Über die „Geistestaufe“

Wir schreiben diesen Text, weil wir überzeugt sind, dass Gott allen seinen Kindern mit derselben Liebe begegnet. Wenn sich jemand Ihm zuwendet, und dadurch Gottes Kind wird, schenkt ihm Gott sofort eine tiefe Beziehung zu sich. Gleich bei der Bekehrung wird sein Herz vom Heiligen Geist erfüllt. Das ist die Taufe mit dem Heiligen Geist, mit der Gott die Entscheidung des Menschen, Jesus nachzufolgen, unmittelbar beantwortet. Wir wollen anhand der Bibel zeigen, warum die charismatisch/pfingstlerischen Lehre, welche normalerweise1 Umkehr und Taufe mit dem Heiligen Geist als zwei zeitlich getrennte Ereignisse unterscheidet, einen Irrtum bzw. eine Irrlehre darstellt.

Was ist die „Taufe mit dem Heiligen Geist“ im Neuen Testament?

Alle vier Evangelien sprechen über die „Taufe mit dem Heiligen Geist“: Matthäus 3,11; Markus 1,8; Lukas 3,16; Johannes 1,33. Dort weist Johannes der Täufer auf Jesus hin, der mit dem Heiligen Geist taufen wird. Jesus ist der, der „stärker“ ist als Johannes. Johannes rief die Menschen zur Reue und Umkehr auf. Jesus gibt durch den Geist auch die Kraft, um in seiner Nachfolge ein Leben zu führen, das Gott gefällt. Was Johannes der Täufer verheißen hat, hat Gott beim Pfingstfest des Jahres 30 erfüllt, wie es Jesus auch vor seiner Aufnahme in den Himmel angekündigt hatte (Apostelgeschichte 1,4–5). Die Jünger, die sich aus Furcht vor den Juden hinter verschlossenen Türen versteckt hielten (Johannes 20,19), gewannen durch den Empfang des Heiligen Geistes Mut und göttliche Weisheit, die Frohbotschaft über Jesus zu verkündigen (Apostelgeschichte 2,14).

Die heilsgeschichtlich einmalige Situation der Jünger: Ihre Umkehr und die Taufe mit dem Heiligen Geist sind zeitlich getrennt.

Die ersten Jünger entschieden sich, Jesus nachzufolgen, als sie von ihm gerufen wurden. Sie mussten aber bis Pfingsten 30 auf die Taufe mit dem Heiligen Geist warten. Den Grund für diesen zeitlichen Abstand finden wir in den Worten Jesu:

Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden. (Johannes 16,7)

An dem letzten, dem großen Tag des Festes aber stand Jesus und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus seinem Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies aber sagte er von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glaubten; denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war. (Johannes 7, 38–39)

Aus diesen Stellen können wir sehen, dass die Jünger in einer einzigartigen Situation waren: Obwohl sie, als sie Jesus kennenlernten, in seine Nachfolge eingetreten sind und seine Jünger wurden, empfingen sie den Heiligen Geist erst später, nach Jesu Verherrlichung2. Sie mussten warten, da der Geist noch nicht da war. (Johannes 7,39). Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes (die dritte göttliche Person wurde zu Pfingsten offenbart), gibt es für die, die sich entscheiden, Jesus nachzufolgen, keinen Grund mehr, zu warten. Sie werden sofort mit dem Heiligen Geist erfüllt.

Die neue Situation nach Pfingsten: Wer umkehrt, wird mit dem Heiligen Geist getauft, das heißt, sofort mit dem Geist erfüllt.

Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten sind die Bekehrung und die Taufe mit dem Heiligen Geist nicht mehr zwei unterschiedliche Ereignisse. Zu jedem, der sein Herz für Gott öffnet, kommt er sofort, um in ihm zu wohnen.

