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In diesem Text möchten wir darüber schreiben, wie Gott sich die Beziehung zwischen Mann und Frau gedacht hat, und stellen es dem entarteten Gebrauch der Sexualität in der heutigen Zeit gegenüber. Wir möchten auf den Wert der Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen aufmerksam machen und zeigen, was die Bibel über das Miteinander von verheirateten und unverheirateten Menschen in der christlichen Gemeinde auf Grundlage der Bruderliebe sagt, die die Liebe zwischen Mann und Frau übersteigt.
Inhaltsverzeichnis
Einführende Gedanken
Im folgenden Text möchten wir ein Thema aufgreifen, das für das persönliche Leben eines Menschen von weitreichender Bedeutung ist. Für fast alle Menschen ist es selbstverständlich, eine Partnerschaft einzugehen oder eingehen zu wollen. Oftmals sind daran große Erwartungen geknüpft. Dementsprechend sind auch Enttäuschungen nicht selten und ziehen viele Menschen in tiefe Lebenskrisen, auch in religiösen Kreisen.
Im Unterschied dazu gibt es fast niemanden, der sich freiwillig und bewusst dafür entscheidet, auf Partnerschaft, Sexualität und Familienleben zu verzichten und sein Leben einem anderen Ziel zu widmen. Dem Neuen Testament allerdings ist dieser Gedanke nicht fremd. Jesus und Paulus sprechen davon. Auch aus den Schriften des frühen Christentums wissen wir, dass es nicht selten war, dass Menschen um Gottes willen die Entscheidung zur Ehelosigkeit getroffen haben.
Wir haben uns Gedanken gemacht, welchen Wert, welche Bedeutung sowohl die Ehe als auch die Ehelosigkeit in den Augen Gottes haben, und was die Bibel dazu sagt. Wir richten uns insbesondere an Leser mit christlichem Hintergrund, da wir das Bewusstsein dafür wecken möchten, dass die Heilige Schrift nicht nur von Ehe spricht, sondern auch der Wert der Ehelosigkeit um des Reiches Gottes willen eine leider oft überlesene Realität in der Bibel ist.
Wir wollen an dieser Stelle klarstellen, dass die Entscheidung eines Christen zur Ehelosigkeit nicht mit dem katholischen Zölibat verwechselt werden darf, zu dem sich Priester und Ordensleute verpflichten und der von der römisch-katholischen Kirche als Voraussetzung für die Ausübung einer dieser sogenannten geistlichen Berufe unbedingt gefordert wird. Mehr dazu später im Text.
Wir sind uns dessen bewusst, dass dieses Thema sehr umfassend ist und wir uns nur auf das Wesentliche beschränken können. Über tiefer gehendes Interesse freuen wir uns und möchten gern Gedanken, die wir hier nur anschneiden konnten, im persönlichen Kontakt genauer erklären.
Ein Leben in der Nachfolge Jesu
Jesus hat Menschen verschiedenen Standes in seine Nachfolge gerufen. Von Petrus z. B. wissen wir, dass er verheiratet war (Markus 1,29–31). Andere, wie vermutlich der Apostel Johannes, waren noch jung und daher ledig, als Jesus sie rief.
Ganz gleich, wie die persönliche Situation des Einzelnen war, an alle hat Jesus den gleichen Anspruch gestellt:
Es gingen aber große Volksmengen mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: Wenn jemand zu mir kommt und hasst1 nicht seinen Vater und die Mutter und die Frau und die Kinder und die Brüder und die Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht mein Jünger sein; und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, kann nicht mein Jünger sein […] So kann nun keiner von euch, der nicht allem entsagt, was er hat, mein Jünger sein. (Lukas 14,25–27.33)
Lukas schließt diese Worte Jesu an das Gleichnis vom großen Gastmahl an:
Er (Jesus) aber sprach zu ihm: Ein Mensch machte ein großes Gastmahl und lud viele ein. Und er sandte seinen Knecht zur Stunde des Gastmahls, um den Eingeladenen zu sagen: Kommt! Denn schon ist alles bereit. Und sie fingen alle ohne Ausnahme an, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muss unbedingt hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe hin, sie zu erproben; ich bitte dich, halte mich für entschuldigt. Und ein anderer sprach: Ich habe eine Frau geheiratet, und darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam herbei und berichtete dies seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und bringe die Armen und Krüppel und Blinden und Lahmen hier herein! Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, wie du befohlen hast, und es ist noch Raum. Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Wege und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, dass mein Haus voll werde! Denn ich sage euch, dass nicht einer jener Männer, die eingeladen waren, mein Gastmahl schmecken wird. (Lukas 14,16–24)
Jesus führt verschiedene Beispiele dafür an, warum Menschen nicht bereit sind, Gottes Einladung zu folgen. Auch die Heirat, die partnerschaftliche Beziehung, wird hier mit genannt. Jesus zeigt, dass selbst Ehe und Familie der Nachfolge untergeordnet werden müssen.
Die Apostel sind während der Zeit des öffentlichen Wirkens Jesu mit ihm umhergezogen. Von Anfang an lernten sie am Vorbild des Lebens ihres Meisters die Bereitschaft, ihr privates Leben hinter den Dienst für das Reich Gottes zurückzustellen. Ohne diese Bereitschaft wären sie der Nachfolge Jesu nicht würdig gewesen. Wir können von ihnen die richtigen Prioritäten lernen: Das Wichtigste im Leben ist Gott und die Dinge, die Gottes Reich betreffen, die von ewigem Wert sind. Alles andere, Ehe, Familie, Berufsleben, gehört zu dieser vergänglichen Welt. Auch wenn diese Dinge an sich gut sind, machen sie doch nicht das Leben aus, sondern sollen ihren untergeordneten Platz einnehmen, weil sie nicht von ewiger Dauer sind.
Auch aus einer Auseinandersetzung Jesu mit den Sadduzäern wird das deutlich:
An jenem Tag kamen Sadduzäer zu ihm, die da sagen, es gebe keine Auferstehung; und sie fragten ihn und sprachen: Lehrer, Mose hat gesagt: Wenn jemand stirbt und keine Kinder hat, so soll sein Bruder seine Frau heiraten und soll seinem Bruder Nachkommenschaft erwecken. Es waren aber bei uns sieben Brüder. Und der erste verheiratete sich und starb; und weil er keinen Nachkommen hatte, hinterließ er seine Frau seinem Bruder. Ebenso auch der zweite und der dritte, bis auf den siebten. Zuletzt aber von allen starb auch die Frau. Wessen Frau von den sieben wird sie nun in der Auferstehung sein? Denn alle hatten sie. Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: Ihr irrt, weil ihr die Schriften nicht kennt, noch die Kraft Gottes; denn in der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sie sind wie Engel Gottes im Himmel. Was aber die Auferstehung der Toten betrifft: Habt ihr nicht gelesen, was zu euch geredet ist von Gott, der da spricht: „Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden.“ (Matthäus 22,23–32)
Offensichtlich gibt es im Himmel keine besondere Beziehung zwischen Ehepartnern, sonst hätte Jesus den Sadduzäern in ihrem „Problem“ recht geben müssen.
