, Jesu Worte und Taten niederschrieben, ist es ganz natürlich, dass ihre individuelle Sichtweise auch unter Berücksichtigung der verschiedenen angesprochenen Leser bzw. Hörer in die Berichterstattung einfließt. Besonders Lukas bemühte sich, allem sorgfältig nachzugehen und bringt viele historisch nachweisbare Parallelen. Die Stelle im Lukasevangelium 3,1 mit einer Fülle von geschichtlichen Daten verdeutlicht dies:
Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter von Judäa war und Herodes Vierfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Vierfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Vierfürst von Abilene unter dem Hohenpriester Hannas und Kaiphas geschah das Wort Gottes zu Johannes […] (Lukas 3,1)
Überraschenderweise steht hier von zwei Hohepriestern. Hier handelt es sich nicht um einen Irrtum, sondern Lukas gibt einen historisch interessanten Sachverhalt wieder. Der amtierende Hohepriester zu jener Zeit war Kaiphas, doch Hannas hatte als bereits abgesetzter Hohepriester noch immer sehr großen Einfluss. Das bestätigt auch die Apostelgeschichte (Apostelgeschichte 4,6) und das Johannesevangelium, wo es heißt, dass Jesus nach seiner Gefangennahme nicht zum amtierenden Hohenpriester sondern zuerst zu Hannas geführt wurde (Johannes 18,13). Aus dem Werk „Jüdischer Krieg“ des jüdischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus erfahren wir die genaue zeitliche Abfolge der Hohepriester. Sie stimmt mit dem Zeugnis des Neuen Testaments überein. Die Macht des Hohenpriesters Hannas lange über seine eigene Amtszeit hinaus wird von namhaften Theologen als historisch glaubwürdige Tatsache bestätigt wie z. B. F. F. Bruce, Professor of Biblical Criticism and Exegesis, University of Manchester.2
Viele solcher Einzelheiten in den Schriften des Neuen Testaments, welche allesamt innerhalb von 40 Jahren nach dem Tod Jesu geschrieben wurden, stärken deren Glaubwürdigkeit. Das Markusevangelium wurde bereits etwa ein Jahrzehnt nach Jesu Tod und Auferstehung verfasst. Augenzeugen Jesu oder Christen der ersten Generation, die in Kontakt mit den Jüngern Jesu waren, sind die Autoren. Damit steht das Neue Testament im Vergleich mit den Schriften anderer Religionen einzigartig da (s. Überlieferung).
1.4 Fälschungshypothesen
Die Fälschungshypothese der Bibel wird in unterschiedlicher Weise formuliert. Manche behaupten, dass die Jünger Jesu ihren Herrn im Nachhinein idealisiert und glorifiziert haben. Doch ganz im Gegenteil dazu zeichnen sich die Evangelien durch eine sehr nüchterne Darstellung des Wirkens Jesu aus. Sie beschreiben Jesus als einen Menschen mit seinen Empfindungen und Ängsten. Vor seiner Gefangennahme betet Jesus geängstigt und bestürzt um Kraft, damit er die kommenden Leiden ertragen kann (Markus 14,33–36) — nach menschlichen Maßstäben ein jämmerliches Bild von einem Messias, dennoch naturgetreu und real. Er ist nicht der glorreiche starke Mann, der alles beherrscht. Andere wiederum stellen die These auf, die Apostel hätten alles erfunden, um dann selbst in einer neuen Bewegung die wichtigsten Positionen oder Ehre und Ruhm zu erhalten. Aber wie kann man das mit der Tatsache vereinbaren, dass die Apostel von Anfang an verfolgt wurden und einige von ihnen ihren Glauben an Jesus mit dem Tod bezahlen mussten? Natürlich können Menschen auf Lügen und falsche Lehren hereinfallen und irregeführt werden, ja sogar bereit sein, dafür zu sterben. Hingegen ist kaum jemand bereit, für eigene Sünden zu sterben. Ganz unrealistisch, obwohl vielleicht theoretisch denkbar, wäre der Fall eines grenzenlos hochmütigen Menschen, der sich seine Erfindung und Lüge nicht eingestehen will. Mit solch einer Gesinnung hätten aber die Apostel nicht so negativ über sich selbst geschrieben noch anderen Autoren der Evangelien erlaubt, dies zu tun. Denn gerade die zwölf Apostel werden in den Berichten der Evangelien immer wieder von Jesus wegen ihrer Halsstarrigkeit und ihres Unglaubens ermahnt. Sie werden mit ihren Schwächen, Sünden und ihrem Unverständnis beschrieben.