[…] und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit. Den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht, noch ihn kennt. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein […] Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen. (Johannes 14,16–17.23)

Zuerst spricht Jesus über die Sendung des Heiligen Geistes, der für immer bei den Jüngern sein wird, dann darüber, dass der Vater und Jesus selbst im Gläubigen wohnen werden. Beim Empfang des Heiligen Geistes nimmt also der dreieine Gott selbst in uns Wohnung. Ebenso wenig wie nur ein Teil des Vaters und des Sohnes bei der Umkehr im Christen Wohnung nimmt, wird auch der Heilige Geist nur teilweise ausgegossen. Die einzige Voraussetzung, von der Jesus hier spricht, ist, Ihn zu lieben und Sein Wort zu halten. Gott zögert nicht mit seiner Liebe, sondern kommt sofort und gießt sie aus in das Herz derer, die ihn lieben.

[…] denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist. (Römer 5,5)

Es passt nicht zu Gottes Wesen, dass er dem, der sich nach Ihm sehnt, nur einen Teil Seiner Liebe schenkt. Weiters ist der Heilige Geist Person und kann daher nicht wie Wasser portionsweise gegeben werden. Sein Wirken wird oft mit belebendem Wasser verglichen, das erfrischt und den Durst löscht. Wir können in solchen Stellen nie lesen, dass Gott zuerst ein bisschen Wasser und später das volle Ausmaß gibt. Wenn im Alten Testament die Ausgießung des Heiligen Geistes mit dem Bild des Wassers verheißen wird, werden immer Ausdrücke der Fülle verwendet: direkt in Jesaja 32,14–16; 44,1–5Joel 3,1; vergleiche weiters: Jes 43,19–20; 41,17–20; 35,7; 55,1–2; 58,11; Ezechiel 47,1–12.

Da der Heilige Geist Person ist, ist er entweder im Herzen eines Menschen gegenwärtig, oder er ist es nicht. Wenn er gegenwärtig ist, ist er es mit seinem ganzen Wesen und erfüllt so das Herz des Gläubigen.

Denn einst waren auch wir unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, dienten mancherlei Begierden und Lüsten, führten unser Leben in Bosheit und Neid, verhasst, einander hassend. Als aber die Güte und die Menschenliebe unseres Retter-Gottes erschien, rettete er uns, nicht aus Werken, die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hätten, sondern nach seiner Barmherzigkeit durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes3. Den hat er durch Jesus Christus, unseren Retter, reichlich über uns ausgegossen, damit wir, gerechtfertigt durch seine Gnade, Erben nach der Hoffnung des ewigen Lebens wurden. (Titus 3,3–7)

Der Zusammenhang, in dem Paulus hier schreibt, ist die Umkehr. Aus unserem früheren Ungehorsam hat uns Gott durch die Waschung der Wiedergeburt und die durch den Heiligen Geist gewirkte Erneuerung gerettet. Diesen Geist hat er reichlich über uns ausgegossen. Umkehr und den Empfang des reichlich (d. h. voll, da das Wort „reichlich“ bei Gott ja nicht meinen kann, dass er den Geist nur teilweise gibt) ausgegossenen Geistes können daher nicht als zwei unterschiedliche Ereignisse gedeutet werden, die zu verschiedenen Zeiten geschehen können.

Wenn jemand den Geist nicht reichlich empfangen hat, dann ist er nicht gewaschen und erneuert. Er hat die Geburt von oben nicht empfangen. Dann ist er auch nicht errettet, nicht gerecht gemacht und auch kein Erbe des ewigen Lebens (Vers 7).

In einer anderen Stelle verbindet Paulus den vollen Empfang des Heiligen Geistes damit, dass jemand ein Glied am Leib (der Gemeinde) ist.

Denn wie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl viele, ein Leib sind: so auch der Christus. Denn in einem Geist sind wir alle zu einem Leib getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt worden. (1 Korinther 12,12–13)

Jedes Glied der Gemeinde ist mit dem einen Geist getränkt worden. Der Ausdruck „Getränkt werden“ weist wieder in starker Weise auf die Fülle hin. Wie wir bereits gezeigt haben, kann sich der Geist als Person nur ganz und nicht teilweise geben. Wenn er jemanden tränkt, so tut er das völlig und gibt nicht zuerst einen kleinen Schluck und später stillt er den Durst ganz. Diese Lehre passt besser zur von östlichen Religionen vertretenen Vorstellung eines unpersönlichen Gottes und einer alles durchdringenden Energie, aber nicht zu dem persönlichen Gott, der sich durch die Schrift offenbart hat.