Wenn also die Ehe eine Einrichtung nur für diese Welt ist, dürfen wir darin nicht unser Lebensglück suchen. Es gibt ein viel höheres Ziel — das der ewigen Gemeinschaft mit Gott. Dort spielt die eheliche Beziehung keine Rolle mehr. Die Liebe zu Gott erfüllt die Beziehungen zu allen Menschen, mit denen man in der Ewigkeit Gemeinschaft hat, in gleicher Weise. Zu diesem Ziel kann ich gelangen, wenn ich Gott mehr als alles sonst liebe, wenn nichts und niemand mich davon abhalten kann, Jesus nachzufolgen und seinen Geboten gehorsam zu sein.
Ausführliche Gedanken dazu findest du in den Themen „Gottes Liebe ruft uns zur Umkehr“ und „Was heißt Christsein?“
„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei …“ – Gedanken zu Ehe und Sexualität
In der Schöpfungsgeschichte lesen wir:
Und Gott, der HERR, sprach: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht […] und Gott, der HERR, baute die Rippe, die er von dem Menschen genommen hatte, zu einer Frau, und er brachte sie zum Menschen. Da sagte der Mensch: Diese endlich ist Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch; diese soll Männin heißen, denn vom Mann ist sie genommen. Darum wird ein Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und sie werden zu einem Fleisch werden. Und sie waren beide nackt, der Mensch und seine Frau, und sie schämten sich nicht. (Genesis 2,18.21–25)
Gott schuf die Frau als Helferin des Mannes. Beide sollen sich gegenseitig stützen und ergänzen in allen Bereichen des Lebens. Wenn sie die Ehe miteinander eingehen, so werden sie “ein Fleisch”, d. h., dass vor Gott eine in dieser Welt unauflösliche Bindung entsteht. Sie haben sich einander tief anvertraut, was sie zur gegenseitigen Treue verpflichtet.
Das Vertrauen, das Menschen durch eine Eheschließung einander entgegen bringen, ist verbunden mit einer großen gemeinsamen Verantwortung. Sie besteht im Teilhaben an der Schöpfung durch das Zeugen von Nachkommen und in der Erziehung der Kinder zur Liebe zu Gott und zur Ehrfurcht vor Ihm und seinen Ordnungen.
„Ein Fleisch“ kann man nicht mehr trennen. Auch wenn es im Alten Testament Beispiele für Polygamie gibt, zeigt der Ausdruck „ein Fleisch“ doch, dass in diesen Fällen der ursprüngliche Schöpfungsplan Gottes verlassen wurde und die Einehe das ist, was dem Willen Gottes entspricht. Ein Mann kann nicht mehrmals Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen. Ehepartner sollen einander treu sein, bis dass der Tod sie scheidet.
Auch wenn es Situationen geben kann, wo eine Trennung von Ehepartnern unumgänglich ist, heißt das doch nicht, dass der Ehebund, dieses „Ein-Fleisch-Sein“, aufgelöst wird und eine neue Eheschließung möglich ist. Nur wenn einer der Ehepartner stirbt, ist der andere frei, wieder zu heiraten.
Wir wollen an dieser Stelle nicht noch genauer darauf eingehen. Zur Frage der Ehescheidung findest du ein eigenes ausführliches Thema auf dieser Website.
Weiter lesen wir in der Erzählung vom Sündenfall:
Und die Frau sah, dass der Baum gut zur Speise und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Mann bei ihr, und er aß. Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schurze. […] Und Gott, der HERR, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du? Da sagte er: Ich hörte deine Stimme im Garten, und ich fürchtete mich, weil ich nackt bin, und ich versteckte mich. Und er sprach: Wer hat dir erzählt, dass du nackt bist? Hast du etwa von dem Baum gegessen, von dem ich dir geboten habe, du solltest nicht davon essen? Da sagte der Mensch: Die Frau, die du mir zur Seite gegeben hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß. Und Gott, der HERR, sprach zur Frau: Was hast du da getan! Und die Frau sagte: Die Schlange hat mich getäuscht, da aß ich. […] Zu der Frau sprach er (Gott): Ich werde sehr vermehren die Mühsal deiner Schwangerschaft, mit Schmerzen sollst du Kinder gebären! Nach deinem Mann wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen! (Genesis 3,6–7.9–12.16)
Durch den Sündenfall hat sich vieles in dieser Welt zum Schlechten verändert. Der Mensch hat Gott den Rücken zugewandt. Er hat die vertrauensvolle Liebesbeziehung zu seinem Schöpfer aufgegeben, was auch für die Beziehung der Geschlechter eine fundamentale Veränderung mit sich brachte. Wir lesen, dass Adam und seiner Frau die Augen aufgetan wurden und sie erkannten, dass sie nackt waren. Vorher schämten sie sich voreinander nicht, jetzt suchen sie ihr Nacktsein zu bedecken. Die reine, natürliche und ungetrübte Beziehung, die Gott dem Menschen und seiner Frau zugedacht hatte, war zerstört.
Die Frau sucht sich nunmehr am Mann anzulehnen und bei ihm Sicherheit zu finden, da ihr die ursprüngliche Geborgenheit in Gott verloren gegangen ist. Der Mann, der Gott als Haupt und Herrscher über sich abgelehnt hat, verändert seine Haltung gegenüber der Frau von der des brüderlich fürsorgenden Beschützers zu der eines Herrschers.
In der uns umgebenden Welt sehen wir, dass der Bereich der Beziehung zwischen den Geschlechtern ein starkes Potenzial an Versuchungen und Sünden in sich trägt. Gerade der Bereich des Sexuellen bringt viel Leid, Entartung und Zerrüttung in das Leben der Menschen. Auch wenn aus der gesamten Menschheitsgeschichte solche Sünden hinreichend bekannt sind, hat doch der Missbrauch der Sexualität wohl zu keiner Zeit ein derartiges Ausmaß erreicht wie heute. Ein Beispiel nur: Statistisch gesehen ist ein Drittel der gesamten transportierten Datenmenge im Internet pornografischen Inhalts und jeder vierte Eintrag bei Google eine Suche nach pornografischen Websites …2 Und was dort zu finden ist, ist unvorstellbar widerwärtig.
