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Derzeit bewegt der „Aufruf zum Ungehorsam“ einer katholischen Pfarrer-Initiative die Gemüter vieler religiöser Menschen in diesem Land. Wir als Christen, die keiner der offiziellen Kirchen oder Religionsgemeinschaften angehören, wollen die Forderungen dieser Pfarrer-Initiative im Lichte der Bibel betrachten.
Wir zitieren die einzelnen Punkte dieses „Aufrufs zum Ungehorsam“, um daran anschließend unsere Gedanken dazu zu äußern. Da manche unserer Aussagen knapp formuliert wurden, stehen wir für Fragen natürlich gerne zur Verfügung. Vor allem aber wollen wir alle Leser ermuntern, selbst zur Bibel zu greifen, und mit einem offenen Herzen zu fragen, wie Christentum und Kirche nach dem Willen Jesu aussehen soll.
Die sieben Punkte der Pfarrer-Initiative
1. „WIR WERDEN in Zukunft in jedem Gottesdienst eine Fürbitte um Kirchenreform sprechen. Wir nehmen das Bibelwort ernst: Bittet, und ihr werdet empfangen. Vor Gott gilt Redefreiheit.“
Im Neuen Testament wird unser Leben als Gottesdienst bezeichnet, nicht einzelne Gemeindeversammlungen:
Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. 2 Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, dass ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. (Römer 12,1–2)
So ist unser Gebet auch nicht auf besondere Liturgien beschränkt, sondern bestimmt unser Leben:
Betet unablässig! (1 Thessalonicher 5,17)
Das Gebet beinhaltet auch die Bitte um „Kirchenreform“, insofern, als jeder von uns, der ein Glied der Kirche ist, auch im Gebet um die Heiligung seines eigenen Lebens als auch um die Heiligung seiner Geschwister ringt.
Da die Kirche nach dem Neuen Testament nicht eine anonyme Organisation ist, in die man hineingeboren wird, sondern ein lebendiger Organismus von Menschen, die Jesus Christus bewusst durch ein Leben der Heiligung nachfolgen, sind die heute bestehenden „Volkskirchen“ nicht als Kirchen im Sinne des Neuen Testaments zu betrachten, und können daher auch nicht Gegenstand einer gottgewollten Kirchenreform sein.
Mehr dazu in folgenden Abhandlungen:
„Seid heilig, denn ich bin heilig!“
Die Kirche als sichtbare Gemeinschaft
Dienste in der Gemeinde
2. „WIR WERDEN gutwilligen Gläubigen grundsätzlich die Eucharistie nicht verweigern. Das gilt besonders für Geschieden-Wiederverheiratete, für Mitglieder anderer christlicher Kirchen und fallweise auch für Ausgetretene.“
Die Eucharistie, das Brotbrechen oder das Mahl des Herrn ist nicht eine Angelegenheit, die ein „Priester“ zu verwalten hat, sondern eine Feier der in den Häusern versammelten Gemeinde, die wie zur Zeit der Apostel gemeinsam das Brot bricht (vergleiche Apostelgeschichte 2,46). Es ist daher auch nicht die Aufgabe eines „Priesters“, die Eucharistie zu spenden oder zu verweigern. Vielmehr ist es die Aufgabe der Gemeinde, darauf zu achten, dass nur Menschen, die das Geschenk der Erlösung in Jesus Christus in ihrem Leben angenommen haben und als Erlöste im Sieg über Sünde leben, zur Gemeinde gehören. Alle, die als Erlöste leben, feiern dieses Geschenk Gottes im Mahl des Herrn.
Wer Gottes Wirken in seinem Leben behindert und sich von der Sünde auch nach wiederholter geschwisterlicher Ermahnung nicht trennt, zeigt dadurch, dass er in der Gemeinde Gottes, und daher auch am Tisch des Herrn, keinen Platz hat.
Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein! Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen. 16 Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt werde! 17 Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde; wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie der Heide und der Zöllner! 18 Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr etwas auf der Erde bindet, wird es im Himmel gebunden sein, und wenn ihr etwas auf der Erde löst, wird es im Himmel gelöst sein. (Matthäus 18,15–18)
Wer also unwürdig das Brot isst oder den Kelch des Herrn trinkt, wird des Leibes und Blutes des Herrn schuldig sein. 28 Der Mensch aber prüfe sich selbst, und so esse er von dem Brot und trinke von dem Kelch. 29 Denn wer isst und trinkt, isst und trinkt sich selbst Gericht, wenn er den Leib des Herrn nicht richtig beurteilt. (1 Korinther 11,27–29)
Als Christen nehmen wir auch das Wort Jesu über die Verpflichtung zur ehelichen Treue bis zum Tod ernst (Markus 10,1–12). Wir wissen, dass Gott auch Menschen, die durch die Schuld des Ehepartners getrennt sind, die Kraft zu einem Leben in Enthaltsamkeit schenkt, vor allem auch durch die Hilfe, die die tägliche Gemeinschaft mit Brüdern und Schwestern im Herrn schenkt. Deswegen sehen wir auch die Wiederheirat nach einer Ehescheidung nicht als gottgewollte Lösung an. Siehe dazu auch: Ehe und Ehelosigkeit im Lichte der Bibel, Was sagt die Bibel zur Ehescheidung?