Andere Menschen zu täuschen und zu betrügen setzt sehr negative Motive voraus, was nicht ein ganzes Leben lang verborgen bleiben kann. Seit Beginn des Christentums wird Lüge als schwere Sünde gesehen. Christen sind aufgefordert, ein Leben in Ehrlichkeit und Offenheit zu führen und müssen immer hinterfragbar bleiben, worin die Apostel selbstverständlich mit inbegriffen waren.
Die Behauptung, die Jünger wollten sich ihre Fehleinschätzung, Jesus sei der Messias und Heiland, der aber schließlich als Geächteter am Kreuz sterben musste, nicht eingestehen und dass sie deshalb seine Auferstehung erfanden, entbehrt jeder Grundlage. Die Erweckung Jesu aus den Toten kam für die Jünger völlig unerwartet und überraschend. Selbst als Jesus ihnen erschien, glaubten sie nicht an ein reales Geschehen, sondern meinten ein Gespenst zu sehen. Man könnte nun einwenden, dies alles wäre nur ein Konstrukt eines geschickten Fälschers. Aber in der Situation der Juden in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts, als die Juden einen politischen Messias erwarteten, war es völlig undenkbar, einen Gekreuzigten als Messias zu verkünden. Kreuzigung war die Strafe für erfolglose Aufständische oder entlaufene Sklaven. Beides ist mit dem Messias unvereinbar. Jesus wollte nie ein politischer Messias sein. Dass er aber der Messias war, nämlich ein geistlicher, hat er durch seine Auferstehung gezeigt. Dieses Umdenken ist sogar seinen Jüngern sehr schwer gefallen. Ebenso geht der hypothetische Gedanke, die Jünger hätten die Auferstehung Jesu erfunden, bei Paulus völlig ins Leere. Der Pharisäer Paulus lehnte das Christentum als eine jüdische Abspaltung ab und verfolgte die Kirche mit großem Eifer. Wahrscheinlich hat er die Berichte der Christen über die Auferstehungserscheinungen Jesu ins Reich der Phantasie verlegt. Aber gerade er wird durch eine Erscheinung des auferstandenen Jesus eines Besseren belehrt und bekehrt sich zum Christentum. Nun versuchen manche Fälschungsbefürworter einen Ausweg darin zu finden, dass Paulus nur auf Grund seines schlechten Gewissens Christ geworden wäre, weil er Christen verfolgt und auch der Steinigung eines Christen zugestimmmt hatte. Allein psychologisch betrachtet ist diese Auffassung unhaltbar. Der Apostel Paulus hat als Christ unsagbare Entbehrungen auf sich genommen und ist gemäß einer außerbiblischen Überlieferung als Märtyrer gestorben. Er hat als befähigter Pharisäer die Schmach eines Christen (man darf hierbei nicht von der heutigen Situation ausgehen, sondern muss sich in die damalige hineinversetzen) einer glänzenden Laufbahn innerhalb des Judentums bevorzugt — auf Grund eines schlechten Gewissens? Außerdem betont er, alles mit gutem Gewissen getan zu haben (2.Tim.1,3; Apg.23,1). In der Zeit als Christenverfolger dachte er, Gott einen Dienst zu erweisen, konnte dann aber seine geistliche Blindheit erkennen.