Wie verdorben muss der Charakter eines Menschen sein, wenn er an so etwas Gefallen findet, anstatt sich angewidert davon abzuwenden. Wie wenig Empfinden haben Menschen heute dafür, dass das gar nichts mit Liebe zu tun hat, sondern Ausdruck tiefster Entwürdigung des Menschen ist.
Leider begeben sich die meisten jungen Menschen oft schon sehr früh in derartige Sünden hinein und werden davon versklavt. Das geht einher mit einer Abstumpfung des Gewissens und dem Verlust der Achtung gegenüber dem Menschen des anderen Geschlechts. Es zerstört das Empfinden für Treue und die Fähigkeit zur reinen, selbstlosen Liebe, wovon wechselnde Partnerschaften, Ehescheidungen, „Patchwork“-Familien, die zum Alltagsbild unserer Gesellschaft gehören, zeugen. Wo Sexualität zur Selbst-Befriedigung missbraucht wird oder der andere zum Objekt wird, das der Befriedigung meiner Begierden dient, herrscht eine hässliche und für Charakter und Gewissen besonders folgenschwere Form des Egoismus. Und weil diese Selbstsucht dem Menschen niemals das geben kann, was ihn erfüllt, setzt es sich fort in solch perversen Formen wie sexueller Gewalt innerhalb und außerhalb der Ehe, Prostitution, Pädophilie …
Auch die praktizierte Homosexualität, also gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen, gehört in den Bereich der missbrauchten Sexualität. Der Geschlechtstrieb ist den Menschen gegeben, um sich zu vermehren und das Menschengeschlecht zu erhalten. Da das in homosexuellen Beziehungen nicht möglich ist, steht offensichtlich die eigene Lust-Befriedigung im Mittelpunkt. In der Heiligen Schrift werden derartige Praktiken als Resultat der Abwendung des Menschen von seinem Schöpfer und seiner daraus folgenden hochmütigen Selbst-Verherrlichung verurteilt:
Denn es wird geoffenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, welche die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten, weil das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen geoffenbart. Denn sein unsichtbares [Wesen], sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird von Erschaffung der Welt an in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien; weil sie Gott kannten, ihn aber weder als Gott verherrlichten noch ihm Dank darbrachten, sondern in ihren Überlegungen in Torheit verfielen und ihr unverständiges Herz verfinstert wurde. Indem sie sich für Weise ausgaben, sind sie zu Narren geworden und haben die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes vom verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren. Darum hat Gott sie dahingegeben in den Begierden ihrer Herzen in Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden, sie, welche die Wahrheit Gottes in die Lüge verwandelt und dem Geschöpf Verehrung und Dienst dargebracht haben statt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit. Amen. Deswegen hat Gott sie dahingegeben in schändliche Leidenschaften. Denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr in den unnatürlichen verwandelt, und ebenso haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen, sind in ihrer Wollust zueinander entbrannt, indem sie Männer mit Männern Schande trieben, und empfingen den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst. (Römer 1,18–27)
Im unverdorbenen Menschen wehrt sich ein tiefes Schamgefühl dagegen, die Sexualität zu einem Selbstzweck zu machen und von lebenslanger Treue loszureißen, eben vom Ehebund, der der geschlechtlichen Vereinigung Schutz und Würde gibt.
Junge Mädchen und Frauen, die sich in „freier Liebe“ Männern in würdeloser Hingabe zur Verfügung stellen, zerstören auch den ihnen innewohnenden Geist der Mütterlichkeit. Sichtbar wird das unter anderem an Millionen Frauen, die ihre wehrlosen Kinder töten, noch ehe sie das Licht der Welt erblicken, was ein Verbrechen unerträglichen Ausmaßes ist. Hier zeigt der Egoismus besonders klar seinen Leben zerstörenden Charakter. Hinzu kommen die von Kinderfeindlichkeit zeugenden verschiedenen künstlichen Verhütungsmethoden. Viele wissen vielleicht nicht, dass z. B. die Antibabypille für Frauen schwere gesundheitliche Folgen mit sich bringen kann. Das weitaus größere moralische Problem besteht allerdings darin, dass auch die Antibabypille abtreibend wirkt. Sie soll nämlich nicht nur eine Befruchtung verhindern. Auch im Fall einer Befruchtung soll sie den eben erst entstandenen Menschen daran hindern, in der Gebärmutter den lebensnotwendigen Unterschlupf zu finden, sodass er sterben muss.
Gegen die Kritik der Abtreibung und der künstlichen Empfängnisverhütung wird oft der Einwand der Bevölkerungsexplosion vorgebracht. Aus christlicher Sicht können wir diesen Einwand nicht gelten lassen, schon gar nicht für die westliche Welt, wo trotz niedriger Geburtenzahlen viele Abtreibungen vorgenommen werden.
Die eigentliche Ursache der Probleme der Menschheit liegt doch darin, dass die allermeisten Menschen nicht danach fragen, wie unser Schöpfer sich das Leben hier gedacht hat. Viele Menschen, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten etwas in dieser Welt verändern könnten, sind von der Sucht nach dem eigenen Vorteil geleitet. Sie leben gewissen- oder gedankenlos und unverantwortlich im Hinblick auf die Not anderer. Der daraus resultierenden sozialen Ungerechtigkeit sowie dem verantwortungslosen Umgang mit der Sexualität kann und darf nicht mit menschenverachtenden und lebensfeindlichen Mitteln begegnet werden. Damit wird Unrecht über Unrecht gehäuft.
Die einzig wirkliche Lösung ist die Rückkehr zu Gottes guten Ordnungen, wie wir sie aus der Bibel lernen können, zur selbstlosen Nächstenliebe, die statt des eigenen Vorteils das Gute für alle sucht.
Wir sind uns dessen bewusst, dass die meisten Menschen zu dieser Liebe nicht bereit sind, und wir daher keine weltumfassende Veränderung erwarten können. Trotzdem gibt es für die Menschen, die mit gutem Gewissen vor Gott und Menschen leben wollen, keinen anderen Weg. Leider war es in der Menschheitsgeschichte üblicherweise so, dass die Mehrheit nicht nach der Wahrheit und nach dem Guten gefragt hat. Deshalb dürfen wir uns gerade in diesen wichtigen Fragen nicht von den Ansichten der Masse leiten lassen.