3. „WIR WERDEN möglichst vermeiden, an Sonn- und Feiertagen mehrfach zu zelebrieren, oder durchreisende und ortsfremde Priester einzusetzen. Besser ein selbstgestalteter Wortgottesdienst als liturgische Gastspielreisen.“
Wie bereits beim ersten Punkt erwähnt, ist unser Gottesdienst das tägliche Leben. Unsere täglichen Treffen laufen nicht nach liturgischen Gesichtspunkten ab, sondern jeder Bruder und jede Schwester bringt sich ganz ein.
Was ist nun, Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Offenbarung, hat eine Sprachenrede, hat eine Auslegung; alles geschehe zur Erbauung. (1 Korinther 14,26)
Unter Christen wird nicht zelebriert, sondern:
Wie jeder eine Gnadengabe empfangen hat, so dient damit einander als gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes! (1 Petrus 4,10)
Ferner wollen wir nach dem Zeugnis des Neuen Testaments daran festhalten, dass das Neue Testament kein Amtspriestertum kennt, sondern nur das Priestertum aller Gläubigen:
Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden dessen verkündigt, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat. (1 Petrus 2,9)
4. „WIR WERDEN künftig einen Wortgottesdienst mit Kommunionspendung als „priesterlose Eucharistiefeier“ ansehen und auch so nennen. So erfüllen wir die Sonntagspflicht in priesterarmer Zeit.“
Da es nach dem Zeugnis des Neuen Testaments keine Priester gibt, ist jede Gemeindeversammlung „priesterlos“, oder auch „priesterreich“, weil jeder, der sein Leben in den Dienst Gottes gestellt hat, d. h. jeder Christ, zum königlichen Priestertum gehört. Unter Christen wird nicht die „Kommunion gespendet“, sondern wir brechen das Brot gemeinsam.
5. „WIR WERDEN auch das Predigtverbot für kompetent ausgebildete Laien und Religionslehrerinnen missachten. Es ist gerade in schwerer Zeit notwendig, das Wort Gottes zu verkünden.“
Nach dem Zeugnis des Neuen Testaments gibt es keine Predigt innerhalb der Gemeindeversammlung. Alle Predigten, die wir im Neuen Testament finden, dienen der Verkündigung an Menschen, die zum Glauben an Jesus Christus geführt werden sollen. In den Gemeindeversammlungen ist jeder Christ berechtigt und verpflichtet, sich ganz einzubringen, zum Aufbau seiner Brüder und Schwestern beizutragen.
6. „WIR WERDEN uns dafür einsetzen, dass jede Pfarre einen eigenen Vorsteher hat: Mann oder Frau, verheiratet oder unverheiratet, hauptamtlich oder nebenamtlich. Das aber nicht durch Pfarrzusammenlegungen, sondern durch ein neues Priesterbild.“
Die Gemeinden des Neuen Testaments kannten nicht „einen“ Vorsteher. Die Gemeinde ist der Leib Christi, an dem jedes Glied – ob Bruder oder Schwester – sich ganz einbringt. Das Neue Testament kennt „Älteste“ und „Vorsteher“, aber immer mehrere pro Gemeinde.
Siehe dazu: Dienste in der Gemeinde
7. „WIR WERDEN deshalb jede Gelegenheit nützen, uns öffentlich für die Zulassung von Frauen und Verheirateten zum Priesteramt auszusprechen. Wir sehen in ihnen willkommene Kolleginnen und Kollegen im Amt der Seelsorge.“
Da das Neue Testament kein Priesteramt kennt, erübrigt sich diese Frage. In einer biblischen Gemeinde lebt die Gemeinde von der Hingabe aller Geschwister, unabhängig davon, ob Mann oder Frau, ob ledig oder verheiratet.
Aufruf zum Gehorsam
Die „Zeichen“ der „Pfarrer-Initiative“ greifen zu kurz, da sie nur darauf angelegt sind, ein bestehendes hierarchisches System, dessen Existenz auf dem Ungehorsam gegen Gottes Wort aufbaut, zu reformieren. Reformiert werden kann aber nur, was grundsätzlich noch dem Willen Gottes entspricht.
Wir teilen die Erkenntnis, die Petrus und die übrigen Apostel klar ausgedrückt haben:
Petrus und die Apostel aber antworteten und sprachen: Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen. (Apostelgeschichte 5,29)
Dieser Gehorsam Gott gegenüber führt dazu, dass Gott seine Kirche bauen kann, mit Menschen, die Ihn und einander lieben, die einander höher achten als sich selbst, wo nicht geherrscht, sondern gedient wird.
Dazu möchten wir alle Menschen einladen.
Da ihr eure Seelen durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe gereinigt habt, so liebt einander anhaltend, aus reinem Herzen! (1 Petrus 1,22)