Die Juden widerstanden den Christen von Anfang an in heftigster Weise. Ohne eine historische Grundlage des Lebens und Wirkens Jesu hätte der Glaube an Jesus Christus als Messias in jüdischer Umgebung nicht überleben können. Die Hypothese einer Fälschung des Neuen Testaments hält weder dem historischen Befund noch einer inneren Logik stand. Es können keine nachvollziehbaren Gründe für die Motivation des oder der Fälscher dargelegt werden. Der Fälscher konnte keine egoistischen Ziele wie besondere Privilegien verfolgen, weil er sich der Lehre Jesu verpflichtet fühlen musste, die alle Selbstsucht, Reichtum, Ehre und Stolz aufs Schärfste ablehnt. Einem Fälscher musste bewusst sein, dass für ihn gilt was Paulus ausdrückt:
Denn wir predigen nicht uns selbst, sondern Christus Jesus als Herrn, uns aber als eure Sklaven um Jesu willen. (2 Korinther 4,5)
1.5 Lehre der Dreieinigkeit / Dreieinheit kann nicht einfach erfunden werden
Die Dreieinigkeit ist eine von Jesus neu offenbarte Lehre über das Wesen Gottes, wobei er selbst zwar diesen Begriff nicht verwendete, jedoch dessen Inhalt verkündete. Sie wendet sich nicht gegen den Monotheismus der Juden, spricht aber von dem einen Gott als Vater, Sohn und Heiligem Geist, also von einem Gott in drei Personen.
Die Juden mussten ihren Glauben an Jahwe als den einzig existierenden Gott und Schöpfer des Universums zeit ihres Bestehens gegen andere Völker verteidigen; er war und ist ein zentraler Bestandteil ihres Lebens. Jeder Versuch diesen Glauben anzutasten wurde von Juden als Sakrileg3 aufgefasst. Oberflächlich betrachtet scheint das bei der Lehre der Dreieinheit der Fall zu sein. Dies wird auch daran ersichtlich, dass besonders die religiösen Führer der Juden Jesus aufs schärfste ablehnten. Hätte es eine Erlaubnis der römischen Besatzermacht gegeben, hätten sie gleich selbst die Todesstrafe über ihn verhängt, da er sich als göttlich ausgab und ihrer Auffassung gemäß damit Gott lästerte. Die Lehre von dem einen Gott in drei Personen ist nicht einfach eine Weiterentwicklung des jüdischen Glaubens, sondern stellt eine völlig neue zusätzliche Offenbarung zum jüdischen Glauben dar.
Die bekanntesten Gelehrten beschäftigten sich über Jahrhunderte hinweg bis jetzt damit, die Dreieinheit zu fassen und in ihrer Tiefe zu verstehen. Offensichtlich stößt der Versuch, das Konzept der Dreieinheit gedanklich zu erfassen, an die Grenzen des menschlichen Denkens und Verstehens. Das zeigt die überragende geistige Größe dessen, der diesen Lehrinhalt als Erster verkündet hat. Somit ist die Auffassung, die Jünger Jesu hätten die Lehre der Dreieinigkeit einfach erfunden, um ihrem Meister einen besonderen Anstrich zu verleihen, völlig unhaltbar. Sie ist auch nicht allgemein als Unsinn abgetan worden, sondern hat im Gegenteil immer wieder Erstaunen darüber hervorgerufen, welch tiefe Einsicht in Gottes Wesen die Aussagen Jesu widerspiegeln. Die Autorität und Überzeugungskraft, mit der Jesus als Lehrer auftrat und über Gott sprach, suchen weltweit ihresgleichen.