Die Selbstlosigkeit der Liebe, das Sich-Verschenken-Wollen innerhalb der Ordnungen und Grenzen des Lebensbundes der Ehe ist das einzige, was eine Beziehung zwischen Mann und Frau wirklich gedeihen lassen kann. Es ist Gott selbst, der uns diese Liebe lehrt. Deshalb dürfen auch Ehepartner nicht aufeinander ausgerichtet sein, sondern gemeinsam und jeder persönlich auf Gott. Wenn man vom Ehepartner Erfüllung erwartet, bürdet man ihm eine untragbare Last auf. Viele Beziehungen gehen an diesen falschen Erwartungen zugrunde, die doch nur Gott erfüllen kann. Er allein ist es, der das Wichtigste im Leben eines Menschen und Ziel seiner Ausrichtung sein muss. Nur wer aus der Beziehung zu Gott lebt, wird fähig, sich ohne selbstsüchtige Motive zu verschenken. Wo in einer Ehe diese selbstlose Liebe herrscht, steht weder der Partner noch die Sexualität im Mittelpunkt. Sie zeichnet sich aus durch ein ernstes Empfinden für die von Gott gewollte Reinheit und Heiligkeit, die die Beziehung zwischen Mann und Frau tragen soll, aus dem Bewusstsein der hohen Verantwortung, die sich mit der geschlechtlichen Vereinigung als Teilhabe an Gottes Schöpfung verbindet.
Deshalb sind dem Menschen besonders auf diesem Gebiet von Gott sehr klare Ordnungen gegeben worden, an die in der heutigen Zeit leider die wenigsten Menschen denken: EIN Mann und EINE Frau gehören zusammen bis an ihr Lebensende. Die Sexualität gehört in die Ehe und NUR dort hin. Damit verbindet sich auch die Offenheit für Kinder, wie Gott sie schenkt. Für uns als Christen ist die sexuelle Enthaltsamkeit das einzig wirklich mögliche Mittel zur Empfängnisverhütung, wenn es von Gott her gesehen Gründe dafür geben sollte. Als moralisch vertretbar kann aber auch die „Natürliche Familienplanung“ eingestuft werden. Nur dort, wo diese Ordnungen anerkannt und heilig gehalten werden, wird dem Ehebund der Wert gegeben, den er von Gott her haben soll.
Noch ein Gedanke zu eheähnlichen Beziehungen: Der fehlende Trauschein ist vor Gott kein Freibrief dafür, dass man den Partner wechseln kann, wie man will. Wo sich Mann und Frau zum Zusammenleben entschließen und praktisch die Ehe vollziehen, sind sie für den Rest ihres Lebens aneinander gebunden, wie wenn sie geheiratet hätten. Trotzdem sind solche „freien“ Beziehungen keine legitimen Ehen, da das öffentliche Bekenntnis zum Partner dazugehört (in unserer Gesellschaft der Gang zum Standesamt).
Zur Frage der Reinheit
… gibt es ein eigenes Thema auf dieser Website. Wir wollen an dieser Stelle Gedanken insbesondere zum Thema Reinheit in der Ehe zufügen.
Es gibt Menschen, die meinen, man könne Probleme mit der Beherrschung des Geschlechtstriebes lösen, indem man heiratet. Manchmal wird dafür 1 Korinther 7,8.9 angeführt:
Ich sage aber den Unverheirateten und den Witwen: es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie ich. Wenn sie sich aber nicht enthalten können, so sollen sie heiraten, denn es ist besser, zu heiraten, als zu brennen.
Sehr irreführend ist der Text in der Einheitsübersetzung: „Es ist besser zu heiraten, als sich in Begierde zu verzehren …“
Es ist eine Entwertung der Ehe, wenn sie die Lösung dafür sein soll, dass jemand sein sexuelles Triebleben nicht beherrschen kann. Derartige Lösungsvorschläge offenbaren ein niedriges moralisches Niveau, welches Paulus sicher nicht unterstützen würde. Er spricht an vielen Stellen gegen sexuelle Sünden und davon, dass im Leben eines Christen der Geist herrscht und nicht das Fleisch (z. B. Galater 5,163). Je tiefer der Wunsch und die Entschlossenheit eines Christen ist, Gott zu dienen und die Brüder zu lieben, umso weniger Raum werden fleischliche Wünsche in seinem Leben haben. Wie sollte Paulus so einen Rat geben, unbeherrschte sexuelle Begierden in einer Ehe quasi legalisiert ausleben zu sollen?!
In 1 Korinther 6,13.17–20 schreibt er:
Die Speisen [sind] für den Bauch und der Bauch für die Speisen; Gott aber wird sowohl diesen als jene zunichte machen. Der Leib aber [ist] nicht für die Hurerei, sondern für den Herrn und der Herr für den Leib […] Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist [mit ihm]. Flieht die Unzucht! Jede Sünde, die ein Mensch begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber Unzucht treibt, sündigt gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott mit eurem Leib […]
Wie sollen wir nun das „Brennen“ in 1 Korinther 7,9 verstehen?
Paulus kann für einen Christen die Heirat nur dann als möglich sehen, wenn die Gründe und Motive dafür vor Gott gut sind. Er denkt wohl an solche, die sich mit der Lebensform der Ehe, verbunden mit einem konkreten Menschen, innerlich schon tief identifiziert haben, die „entflammt“ sind für die väterliche und mütterliche Fürsorge für eine Familie, die ihre Verantwortung darin sehen, Kinder in den Wegen Gottes zu erziehen und sich dem Ehepartner in reiner Liebe zu schenken als von Gott gewollte Stütze und Hilfe4 .
Es ist gut, sich den klaren Anspruch Jesu bezüglich Reinheit vor Augen zu stellen. In Matthäus 5,27.28 sagt er:
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.
Sünde beginnt im Herzen, in den Gedanken und Wünschen. Schon dort muss die Reinigung erfolgen. Jesus zeigt in den folgenden Versen auch den Weg zu diesem Ziel:
Wenn aber dein rechtes Auge dir Anlass zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn deine rechte Hand dir Anlass zur Sünde gibt, so hau sie ab und wirf sie von dir; denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. (Verse 29.30)
Wer eine klare Entschlossenheit hat, der Sünde keinen Raum in seinen Gedanken zu geben und sich von allem zu trennen, was zur Sünde reizen könnte, dem wird Jesus Freiheit von aller Unreinheit schenken.