Wenn der Heilige Geist in zwei Stufen ausgegossen würde (zuerst teilweise, dann vollständig), gäbe es auch zwei Arten von Christen in der Gemeinde, je nach der Menge des empfangenen Geistes. Das ist aber nicht das Bild der Gemeinde, das uns in 1 Korinther 12 gezeigt wird. Im größeren Zusammenhang dieser Stelle sehen wir, dass für Paulus jeder Einzelne in der Gemeinde sehr wertvoll ist, weil derselbe Geist in ihm wohnt, durch den er Jesus als seinen Herrn bekennt und von dem er die Gaben empfangen hat: 1 Korinther 12,3–11.

Es gibt Unterschiede in den Gaben, in den Diensten und Wirkungen, aber Paulus spricht nicht über Unterschiede was die empfangene „Menge“ des Heiligen Geistes (teilweise oder völlig) betrifft, obwohl es sehr gut gepasst hätte, einen derartigen Unterschied in den Versen 4–6 zu erwähnen. Alle in den Versen 8–10 erwähnten Gaben weisen darauf hin, dass jemand mit dem Geist erfüllt ist — nicht nur die Zungenrede, die von den charismatisch/pfingstlerischen Gruppen als ein klares Zeichen der Geistestaufe betont wird.

Römer 8,1–17 schließt ein „fleischliches“ Christentum aus. Nach üblicher charismatischer Lehre werden nicht mit dem Geist getaufte „Christen“ „fleischliche Christen“ genannt.4. Die, die nach dem Fleisch leben, können Gott nicht gefallen und werden sterben. Christen sind vom Geist geführt und töten die Werke des Leibes. Vom Geist geleitet zu sein ist doch dasselbe wie von ihm erfüllt zu sein. Gott möchte seine Kinder von Anfang an an seinem ganzen Wesen Anteil nehmen lassen, um ihnen in ihren Kämpfen zu helfen. Warum sollte er das gerade am Anfang, wenn ein neugeborener Christ oft starke Kämpfe hat, nur teilweise tun? Er schenkt uns die Fülle, damit wir eine tiefe Beziehung zu ihm erfahren können, die uns zu einem aus dem Gehorsam kommenden siegreichen Leben befähigt.

Auch Paulus‘ eigenes Beispiel in Damaskus bezeugt, dass die Erfüllung mit dem Heiligen Geist nicht von der Bekehrung getrennt werden kann (Apostelgeschichte 9,17–18). Erwähnenswert ist, dass hier im Zusammenhang mit der Handauflegung durch Ananias weder von der Zungenrede (wie es die klassisch charismatische Theorie lehrt) noch von irgendeiner anderen sichtbaren Geistesgabe die Rede ist.

Auch in Apostelgeschichte 10,44–48im Fall von Kornelius — können wir sehen, dass bei der Bekehrung der Geist über ihn und sein Haus ausgegossen wurde — und das vor ihrer Taufe! (Nach klassisch charismatischer Lehre müsste die Reihenfolge lauten: Umkehr, Wassertaufe, Geistestaufe.)

Erfüllt vom Geist: Die Beziehung zum Heiligen Geist im Leben eines Christen

Bei der Bekehrung nimmt Gott durch den Heiligen Geist in uns Wohnung. Diese Beziehung zu Ihm kann entweder durch unseren Gehorsam (Entscheidungen für das Gute, Hingabe, Gebet) gestärkt oder aber durch unseren Ungehorsam auch geschwächt werden. Ausdrücke wie: „[…] sondern werdet voller Geist […]“ in Epheser 5,18, oder „Und betrübt nicht den Heiligen Geist Gottes, […]“ in Epheser 4,30 zeigen, dass es sehr von uns, unserem Gehorsam, abhängt, wie sehr der Heilige Geist in uns wirken kann. In Galater 5,25 drückt Paulus etwas Ähnliches aus: „Wenn wir durch den Geist leben, so lasst uns durch den Geist wandeln!“

In Apostelgeschichte 4,31 beteten die ersten Christen inständig und erfuhren eine große Stärkung in ihrem Glauben durch den Heiligen Geist:

[…] und sie wurden alle mit dem Heiligen Geist erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit.