2 Das Neue Testament ist glaubwürdig, weil Jesus glaubwürdig ist
2.1 Jesu Leben bezeugt seine Worte
Die Lehre einer Person ist vertrauenswürdig, wenn deren Leben mit der Botschaft übereinstimmt. Jesus Christus wird von seinen Augenzeugen ein tadelloses Leben bescheinigt. Seine Gegner, die ihren Einfluss und ihre Ehre beim Volk der Juden schwinden sahen, konnten ihm weder eine Übertretung des für einen Juden verbindlichen Gesetzes Mose noch eine Sünde vorwerfen. Immer wieder versuchten sie ihn durch Fangfragen zu einer falschen Aussage zu verleiten oder in innere Widersprüche zu verwickeln. Doch jede Raffinesse der Schriftgelehrten war erfolglos, Jesus stellte durch seine Antworten vielmehr sie selbst in Frage. Jesu Wirken hielt ganz Israel in Atem. Selbst die politischen Führer, wie der jüdische Fürst Herodes Antipas und der römische Statthalter Pontius Pilatus, mussten sich mit ihm befassen. Daher kann man zu Recht erwarten, dass die Juden, die Jesus ablehnten und ihn in Misskredit bringen wollten, gern jeden seiner Fehltritte zur Geltung gebracht hätten. Das war aber nicht der Fall.
Jesus stellte an seine Jünger nicht nur einen hohen Anspruch, er selbst ging mit gutem Beispiel voran. Hinsichtlich eines bescheidenen und enthaltsamen Lebens legte er den selben Maßstab an sich selbst wie an andere. Zur Verwunderung seiner Nachfolger wusch er ihnen einmal sogar die Füße, was damals Sklavenarbeit war, um ihnen seine dienende Einstellung zu zeigen und ein Vorbild zu sein. Etwa zweieinhalb Jahre waren seine Jünger mit ihm mehr oder weniger täglich zusammen und immer wieder wurden sie von seiner Liebe beschämt. Dieses Leben Jesu in Verbindung mit seinen Worten überzeugte sie damals und überzeugt auch heute.
2.2 Jesus vollbringt Wunder und Heilungen
Jesus wurde vor allem auch durch seine Wunder und Heilungen bekannt. Nach dem Zeugnis der Evangelien heilte er Kranke, Aussätzige, Lahme, schenkte Blinden das Augenlicht, befreite Besessene und weckte Tote auf. Das hatte es noch nie zuvor gegeben. Selbst die feindlich eingestellten Juden stellten dies Jesus nicht in Abrede. Das beweist die Aussage im Babylonischen Talmud:4
„Am Vorabend des Passahfestes haben sie Jesus gehängt, […] weil er Zauberei getrieben und Israel verlockt und abspenstig gemacht hat.“
Die Tatsache der Wunder konnte nicht geleugnet werden, allein es musste eine andere Erklärung dafür gefunden werden. Jesus hatte einfach gezaubert!?
Die zeitgenössischen Gegner Jesu vermuteten einen Doppelgängertrick und versuchten ihn als Betrüger zu entlarven.
Und als Jesus vorüberging, sah er einen Menschen, blind von Geburt. […] er bereitete einen Teig aus dem Speichel und strich den Teig auf seine Augen […] der Blinde ging hin und wusch sich und kam sehend wieder. Die Nachbarn nun und die, die ihn früher gesehen hatten, dass er ein Bettler war, sprachen: Ist dieser nicht der, der da saß und bettelte? Einige sagten: Er ist es, andere sagten: Nein, sondern er ist ihm ähnlich; er sagte: Ich bin es. […] Sie führen ihn, den einst Blinden, zu den Pharisäern. Es war aber Sabbat […] Es glaubten nun die Juden nicht von ihm, dass er blind war und sehend geworden, bis sie die Eltern dessen riefen […] Seine Eltern sprachen: Wir wissen, dass dieser unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde […] Sie riefen nun zum zweiten Mal den Menschen, der blind war […] Er antwortete ihnen: Ich habe es euch schon gesagt […] Warum wollt ihr es nochmals hören? Sie schmähten ihn […] (Johannes 9,1–28)
Die Art und Weise, mit der Jesus den Blindgeborenen heilte, war äußerst provokant, weil er einen Teig aus Speichel und Erde machte. Den Pharisäern und Schriftgelehrten war gemäß ihren Traditionen jede nicht notwendige Tätigkeit am Sabbat verboten. Jesus waren nicht menschliche Traditionen wichtig, sondern die Not der Menschen. Da es sich um einen blind geborenen Menschen handelte, konnten die Pharisäer nicht damit argumentieren, dass seine Sehkraft vielleicht so, wie sie verschwand, wieder zufällig zurückgekehrt wäre. Es gab für sie zur Widerlegung Jesu nur die Möglichkeit eines Doppelgängers. Die ganze Situation zeigt, dass die Pharisäer jede Unsicherheit ausschließen wollten, ob nicht doch ein Anderer als der ehemals Blinde auftrat. Obwohl alles für eine wunderbare Heilung sprach, wollten sie das nicht anerkennen. Hätten sie in dieser Situation einen Betrug aufgedeckt, wären Jesus wohl alle Jünger davongelaufen und die Nachwelt hätte wahrscheinlich nie über dieses Ereignis erfahren.