Über die eheliche Beziehung schreibt Paulus in 1 Korinther 7,1–6:
Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt, so ist es gut für einen Menschen, keine Frau zu berühren. Aber um der Unzucht willen habe jeder seine eigene Frau, und jede habe ihren eigenen Mann. Der Mann leiste der Frau die [eheliche] Pflicht, ebenso aber auch die Frau dem Mann. Die Frau verfügt nicht über ihren eigenen Leib, sondern der Mann; ebenso aber verfügt auch der Mann nicht über seinen eigenen Leib, sondern die Frau. Entzieht euch einander nicht, es sei denn nach Übereinkunft eine Zeit lang, damit ihr euch dem Gebet widmet und dann wieder zusammen seid, damit der Satan euch nicht versuche, weil ihr euch nicht enthalten könnt. Dies aber sage ich als Zugeständnis, nicht als Befehl.
Paulus antwortet hier auf eine Anfrage, deren Inhalt wir nicht genau kennen. In den Versen 2–6 spricht er über die Verheirateten unter den Christen. Obwohl er in Vers 1 sagt, dass es gut ist für einen Mann, keine Frau zu berühren5, rät er den Verheirateten aber, sich einander nicht zu entziehen. Er betont, dass der Ehepartner nicht mehr nur sich selbst gehört, sondern auch seinem Partner. Deshalb wäre es auch nicht in der Liebe, wenn einer der Partner ohne die Zustimmung des anderen den ehelichen Umgang aufgeben möchte. Paulus sieht die Gefahr von Versuchungen für denjenigen der beiden Partner, der der sexuellen Enthaltsamkeit nicht von Herzen zustimmt, und warnt davor.
Dennoch ist es einer ehelichen Beziehung dienlich, wenn sich die Partner dazu entschließen, sich für eine bestimmte Zeit voneinander zu enthalten, um sich bewusst Zeit fürs Gebet, für die Ausrichtung auf Gott zu nehmen und so die richtigen Prioritäten zu bewahren.
In 1 Thessalonicher 4,3–5 lesen wir:
Denn dies ist Gottes Wille: eure Heiligung, dass ihr euch von der Unzucht fernhaltet, dass jeder von euch sich sein eigenes Gefäß in Heiligkeit und Ehrbarkeit zu gewinnen wisse, nicht in Leidenschaft der Lust wie die Nationen, die Gott nicht kennen.
Nach unserem Verständnis steht das Wort „Gefäß“ hier für die Ehefrau.6 Heilig und ehrbar soll der Umgang des Mannes mit seiner Frau sein, anders als es unter Ungläubigen üblich ist. Diese klare Warnung zeigt, dass die Ehe kein Schutz vor sexuellen Sünden ist. Auch dort, wo die Sexualität gelebt wird, ist die Herausforderung groß, Begierden in die Schranken zu weisen, statt sich davon leiten zu lassen.
Petrus schreibt zu diesem Thema:
Ihr Männer ebenso, wohnt bei ihnen mit Einsicht als bei einem schwächeren Gefäß, als dem weiblichen, und gebt [ihnen] Ehre als [solchen], die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, damit eure Gebete nicht verhindert werden. (1 Petrus 3,7)
Auch hier werden Ehemänner zu rücksichtsvollem und ehrbarem Umgang mit ihren Frauen aufgerufen. Wo diese Ehrbarkeit im ehelichen Umgang nicht da ist, wird auch die Hinwendung zu Gott gestört.
Einen weiteren Vers finden wir in Hebräer 13,4:
Die Ehe sei ehrbar in allem, und das Ehebett unbefleckt; denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten.
Das Ringen um Reinheit muss jedem Christen ein fundamentales Anliegen sein, egal ob er verheiratet ist oder nicht.
Denn Gott hat uns nicht zur Unreinheit berufen, sondern in Heiligung. Deshalb nun, wer [dies] verwirft, verwirft nicht einen Menschen, sondern Gott, der auch seinen Heiligen Geist in euch gibt. (1 Thessalonicher 4,7.8)
Zur Frage der Ehelosigkeit
Jesus hat dadurch, dass er die Ehescheidung verwarf und die Einehe als ursprünglichen Schöpfungsplan Gottes bewies, Wert und Würde der Ehe deutlich gemacht.
Aber er zeigt seinen Jüngern einen Weg, der darüber hinaus geht und den er selbst gegangen ist: Um des Himmelreiches willen auf die Ehe zu verzichten und die Erfüllung ganz und allein in Gott und im Dienst für Ihn zu finden.
Seine Jünger sagen zu ihm: Wenn die Sache des Mannes mit der Frau so steht, so ist es nicht ratsam zu heiraten. Er aber sprach zu ihnen: Nicht alle fassen dieses Wort, sondern denen es gegeben ist; denn es gibt Verschnittene, die von Mutterleib so geboren sind; und es gibt Verschnittene, die von den Menschen verschnitten worden sind; und es gibt Verschnittene, die sich selbst verschnitten haben um des Reiches der Himmel willen. Wer es fassen kann, der fasse es. (Matthäus 19,10–12)
Sich selbst zu „verschneiden“ um des Reiches Gottes willen heißt, eine freie Entscheidung zum Verzicht auf die Ehe zu treffen. „Nicht alle fassen dieses Wort …“ Für die Menschen damals wie heute, die Gottes Kraft nicht kennen und deren Denken auf die irdische Wirklichkeit ausgerichtet ist, ist es unverständlich, einen so großen Verzicht zu üben. Wer aber seinen Blick auf die Ewigkeit richtet und auch die Verlorenheit der Welt aus dieser Perspektive vor Augen hat, dem wird es „gegeben“ zu verstehen, dass es besser ist, frei zu sein für den Dienst in Gottes Reich.
Und wer die Möglichkeit dazu hat, den ermuntert Jesus, sie auch zu ergreifen.
Wenn Jesus der Ehelosigkeit um des Reiches Gottes willen den Vorrang gab, dann geschah das nicht aufgrund einer Geringschätzung der Ehe, wie es bei den Gnostikern der Fall war, worauf Paulus im 1. Timotheusbrief hinweist.
Der Geist aber sagt ausdrücklich, dass in späteren Zeiten manche vom Glauben abfallen werden, indem sie auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen achten, durch die Heuchelei von Lügenrednern, die in ihrem eigenen Gewissen gebrandmarkt sind, die verbieten, zu heiraten, und [gebieten], sich von Speisen zu enthalten, die Gott geschaffen hat zur Annahme mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit erkennen. (1 Timotheus 4,1–3)
Die Ideologie der Gnostiker war gekennzeichnet von Leibfeindlichkeit und der Verwerfung der Materie als in sich schlecht. Deshalb forderten manche gnostische Strömungen strenge Askese und verboten z. B. zu heiraten, damit nicht, gemäß ihrer Auffassung, durch die Zeugung von Nachkommen weitere Seelen im Leib als dem Gefängnis der Materie eingeschlossen würden.