Wir finden den Ausdruck „mit dem Heiligen Geist erfüllt sein“ auch in anderen Situationen in der Apostelgeschichte, wenn der Geist jemand in einer schwierigen Lage stärkte. Apostelgeschichte 4,5–10; 13,9–12. In solchen Fällen hat das „Erfüllt sein mit dem Heiligen Geist“ eine andere Bedeutung als z. B. in Apostelgeschichte 2,4 oder in anderen Stellen, wo jemand sich bekehrt und den Heiligen Geist empfängt (z. B.: Apostelgeschichte 9,17). Es ist nicht der Anfang der Beziehung zum Heiligen Geist gemeint, sondern eine Bestärkung und besondere Erfahrung Seiner Kraft und Hilfe.

Wenn wir lesen, dass ein Christ „voll des Geistes“ war, heißt das nicht, dass er — im Unterschied zu anderen Christen — die Geistestaufe empfangen hat, sondern dass durch seinen Gehorsam das Wirken des Heiligen Geistes in seinem Leben deutlich sichtbar werden konnte, wie es Apostelgeschichte 6,5 zeigt: „[…] und sie erwählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes“. Das heißt sicher nicht, dass die anderen sechs Brüder, im Gegensatz zu Stephanus, nicht mit dem Geist getauft waren.

Von Charismatikern falsch erklärte Stellen

Es gibt einige Stellen im Neuen Testament, die die meisten Charismatiker/Pfingstler als Argumente für ihre Lehre, dass Umkehr und Geistestaufe zeitlich voneinander getrennte Ereignisse sind5 verwendet werden. Im Lichte der obigen Gedanken ist es aber kein Problem, auch folgende Stellen richtig zu verstehen.

Nikodemus — über die Geburt aus Wasser und Geist

Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen. (Johannes 3,5)

Weil hier das Bindewort „und“ verwendet wird, geht man davon aus, dass es sich bei der Geburt „aus Wasser und Geist“ um zwei verschiedene Ereignisse handelt.

Wie wir schon in der Fußnote zu Titus 3 gezeigt haben, bilden zwei Ausdrücke, die mit einem „und“ verbunden sind, in der biblischen Sprache häufig einen Parallelismus. Beide Ausdrücke beziehen sich auf dasselbe Ereignis, betonen aber unterschiedliche Aspekte. Wie bereits oben erwähnt, ist Wasser im Alten Testament ein Bild für den Heiligen Geist, wie etwa in Jesaja 44,3–4:

Denn ich werde Wasser gießen auf das durstige und Bäche auf das trockene Land. Ich werde meinen Geist ausgießen auf deine Nachkommen und meinen Segen auf deine Sprösslinge. Und sie werden aufsprossen wie Schilf zwischen Wassern, wie Pappeln an Wasserläufen.

Das Ausgießen des Wassers auf durstiges Land und das Ausgießen des Geistes auf Israels Nachkommenschaft sind nicht zwei getrennte Ereignisse, sondern meinen dasselbe. Israel wird mit einem trockenen Land verglichen, dann aber nach dem Segen, d. h. nach der Geistausgießung (auch Segen und Geist stellen einen Parallelismus dar) werden die Nachkommen Israels mit Pappeln an Wasserläufen verglichen. So beschreibt auch die Stelle in Johannes 3 mit „aus Wasser und Geist geboren werden“ einfach die Erneuerung durch den Heiligen Geist.

In Ezechiel 36,22–38 finden wir ähnliche Ausdrücke, die noch deutlicher die Wiedergeburt oder Geburt von oben6 als ein Wirken Gottes beschreiben und sehr gut zu dem passen, was Jesus im Gespräch mit Nikodemus ausdrücken wollte (und auch von diesem als Lehrer Israels erwartete, dass er versteht, worum es geht).

Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von all euren Unreinheiten und von all euren Götzen werde ich euch reinigen. Und ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; und ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und ich werde meinen Geist in euer Inneres geben; und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut. (Ezechiel 36,25–27)

Im ganzen Zusammenhang von Johannes 3 spricht Jesus über Gottes Wirken am Menschen und nicht über das Handeln des Menschen, wie bei einem Taufritus (die „Geburt von oben“ setzt natürlich die Umkehr des Menschen voraus). Wenn Jesus in Johannes 3,5 die Wassertaufe gemeint hätte, warum spricht er von Vers 6 an nur noch über den Geist und erwähnt die Wassertaufe gar nicht mehr?