2.3 Die Auferstehung Jesu ist keine Erfindung
Das größte, aber auch am meisten bezweifelte Wunder, ist die Auferstehung Jesu. Wie bereits weiter oben (Kapitel 1.5) erwähnt ist die Annahme einer Fälschung durch die Jünger Jesu auszuschließen, weil für sie selbst die Auferstehung ihres Herrn völlig unerwartet kam und kein schlüssiges Motiv erkennbar ist, warum sie dies erfunden haben sollten.
Nach dem schmachvollen Tod Jesu waren die Jünger ratlos, sie hatten sich einen irdischen Messiaskönig erwartet, der eine Umkehr des jüdischen Volkes bringen und sich gegenüber den gottlosen Heiden durchsetzen wird. Von ihrem späteren Mut und ihrer Überzeugung, die sie selbst den führenden Juden das Evangelium verkünden ließ (Apostelgeschichte 5,27–33), obwohl sie selbst nur einfache Arbeiter, wie z. B. Fischer waren, ist in dieser Situation nichts zu merken. Aus Furcht vor den Juden hielten sie sich hinter verschlossenen Türen auf (Johannes 20,19). Als ihnen Maria Magdalena verkündete, dass ihr Jesus erschienen ist, glaubten sie ihr nicht (Markus 16,9–11) und hielten es für albernes Geschwätz (Lukas 24,11). Bei der ersten Erscheinung Jesu vor den Aposteln dachten sie einen Geist zu sehen (Lukas 24,37). Thomas, einer der zwölf Apostel, war bei dieser Erscheinung nicht anwesend. Er glaubte nicht einmal seinen engsten Gesinnungsgenossen und wurde erst überzeugt, als er Jesus selbst sah (Johannes 20,24–29).
Manche vermuten nun hinter diesen Berichten einen intelligenten Fälscher, der den Anschein einer realistischen und historisch korrekten Nacherzählung erwecken wollte. Ein Fälscher möchte dem Leser möglichst keinen Anlass zum Zweifel geben. Dem Historiker ist daher das Mittel der Harmonisierung ein sicheres Kennzeichen einer Fälschung. Gerade das kann man aber von den vier Evangelien nicht behaupten. Sie sind in ihrer Darstellung der Auferstehungserscheinungen Jesu nicht identisch. Es gibt sogar einen Widerspruch. Lukas schreibt, dass Jesus zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus erschien und sie dies den Aposteln in Jerusalem freudig berichteten (Lukas 24,33.34). Die Apostel glaubten ihnen. Markus berichtet hingegen, dass sie den Beiden nicht glaubten (Markus 16,12.13). Hier wird man Lukas recht geben müssen, der diese Begebenheit sehr detailliert erzählt. Markus erwähnt dies nur mit einem Satz, er hatte wohl keine genauen Informationen darüber. Einem geschickten Fälscher wäre solch ein Fehler nicht unterlaufen. Vielmehr zeigt es, wie die Autoren nach bestem Wissen und Gewissen ihre eigenen Erfahrungen mit Jesus bzw. Augenzeugenberichte Anderer niederschrieben.
Zur Zeit der Abfassung der Evangelien gab es noch viele Augenzeugen. Für Juden, welche Jesus und das Christentum ablehnten, wäre nichts leichter gewesen gegen die Christen vorzugehen, als die Auferstehung Jesu zu widerlegen. Der Glaube an den auferstandenen Christus hätte sich niemals gehalten, wäre ihnen das gelungen.