Vor diesem Hintergrund wird auch 1 Timotheus 2,15 verständlich: „Sie (die Frau) wird aber durch das Kindergebären7 gerettet werden, wenn sie bleiben in Glauben und Liebe und Heiligkeit mit Sittsamkeit.“ Wenn die verheiratete Frau ihre Stellung als Ehefrau und Mutter an- und ernst nahm und auch Kinder zur Welt brachte, zeigte das ihre Absage an die Irrlehre der Gnosis — und das war für ihr Heil so unabdingbar wie Glaube, Liebe, Heiligkeit, Sittsamkeit.
Wenn Christen sich zur Ehelosigkeit entschließen, dann deshalb, weil sie aus Liebe zu Gott und Dankbarkeit für die Erlösung statt etwas Gutem das Bessere wählen.
Gott sagte zu den ersten Menschen: „Seid fruchtbar und mehret euch!“ (Genesis 1,28) In unserer heutigen Welt gibt es nun sehr viele Menschen, die Gott nicht kennen und die sich in falschen Philosophien und religiösen Ansichten verirrt haben. Im Gegensatz dazu sind nicht viele bereit, Jesus von ganzem Herzen zu folgen und das Licht des Evangeliums in die Welt zu tragen.
Die Liebe zu den verlorenen Menschen hat Paulus dazu motiviert, unermüdlich sein Leben für deren Heil einzusetzen. Das ist es auch, was viele Christen nach ihm und was auch uns dazu motiviert, möglichst ungehindert von den irdischen Verpflichtungen und Sorgen, die eine Ehe mit sich bringt, vielen Menschen geistlich dienen zu können.
In 1 Korinther 7 wiederholt Paulus drei Mal den Grundsatz, dass jeder in dem Stand bleiben soll, in dem er berufen wurde (Verse 17.20.24). Er will die Gläubigen dazu ermuntern, sich ganz auf die kommende unvergängliche Welt auszurichten.
Für denjenigen, der unverheiratet war, als er Christ wurde, bedeutet das normalerweise, dass er auch in diesem Stand bleibt:
Bist du an eine Frau gebunden, so suche nicht los zu werden; bist du frei von einer Frau, so suche keine Frau. (1 Korinther 7,27)
Durch diese Ermunterung wollte Paulus die Möglichkeit einer nicht Ehe ausschließen. Doch soll jeder einzelne Fall aufrichtig vor Gott geprüft werden.
Über so einen Fall schreibt Paulus in den Versen 36–38:
Wenn aber jemand denkt, er handle ungeziemend mit seiner Jungfrau, wenn er in der Vollkraft steht, und es muss so geschehen, so tue er, was er will; er sündigt nicht; sie sollen heiraten.
Der Ausdruck „seine Jungfrau“ macht deutlich, dass es um zwei Menschen geht, die einander versprochen waren, als sie Christen wurden8 und sich schon auf das gemeinsame eheliche Leben eingestellt haben.9 Paulus’ Meinung, dass sie heiraten können, ist allerdings im Sinne eines Zugeständnisses zu verstehen, denn er sagt weiter:
Wer aber im Herzen feststeht und keine Not, sondern Macht hat über seinen eigenen Willen und dies in seinem Herzen beschlossen hat, seine Jungfrau zu bewahren, der handelt gut. Also, wer seine Jungfrau heiratet, handelt gut, und wer [sie] nicht heiratet, wird besser handeln.
Auch der verheiratete Christ kann viel dienen, wovon auch neutestamentliche Beispiele zeugen. Dennoch ist er aufgrund der verschiedenen Aufgaben, die sich natürlicherweise mit einem Familienleben verbinden, geteilt (Verse 33.34). Das ist es wohl auch, was Paulus im Sinn hatte, als er von der „Bedrängnis für das Fleisch“ sprach (Vers 28). Auch wenn es eine gute und wichtige Aufgabe ist, sich um Kinder zu kümmern und sie zu erziehen, verbinden sich damit doch Probleme, Schwierigkeiten und Sorgen, vor denen Paulus die Christen angesichts der Einschränkung, die das für die vielen geistlichen Aufgaben bedeutet, verschonen möchte.
Vielleicht haben manche Christen in Korinth ihr Eheleben nicht mehr fortsetzen wollen, um freier für geistliche Aufgaben zu sein. Dem entgegnet Paulus, dass er zwar wünscht, alle wären unverheiratet wie er, dass aber auch der Bruder im Stand der Ehe von Gott mit Gaben gesegnet ist, mit denen er dienen kann (Vers 7), und er nicht danach suchen soll, sich vom Partner zu lösen (Vers 27).
Andererseits mahnt er auch in diesem Kapitel die verheirateten Christen, sich des vergänglichen Charakters der Ehe bewusst zu sein und das eheliche Leben hinter die Dinge zurück zu stellen, die mit der unvergänglichen Welt verbunden sind.
Dies aber sage ich, Brüder: Die Zeit ist begrenzt: dass künftig die, die Frauen haben, seien, als hätten sie keine […] und die die Welt Nutzenden, als benutzten sie sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht. (Verse 29.31)
Es gibt die Ansicht, Paulus habe deshalb für den Stand der Ehelosigkeit appelliert, weil er das Weltende nahe bevorstehen sah. Dafür werden Verse 26 und 29 angeführt:
Ich meine nun, dass dies um der gegenwärtigen Not willen gut ist, dass es für einen Menschen gut ist, so zu sein. […] Dies aber sage ich, Brüder: Die Zeit ist begrenzt […]
Aus dem, was Paulus zu diesem Thema an die Thessalonicher schreibt, können wir diese Deutung ausschließen:
Wir bitten euch aber, Brüder, wegen der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und unserer Vereinigung mit ihm, dass ihr euch nicht schnell in eurem Sinn erschüttern lasst noch erschreckt werdet, weder durch Geist, noch durch Wort, noch durch Brief, als [seien sie] von uns, als ob der Tag des Herrn da wäre. Dass niemand euch auf irgendeine Weise verführe! (2 Thessalonicher 2,1–3a)
Paulus hatte keine Naherwartung. Die gegenwärtige Not, von der er schreibt, ist wohl viel mehr die geistliche Not, die in der Welt herrscht. Es ist daher „Not am Mann“, denn der Arbeiter sind wenige. Jesus war unermüdlich in seinem Einsatz für das ewige Leben der Menschen; er sah, dass sie wie Schafe waren, die keinen Hirten haben. Viele Menschen irren im Leben umher und kennen den Weg zum wahren Leben nicht. Dieser Not können wir als Christen abhelfen und dafür ist es gut, so frei und verfügbar wie möglich zu sein. Daher ermuntert Paulus seine unverheirateten Geschwister, in diesem Stand zu bleiben.