Wenn wir Wasser und Geist trennen, stehen wir vor einem ähnlichen Problem, wie wir es schon bei Titus 3 gesehen haben. Die Konsequenz wäre, dass die, die nur aus Wasser geboren wurden, das Reich Gottes nicht erben könnten und so auch nach ihrer Umkehr das himmlische Bürgerrecht nicht hätten, solange sie nicht mit dem Geist getauft worden sind.

Doch ist nach Philipper 3,20 unser Bürgerrecht in den Himmeln. Das gilt für jeden, der sich zu Jesus bekehrt hat.

Johannes 20,19–23: Empfangt Heiligen Geist! (Wie ist das vor Pfingsten möglich?)

Und als er dies gesagt hatte, hauchte er sie an und spricht zu ihnen: Empfangt Heiligen Geist! (Johannes 20,22)

Wie schon gezeigt, war der Weggang Jesu und seine Verherrlichung die Voraussetzung für die Sendung des Heiligen Geistes (Johannes 7,39 und 16,7). Nun war dies zur Zeit der in Johannes 20 erzählten Erscheinung des Auferstandenen noch nicht erfüllt, weil Jesus noch nicht aufgefahren und verherrlicht war. Deshalb müssen wir ausschließen, dass die Jünger in dieser Situation den Heiligen Geist empfingen. In Vers 22 bestätigt Jesus seine in den Abschiedsreden gegebene Verheißung, als er über die Sendung des Trösters sprach. Er wollte die Jünger, die sich über seine Erscheinung freuten, daran erinnern, dass er die Erde verlassen musste: Er würde sie aber nicht als Waisen zurücklassen, sondern ihnen den Heiligen Geist senden. Die Symbolhandlung des Anhauchens konnte ihnen helfen, die Verbindung zwischen Jesus und dem Heiligen Geist zu verstehen, den sie einige Zeit später empfangen würden (Apostelgeschichte 1,5).

Apostelgeschichte 2,37–39: Tut Buße und jeder lasse sich taufen und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen — Umkehr und Taufe ohne Geistempfang?

Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. (Apostelgeschichte 2,38)

Es gibt keinen Grund, aus dieser Stelle zu entnehmen, dass es sich bei Umkehr und Taufe einerseits und dem Empfangen des Heiligen Geistes andererseits um zwei zeitlich getrennte Ereignisse handelt. Wie sonst hätte Petrus zeigen können, dass die Umkehr eines Menschen von Gott dadurch beantwortet wird, dass er den Geist sofort gibt, was von den Aposteln durch die Wassertaufe bestätigt wird? Die Verse 42–47 zeigen, dass der Heilige Geist sofort danach in ihrem Leben Großes wirkte. Er füllte ihr Herz und wirkte große Wunder in und unter ihnen: tiefe Bruderliebe und Einheit.

Apostelgeschichte 8,5–24: Die Umkehr der Samariter — Wurde der Geist erst nachträglich ausgegossen?

Als die Apostel in Jerusalem gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen. Als diese hinabgekommen waren, beteten sie für sie, damit sie den Heiligen Geist empfangen möchten; denn er war noch auf keinen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. (Apostelgeschichte 8,14–16)

Die Mission unter den Samaritanern war ein geschichtliches Ereignis, das zeigte, dass nicht nur die Juden zum Reich Gottes eingeladen und dort willkommen waren. Wegen der jahrhundertelangen Feindschaft zwischen Samaritanern und Juden war es wichtig, dass Petrus und Johannes als Apostel und Säulen der Kirche hingingen, um die neu bekehrten Samaritaner zu begrüßen und ihnen auszudrücken, dass die ganze Kirche sie als neue Geschwister im Herrn annimmt. Aber wie sollen wir verstehen, dass „[…] der Heilige Geist noch auf keinen von ihnen gefallen war, sondern sie allein auf den Namen des Herrn Jesus getauft waren“? Aufgrund der bis jetzt erarbeiteten Gedanken können wir diesen Text sicher nicht so verstehen, dass er sagen will, dass sie nicht sofort nach ihrer Bekehrung mit dem Heiligen Geist erfüllt wurden.