Ein Fälscher möchte den Leser überzeugen und überlegt sich daher bewusst, auf welche Weise er dies erreicht. Er wird dazu eindeutige und nachvollziehbare Argumente verwenden. Nun erscheint Jesus in den Berichten der Evangelien aber zuerst einer Frau, nämlich Maria Magdalena (Markus 16,9 und Johannes 20,14). Sie war früher von Dämonen besessen und erst durch Jesus geheilt worden und daher für einen Außenstehenden alles andere als ein zuverlässiger Zeuge. Frauen wurden bei den Juden nicht als Zeugen anerkannt, dies war Männern vorbehalten. Bis heute werden im orthodoxen Judentum Frauen bei rabbinischen Gerichten als Zeugen nicht akzeptiert. Die Evangelien waren vor allem auch an Juden gerichtet. Zu meinen ein Fälscher käme auf den Gedanken, die erste Erscheinung des Auferstandenen vor einer Frau zu erfinden, ist wirklich phantastisch.
3 Glaubwürdigkeit der Überlieferung des Neuen Testaments
3.1 Mündliche Überlieferung
Als Kinder unserer Zeit ist es für uns kaum vorstellbar, dass man lange Reden oder Texte im Gedächtnis behalten kann. Da wir durch Medien wie Bücher, TV und Computer jederzeit Informationen abrufen können, sind wir nicht mehr von unserem Gedächtnis abhängig. Das menschliche Gedächtnis ist aber zu außergewöhnlichen Leistungen fähig. Um nur ein Beispiel zu erwähnen:
„Heutige irische Barden verfügen ohne weiteres über ein Traditionsvolumen von über 100.000 Wörtern. Dagegen beträgt der Umfang unseres Markusevangeliums nur etwa 11.000 Wörter.„5
Die Jünger Jesu hatten ihr Leben aufgrund seiner Verkündigung gänzlich verändert, er wurde für sie zum Mittelpunkt all ihres Handelns. Daraus ergibt sich ihr starkes Interesse, alle seine Worte und Taten in Erinnerung zu behalten und getreu weiter zu geben. Der Mensch behält sich vor allem die Inhalte im Gedächtnis, welchen er seine Aufmerksamkeit und sein Interesse schenkt.
Die Jünger waren mit Jesus, den sie als ihren Lehrer ansprachen (z. B. Markus 10,35), etwa zweieinhalb Jahre fast jeden Tag zusammen. Da er sie in seiner Lehre unterwies und sie auch immer bei seinen Reden vor dem Volk anwesend waren, konnten sie sich auf natürliche Weise seine Botschaft einprägen. Die ständige Wiederholung und das Auswendiglernen, was sie von Elternhaus, Synagoge und Schule gewohnt waren, befähigte sie, mündliche Überlieferung zuverlässig zu bewahren. Schon zu Lebzeiten Jesu sandte er die Jünger aus, damit sie den Anbruch des Reiches Gottes verkündigen (Lukas 10,1–12). Sie mussten bereits sehr früh das von ihrem Lehrer Erlernte praktisch anwenden. All dies half ihnen später in ihrer Verkündigung, zuverlässig und glaubwürdig von Jesus zu erzählen.
3.2 Schriftliche Überlieferung
Bis zur Zerstörung Jerusalems durch die Römer um 70 n. Chr. wurden alle Schriften des Neuen Testaments verfasst. Da Jesus im Jahre 30 n. Chr. gekreuzigt wurde ergibt sich eine Zeitspanne von nur 40 Jahren. Der Übergang von der mündlichen zur schriftlichen Überlieferung erfolgte in sehr kurzer Zeit. Dies zeugt von der Absicht der ersten Christen, der Nachwelt ein getreues Bild von den Ereignissen rund um Jesus zu vermitteln.