Die Anweisung von Paulus in 1 Timotheus 5,11–15, dass jüngere Witwen heiraten sollen, steht in keinem Widerspruch zu seinen Gedanken in 1 Korinther 7. Er gibt auch hier der Ehe nicht den Vorzug vor der Ehelosigkeit, sondern vor zweifelhaften und schädlichen Aktivitäten, wie in Vers 13 beschrieben. Sicher waren nicht alle jüngeren Witwen gleich (sehr viele wird es davon auch nicht gegeben haben), aber offensichtlich gab es solche Fälle, wo deren Versorgung durch die Gemeinde in einem unordentlichen Lebenswandel bis hin zur Abwendung von Christus endete. In diese konkrete Situation hinein schreibt Paulus die Gedanken, dass es für solche besser ist, noch einmal zu heiraten und sich den Pflichten einer Hausfrau und Mutter zu widmen, was ja auch ihre ursprüngliche Lebensentscheidung war.
Zeugnisse aus der frühchristlichen Literatur
In der frühchristlichen Literatur finden wir Hinweise darauf, dass eine große Anzahl von Christen Gott durch ein eheloses Leben gedient haben.
Justin, Apologie I, 15,7: „… Und gar viele Männer und Frauen, die von Jugend auf Schüler Christi gewesen sind, bleiben mit sechzig oder siebzig Jahren keusch, und ich getraue mir, solche in jedem Stande von Menschen aufzuweisen, ganz zu schweigen von der unzähligen Menge derer, die nach einem zügellosen Leben sich bekehrt und diese Grundsätze angenommen haben.“
Athenagoras, Bittschrift für die Christen 33: „… Indes kann man unter unseren Glaubensgenossen viele finden, Männer und Frauen, die alt werden, ohne zu heiraten, in der Hoffnung auf um so innigeren Verkehr mit Gott. Wenn das Verharren im jungfräulichen Stande beide Geschlechter Gott näher bringt, wenn schon ein Gedanke oder eine Begierde von ihm wegführt, so verabscheuen wir noch viel mehr die Vollbringung dessen, was wir uns nicht einmal zu denken erlauben.“
Tertullian, Gegen Markion 1 29,1–4: „… sondern wie Leute, die die Keuschheit, ohne die Ehe zu verurteilen, anerkennen und suchen und vorziehen, nicht wie etwas Gutes (im Vergleich zu) etwas Bösem, sondern wie etwas Besseres (im Vergleich zu) etwas Gutem. Denn wir verachten die Ehe nicht, doch wir verzichten auf sie; wir schreiben die Keuschheit nicht vor, doch wir raten sie an, indem wir auch das Gute bewahren, wenn auch jeder seinen Kräften entsprechend das Bessere sucht; doch wir verteidigen die Ehe dann entschlossen, wenn sie unter dem Vorwand der Besudelung gehässig angeklagt wird mit dem Ziel, den Schöpfergott zu vernichten, der die Ehe aufgrund ihrer Würde im Hinblick auf das Wachstum des Menschengeschlechts ebenso gesegnet hat, wie er die Schöpfung als Ganzes im Hinblick auf ihre richtige und gute Nutzung gesegnet hat …“
Minucius Felix, Octavius 31,5: „… Wir bleiben willig dem Bande einer Ehe treu, wissen entweder nur von einem Weibe, um unser Geschlecht fortzupflanzen, oder von keinem. Die Gastmähler, die wir veranstalten, sind nicht nur züchtig, sondern auch maßvoll. Wir huldigen nicht Schmausereien oder ziehen das Mahl durch Trinkgelage in die Länge, sondern wir wissen den Frohsinn durch Ernst zu zügeln. Keusch in Worten und noch keuscher dem Leibe nach erfreuen sich sehr viele der ewigen Jungfräulichkeit eines unbefleckten Leibes, ohne sich dessen zu rühmen. …“
Zur Frage des Zölibates
Wir sehen es als nicht der menschlichen Natur entsprechend, wenn in Klöstern nur gleichgeschlechtliche Ehelose zusammen sind und durch ein stark von Formalismen geprägtes Leben ihre Triebe beherrschen wollen. Für diese Lebensform gibt es auch keine Grundlage in der Heiligen Schrift.
Es ist auch sehr problematisch, von Priestern, die doch in gewisser Weise von ihren „Gemeinden“ abgehoben sind, ein eheloses Leben zu verlangen, da sie der geschwisterlichen Zuwendung, die Christen in ihren Gemeinden erfahren, entbehren müssen. Diese unbiblische und widernatürliche Lebensform ergibt sich dadurch, dass das Streben nach einer christlichen Tugend mit einer nichtchristlichen Kirchenstruktur10 verknüpft wird und hat leider unter Klerikern oft zu Heuchelei und tiefen Sünden geführt.
Allerdings war der Hauptgrund für das Verbot von Priesterehen nicht das Streben nach christlichen Tugenden. Die Einführung des Pflichtzölibats im 11. Jahrhundert hatte auch wirtschaftliche Gründe. Es sollte sichergestellt werden, dass das Kircheneigentum in der Hand der römisch-katholischen Kirche bleibt, anstatt auf die Kinder der Priester aufgeteilt zu werden. Die römisch-katholische Kirche wollte ihre Machtposition als größter Grundbesitzer nicht verlieren.
„Wer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter“ — Wie brüderliche Liebe auch Familien verändert
Und es kommen seine Mutter und seine Brüder; und sie standen draußen, sandten zu ihm und riefen ihn. Und eine Volksmenge saß um ihn her; sie sagten aber zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen suchen dich. Und er antwortete ihnen und spricht: Wer sind meine Mutter und meine Brüder? Und er blickte umher auf die um ihn im Kreise Sitzenden und spricht: Siehe, meine Mutter und meine Brüder! Wer den Willen Gottes tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter. (Markus 3,31–35)
Leider finden wir in unserer Gesellschaft eine häufige Erscheinung, die wir als Familienegoismus bezeichnen müssen.11 Das „Wohl“ der eigenen (Klein-)Familie ist dort oberstes Gebot. Es besteht eine sehr geringe Bereitschaft, sich nach außen hin zu öffnen, damit man sich möglichst intensiv den eigenen engsten Angehörigen widmen könne, um den Familienzusammenhalt zu sichern.