Das „Fallen des Geistes auf sie“ muss hier wohl eine andere Bedeutung haben. Es bezieht sich auf ein kraftvolles, wunderbares Handeln des Geistes:7 ein klares Zeichen der Gegenwart des Geistes in ihrem Leben, das sie vor der Ankunft von Petrus und Johannes noch nicht erfahren hatten. Es musste etwas Sichtbares sein, wie auch durch Vers 18 ersichtlich wird: „Als aber Simon sah, dass durch das Auflegen der Hände der Apostel der Geist gegeben wurde, […]“ So müssen wir auch Vers 17 verstehen: „[…] sie empfingen den Heiligen Geist“. Sie empfingen also die Gaben des Heiligen Geistes, vermutlich die Zungenrede. Dies war eine Bestätigung dafür, dass Gott in ihrem Leben wirkt, aber nicht der Zeitpunkt, zu dem der Geist in ihr Herz ausgegossen wurde. Die Tatsache, dass es durch Petrus und Johannes geschah und nicht durch Philippus bei der Bekehrung, kann durch die oben erwähnte Ausnahmesituation der Samaritaner erklärt werden. Es war wichtig, dass ihre Annahme von der Kirche durch die Apostel bestätigt wurde.8

Apostelgeschichte 19,1–7: Die zwölf Johannesjünger

Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig geworden seid? Sie aber sprachen zu ihm: Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist überhaupt da ist. (Apostelgeschichte 19,2)

Diese Jünger waren mit der Taufe des Johannes getauft worden, d. h., dass sie Johannesjünger waren, seiner Lehre anhingen, aber weder über die Lehren Jesu noch über die Ausgießung des Heiligen Geistes Bescheid wussten. Darum können wir sie nicht als Christen sehen. Es ist anzunehmen, dass sie aus Kleinasien kamen, über Johannes den Täufer hörten, von ihren Sünden umkehrten und ein gemäß ihrer Erkenntnis rechtschaffenes Leben führten. Deshalb werden sie in Vers 1 als Jünger bezeichnet, und in Vers 2 nennt Paulus sie Gläubige. Sie scheinen auch in Gemeinschaft miteinander gelebt zu haben. Sie haben das Christentum erst durch Paulus kennengelernt und sofort angenommen. Sie drückten ihre Entscheidung zur Nachfolge durch die Taufe aus und empfingen den Heiligen Geist sofort. Als Paulus ihnen die Hände auflegte, was wohl im Zusammenhang mit der Taufe geschah, wurden ihnen auch die Gaben des Geistes zuteil: Zungenrede und Prophetie.

Apostelgeschichte 18,23–28: Apollos

Dieser war im Weg des Herrn unterwiesen, und, brennend im Geist, redete und lehrte er sorgfältig die Dinge von Jesus, obwohl er nur die Taufe des Johannes kannte. (Apostelgeschichte 18,25)

Obwohl wir auch über Apollos lesen, dass er nur die Johannestaufe kannte, unterscheidet er sich in mancher Hinsicht von den zwölf Johannesjüngern in Apostelgeschichte 19:

• Er war im Weg des Herrn unterwiesen.

• Er war brennend im Geist (In Römer 12,11 finden wir als einzige Parallele im Neuen Testament demselben Ausdruck: Es geht sicher um Christen).

• Er redete und lehrte sorgfältig die Dinge von Jesus.

• Er fing an, freimütig in der Synagoge zu reden.

• Als Priscilla und Aquila ihn hörten, legten sie ihm den Weg Gottes genauer aus.

• Er wurde von Aquila und Priscilla nicht getauft:

Diese Unterschiede zeigen auf, dass Apollos geistlich auf einer völlig anderen Ebene stand, als die zwölf Johannesjünger in Ephesus. Obwohl es Dinge gab, die er über Jesus und seine Lehre nicht wusste, beurteilten ihn Aquila und Priscilla als einen Bruder in Christus, weshalb sie ihn nicht tauften, sondern ihm nur die Dinge erklärten, die noch fehlten.