Dasselbe Bemühen um korrekte und wortgetreue Überlieferung können wir bei den Personen voraussetzen, die in den folgenden Jahrhunderten das Neue Testament durch Abschreiben vervielfältigten. Die Bibel und hier vor allem das Neue Testament war und ist den Christen die einzige verbindliche Grundlage ihres Glaubens.
Die älteste uns erhaltene Handschrift ist der in Ägypten um 1920 gefundene P52 (Papyrus Nr. 52), der einige Verse aus dem Johannesevangelium enthält. Er stammt aus der Zeit um spätestens 125 n. Chr. Eine Reihe von weiteren Papyri stammen aus dem 2. und 3. Jahrhundert, die bereits einen Großteil des Neuen Testaments enthalten. Papyrus war ein Schreibmaterial, das aus den Fasern der Papyruspflanze gewonnen wurde, die im Nildelta in Ägypten wuchs.
Aus dem 4. Jahrhundert stammen die ältesten Majuskel-Handschriften, welche gänzlich in griechischen Großbuchstaben geschrieben sind, und bereits alle neutestamentlichen Schriften enthalten. Sie sind auf Pergament geschrieben, einem aus Tierhäuten hergestellten Schreibmaterial. Die bekanntesten davon sind der Codex Vaticanus, Sinaiticus, Ephraemi Rescriptus und Alexandrinus.
Etwa um 800 entwickelte sich eine neue Schriftart, die in eher kursiven Kleinbuchstaben gehalten war und Minuskelschrift genannt wird. Die sogenannten Lektionare sind liturgische Bücher, in denen die Texte des Neuen Testamentes in der Reihenfolge enthalten waren, wie sie nach der Ordnung des Kirchenjahrs gelesen werden sollten.
Die folgende Tabelle6 zeigt einen Überblick der Handschriften des Neuen Testaments, wobei die über 19 000 Übersetzungen in andere Sprachen nicht berücksichtigt sind.
VORHANDENE GRIECHISCHE HANDSCHRIFTEN |
ANZAHL DER HANDSCHRIFTEN |
Papyri | 129 |
Majuskelschriften | 323 |
Minuskelschriften | 2931 |
Lektionare | 2465 |
Gesamtzahl | 5848 |
Dieser reiche handschriftliche Befund kann am ehesten durch einen Vergleich mit anderen historischen Texten in seiner Bedeutung erkannt werden. Die folgende Zusammenstellung7 verdeutlicht eindrucksvoll den Unterschied zwischen der Überlieferung des Neuen Testaments und anderen klassischen Werken.
AUTOR | ABFASSUNGS- DATUM |
ÄLTESTE ABSCHRIFT |
ZEITSPANNE ZWISCHEN ABFASSUNG U. ÄLTESTER ABSCHRIFT |
ANZAHL DER ERHALTENEN ABSCHRIFTEN |
Homer (Ilias) | 800 v. Chr. | 400 v. Chr. | 400 Jahre | 643 |
Demosthenes | 383–322 v. Chr. | 1100 n. Chr. | 1300 Jahre | 200 (alle von einer Abschrift) |
Sophokles | 496–406 v. Chr. | 1000 n. Chr. | 1400 Jahre | 100 |
Tacitus (Annalen) | 100 n. Chr. | 1100 n. Chr. | 1000 Jahre | 20 |
Cäsar (Gallischer Krieg) |
100–44 v. Chr. | 900 n. Chr. | 1000 Jahre | 10 |
Aristophanes | 450–385 v. Chr. | 900 n. Chr. | 1200 Jahre | 10 |
Euripides | 480–406 v. Chr. | 1100 n. Chr. | 1500 Jahre | 9 |
Thukydides (Geschichte) |
460–400 v. Chr. | 900 n. Chr. | 1300 Jahre | 8 |
Sueton (De Vita Caesarum) |
75–160 n. Chr. | 950 n. Chr. | 800 Jahre | 8 |
Herodot (Geschichte) |
480–425 v. Chr. | 900 n. Chr. | 1300 Jahre | 8 |
Plato (Tetralogien) |
427–347 v. Chr. | 900 n. Chr. | 1200 Jahre | 7 |
Plinius Secundus (Naturgeschichte) |