Hebräer 6,1 ‑2: Waschungen, als eine der grundlegenden Lehren über Jesus

Deshalb wollen wir das Wort vom Anfang des Christus lassen und uns der vollen Reife zuwenden und nicht wieder einen Grund legen mit der Buße von toten Werken und dem Glauben an Gott, der Lehre von Waschungen und der Handauflegung, der Totenauferstehung und dem ewigen Gericht. (Hebräer 6,1–2)

Waschungen (griechisch: „baptisma“, Plural von „baptismos“) sind im selben Brief auch in 9,10 als „verschiedene Waschungen“ erwähnt. Dort beziehen sich die Waschungen auf rituelle Waschungen nach dem mosaischen Gesetz. Das Ziel des Hebräerbriefes ist es, die Judenchristen zu ermuntern, nicht ins Judentum zurückzufallen und die Unterschiede im Glauben zwischen Altem und Neuen Testament herauszustreichen.

Deshalb legt sich nahe, die „Lehren über Waschungen“ folgendermaßen zu verstehen: Die durch Jesus gebotene Taufe muss klar von den zeremoniellen Waschungen des mosaischen Gesetzes und anderen Waschungen, die den Juden des ersten Jahrhunderts bekannt waren, wie der Proselytentaufe oder der Johannestaufe, unterschieden werden. Es geht hier um eine grundlegende Lehre, die die Empfänger des Briefes verstanden, als sie Christen wurden und woran sie der Autor des Briefes erinnern will. Dieses Verständnis entspricht nicht der von manchen Charismatikern vertretenen Theorie, nach der die hier genannten Waschungen die Wassertaufe und die Geistestaufe meinen, aber passt gut zum Thema und zur Lehre des Hebräerbriefes.

Lukas 11,5–13

Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater, der vom Himmel gibt, den Heiligen Geist geben denen, die ihn bitten! (Lukas 11,13)

Aufgrund dieser Stelle organisieren Charismatiker und Pfingstler spezielle Treffen, bei denen sie „Gott um den Heiligen Geist bitten“. Doch weder der Zusammenhang noch der griechische Urtext unterstützt dieses Verständnis. Der griechische Text sagt nur: „die ihn bitten“, und nicht: „die ihn um den Heiligen Geist bitten.“ Im Zusammenhang geht es darum, dass Jesus seine Jünger beten lehrt. Als Ermunterung spricht er davon, wie Gott unser Gebet annimmt. In der Parallelstelle in Matthäus 7,11 steht anstelle von „Heiliger Geist“ „gute Dinge“. Jesus will damit sagen, dass wir uns zu Gott als dem liebenden Vater wenden können, wenn wir Hilfe brauchen und wenn das, worum wir ihn bitten, seinem Willen entspricht. (1 Johannes 5,14). Im Lukasevangelium will Jesus noch herausstreichen, dass das Beste, das Gott denen, die ihn bitten, gibt, der Heilige Geist ist. Alle weiteren guten Dinge, die Gott gibt, gibt er durch die Gemeinschaft, Führung und Stärkung des Geistes.Die erste Erfüllung dieser Verheißung war zu Pfingsten, als die Jünger Jesu den Heiligen Geist empfingen.

Zusammenfassung

Das Leben eines Christen fängt mit der Entscheidung an, sich von der Sünde abzuwenden und Jesus nachzufolgen. Gottes Antwort auf diese Entscheidung ist eine sofortige und reichliche Ausgießung des Geistes in das Herz des Neubekehrten, damit er erfahren kann, dass Gott ihn als sein Kind angenommen hat. Durch den Geist kann er Gottes Liebe, Frieden und Kraft im Kampf gegen Sünde erfahren.

Der Heilige Geist erfüllt sein Herz, damit er seine Geschwister und andere, die Gott noch nicht kennen, lieben kann. Er hilft ihm, die gesunde Lehre über Jesus zu verstehen und mit anderen Christen zur Einheit zu gelangen. Kein Christ muss auf die Geistestaufe nach seiner Umkehr warten. Er ist schon Gottes geliebtes Kind, dem Er die Fülle schenken will.

So viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; die nicht aus Geblüt, auch nicht aus dem Willen des Fleisches, auch nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. — […] — Denn aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. (Johannes 1,12–16)

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Footnotes
  1. Sie stimmen auch zu, dass in Einzelfällen diese beiden Ereignisse gleichzeitig geschehen können, oder auch, dass die Taufe mit dem Heiligen Geist der Wassertaufe vorangehen kann. Doch werden solche Fälle als Ausnahmen betrachtet, und es wird behauptet, dass im Normalfall nach der Bekehrung und der Wassertaufe einige Zeit bis zur Taufe mit dem Heiligen Geist verstreicht. Das Zeichen dieser Geistestaufe ist normalerweise die Gabe der Zungenrede. Wir wollen in diesem Text die am weitesten verbreiteten Lehre über die Geistestaufe widerlegen, sind uns aber dessen bewusst, dass nicht alle Pfingstler und Charismatiker in diesem Punkt gleich denken. 
  2. Auf diese Weise wollte Gott sein dreieines Wesen offenbaren. Zuerst macht er seinen Sohn, der in Jesus Fleisch geworden ist, bekannt. Dann sendet er den Heiligen Geist erst nach Jesu Weggang. Das sollte den Menschen helfen, zu verstehen, dass der Heilige Geist eine eigene „Person“ in der Dreieinigkeit ist. Wir sehen aber besonders durch Johannes 14, dass das Wirken der drei „Personen“ nicht getrennt werden kann. Mehr darüber ist in unserem Thema über Dreieinigkeit nachzulesen. 
  3. Obwohl Wiedergeburt und Erneuerung mit einem „und“ verbunden sind, beziehen sie sich auf denselben Inhalt und betonen verschiedene Aspekte. Es handelt sich dabei um einen Parallelismus, ein in der Bibel oft vorkommendes Stilmittel. Hier handelt es sich um einen „ergänzenden Parallelismus“, wie er auch in Psalm 46,1 zu finden ist: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, als Beistand in Nöten reichlich gefunden.“ Der zweite Teil ergänzt den ersten. 
  4. Die Möglichkeit eines „fleischlichen“ Christentums beruht üblicherweise auf einer falschen Deutung von 1 Korinther 3,1–4. Paulus bezeichnet die Korinther als fleischlich, da es Eifersucht und Streit, also Werke des Fleisches, unter ihnen gibt. Nach Galater 5,19–21 werden die, die solches tun, das Reich Gottes nicht erben. Auch die Korinther mussten von solchen Sünden umkehren. Die Ursache ihrer Fleischlichkeit liegt nicht am Fehlen einer Geistestaufe, sondern am Ungehorsam. Deshalb besteht die Lösung nicht in der Bitte um die Geistestaufe, sondern im Kampf gegen die Sünden. (Galater 5,13–15; 1 Korinther 3,16–18). 
  5. Charismatiker und Pfingstler sind sich in diesem Punkt nicht einig. Manche lehren, dass jemand, der sich bekehrt, ein bisschen Geist erhält und später dann die Fülle. Andere behaupten, dass man bei der Bekehrung den Heiligen Geist überhaupt nicht empfängt und dies erst später bei der Geistestaufe geschieht. In beiden Lehren werden natürlich Ausnahmen zugelassen. 
  6. Der griechische Ausdruck γενναω ανωθεν [gennao anothen] kann sowohl „von Neuem geboren werden“ oder „von oben geboren werden“ meinen (vgl. die Bedeutung von „anothen“ in Johannes 19,11.23). 
  7. Wir finden einen ähnlichen Ausdruck in Lukas 1,35: „Und der Engel antwortete und sprach zu ihr (Maria). Der Heilige Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“ Hier meint das Kommen des Geistes über Maria sein machtvolles Wirken bei der Zeugung Jesu in der Jungfrau Maria bezogen. 
  8. In dieser Situation und auch später bei der Bekehrung von Kornelius, können wir die spezielle Anwendung der Schlüsselgewalt sehen, die Jesus Petrus anvertraut hatte (Matthäus 16,19). In den Kapiteln 2, 8 und 10 der Apostelgeschichte berichtet Lukas Schritt für Schritt über die Ausbreitung des Christentums: Juden aus der Zerstreuung (Diaspora), Samaritaner und Heiden.