61–113 n. Chr. | 850 n. Chr. | 750 Jahre | 7 |
Aristoteles | 384–322 v. Chr. | 1100 n. Chr. | 1400 Jahre | 5 (vom besten überlief. Werk) |
Catullus | 54 v. Chr. | 1550 n. Chr. | 1600 Jahre | 3 |
Bruce Metzger, Vorsitzender des Revised Standard Version Bible Comitees und Mitherausgeber des Nestle/Aland Novum Testamentum Graece (Griechische Ausgabe des Neuen Testaments), zog einen Vergleich des Neuen Testaments mit dem am zweitbesten bibliographisch überlieferten Werk, der Ilias:
„Die Menge an Manuskripten der neutestamentlichen Schriften ist nahezu beschämend im Vergleich zu anderen antiken Werken. Nach dem Neuen Testament kommt Homers Ilias, das Standardwerk der antiken Griechen. Heute haben wir davon weniger als 650 griechische Manuskripte. Manche sind äußerst fragmentarisch. Die meisten stammen aus dem zweiten und dritten Jahrhundert und aus den nachfolgenden Jahrhunderten. Wenn Sie berücksichtigen, dass Homer wahrscheinlich im achten vorchristlichen Jahrhundert gelebt hat, ist das ein sehr langer Zeitraum.„8
Nach 40-jähriger Forschungsarbeit stellte Prof. Kurt Aland, einer der angesehensten Textkritiker des Neuen Testaments und Herausgeber des Nestle/Aland Novum Testamentum Graece, zur Überlieferung des Neuen Testaments fest:
„Der Text des Neuen Testaments ist hervorragend überliefert, besser als der jeder anderen Schrift der Antike; die Aussicht, dass sich Handschriften finden, die seinen Text grundlegend verändern, ist gleich Null.„9
Als Christen sind wir Gott sehr dankbar, dass wir so zuverlässige Informationen über Jesus und die ersten Christen haben. Die vielfältigen Zeugnisse für die Glaubwürdigkeit des Neuen Testaments, sowohl hinsichtlich seiner Abfassung wie auch hinsichtlich seiner Überlieferung, ermuntern dazu, sich stets aufs Neue mit dem Wort Gottes auseinander zu setzen. Wir laden auch dich ein, die Bibel zu lesen, um Jesus kennen zu lernen.
Wenn du auch unser Leben als Christen auf Glaubwürdigkeit überprüfen willst, tritt mit uns in Kontakt. Wir freuen uns darauf.
Informationen über alte Handschriften und Links zu Fotos
- Einleitung. ↩
- F. F. Bruce, Zeitgeschichte des Neuen Testaments, Teil I, 1978, S. 68. ↩
- Religionsverbrechen. ↩
- Sanhedrin 43a, Der Babylonische Talmud, Wilhelm Goldmann Verlag, 1963, S. 207 u. 208. ↩
- Rainer Riesner, Jesus als Lehrer, 1984, S. 451. ↩
- WWU Münster: Manuscript Workspace. Zugegriffen: 8. Dezember 2015. Die Gesamtzahl der jeweiligen Handschriften kann durch einen Mausklick auf den Button „Browse“ erhalten werden. Da die Papyri P33 und P58 sowie P64 und P67 jeweils vom selben Codex stammen, haben wir statt 131 nur 129 Papyri gezählt. ↩
- F. W. Hall, Belege für die Texte der führenden klassischen Verfasser ‑ergänzt durch Norman L. Geisler/William E. Nix, A General Introduction to the Bible, S. 408. ↩
- Bruce Metzger, zit. bei Lee Strobel, Der Fall Jesus, 1999, Asslar, S. 64. ↩
- Kurt Aland, Das Neue Testament zuverlässig überliefert. Die Geschichte des neutestamentlichen Textes und die Ergebnisse der modernen Textforschung, Reihe: Wissenswertes zur Bibel, Stuttgart 1986, S. 28. ↩