Dabei wächst eine Familie enger zusammen, wenn sie gemeinsam all denen Anteilnahme und Hilfe gewährt, die es brauchen, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad und davon, wann und wie oft das nötig sein sollte. Der Familienegoismus hat auch keine guten Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern. Sie werden dahin gehend geformt, auf das Eigene ausgerichtet zu sein, statt selbstlose Liebe zu üben. Sie lernen kaum, sich für Rechte anderer zu öffnen sowie fremdes Leid und fremde Freude zu teilen.
Auch von religiösen Menschen hören wir oft, dass es nicht möglich sei, sich öfter als ein- bis zweimal in der Woche mit Glaubensgeschwistern zu treffen, weil mehr Gemeinschaft dem eigenen Familienleben schaden würde. Damit tun sie das, was Jesus im Gleichnis vom großen Gastmahl kritisiert. Die eigene Familie bzw. das Privatleben wird praktisch an oberste Stelle gerückt und somit die ewigen Dinge den vergänglichen untergeordnet. Das traurige Resultat ist, dass sich das heutige „Gemeinde“-Leben im Wesentlichen auf das Besuchen von Veranstaltungen beschränkt, die vom Privatleben getrennt werden.
Jesus hat uns gelehrt, dass die geistliche Verbundenheit unter denen, die ihm nachfolgen und den Willen Gottes tun, einen höheren Stellenwert hat als die familiäre Abstammung (siehe die oben zitierte Bibelstelle Markus 3,31–35). In der religiösen Welt wird das weitgehend ignoriert. Auch wenn man sich offiziell „Brüder und Schwestern“ nennt, wird doch die brüderliche Liebe nicht gelebt. Man geht nach den Veranstaltungen in seinen Privatbereich zurück. Kaum einer weiß vom anderen, was in seinem Herzen ist, was er glaubt, wie er seine Zeit verbringt. Das eigene fehlende Ringen um ein heiliges Leben bietet auch keine Basis, dem anderen darin zu helfen. Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit werden damit gerechtfertigt, dass jeder selbst wissen muss, was er tut, man will sich nicht in das Leben anderer einmischen.
In neutestamentlicher Zeit waren tägliche Gemeinschaft und das Teilen der materiellen Güter unter Christen das Normale.
Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten. Es kam aber über jede Seele Furcht, und es geschahen viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. Alle Gläubiggewordenen aber waren beisammen und hatten alles gemeinsam; und sie verkauften die Güter und die Habe und verteilten sie an alle, je nachdem einer bedürftig war. Täglich verharrten sie einmütig im Tempel und brachen zu Hause das Brot, nahmen Speise mit Frohlocken und Schlichtheit des Herzens, lobten Gott und hatten Gunst beim ganzen Volk. Der Herr aber tat täglich hinzu, die gerettet werden sollten. (Apostelgeschichte 2,42–47)
Als sie verstanden, dass Jesus sein Leben für die Erlösung von uns Menschen gegeben hat, wurde ihnen auch klar, dass eben diese liebende selbstlose Hingabe, das Teilen des Lebens, der Weg ist, zu dem er uns befreit hat.
Hieran haben wir die Liebe erkannt, dass er für uns sein Leben hingegeben hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben hinzugeben. (1 Johannes 3,16)
Vertrauen und Offenheit kann dort entstehen, wo man Einblick in das Leben des Bruders bekommt und sieht, dass er nicht seinen eigenen Vorteil, sondern den Willen Gottes sucht.
Durch das tägliche Zusammensein lernten die Christen einander tief kennen und konnten sich gegenseitig durch Ermunterung, Ermahnung und Trost helfen, auf dem schmalen Weg zu bleiben. Auch beim Besitz hörte die Bereitschaft zu teilen nicht auf. Diese Liebe konnten die Menschen in ihrem Umfeld als ein klares Zeichen dafür erkennen, dass dort ein anderer Geist herrschte, dass Gottes Liebe die Grundlage für das Zusammenleben bildete.
Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele; und auch nicht einer sagte, dass etwas von seiner Habe sein eigen sei, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft legten die Apostel das Zeugnis von der Auferstehung des Herrn Jesus ab; und große Gnade war auf ihnen allen. (Apostelgeschichte 4,32.33)
Wir können davon ausgehen, dass ein Großteil unter den Tausenden, die sich damals in Jerusalem bekehrten, verheiratet war. Die christlichen Familien haben also gemeinsam mit allen anderen Gläubigen dieses Gemeindeleben gelebt. So war niemand allein oder mit seinen geistlichen, familiären oder finanziellen Sorgen nur auf sich gestellt. Leider werden Jesu Worte in Matthäus 18,19 heute manchmal als eine Art Definition von Gemeindeleben angeführt. Damals dachte niemand, dass das Zusammensein von zwei oder drei Familienmitgliedern schon Gemeindeleben ist. Im Neuen Testament erfahren wir von einer Anzahl “Hausgemeinden”, wo eine Gemeinde sich im Haus eines bestimmten Gläubigen bzw. dessen Familie versammelte12 .
Für die Entwicklung von Kindern ist es ein Segen, in so einem Umfeld aufzuwachsen. So können sie von Anfang an lernen, weder sich selbst im Mittelpunkt zu haben noch von den Eltern oder Großeltern in den Mittelpunkt gestellt zu werden. Sie werden dazu erzogen, sich unterzuordnen, bescheiden und großherzig zu sein. Damit werden sie in bester Weise darauf vorbereitet, in dienender Gesinnung den Willen Gottes zu tun, je mehr sie imstande sind, eigene Entscheidungen zu treffen.
Der Gedanke an eine Entscheidung zur Ehelosigkeit mag den Menschen in den Volks- oder Freikirchen auch deshalb so fernliegen, weil die geschwisterliche Liebe als Kennzeichen der Christen im Allgemeinen dort nicht zu finden ist. Die Konsequenz davon ist, dass alleinstehende Menschen letztlich einsam bleiben. Eine „Lösung“ wird dann vielleicht in „Singletreffs“ angeboten, meist auch mit dem Ziel, dass doch noch ein paar Singles einen Partner finden. Es werden also praktisch „Gemeinde“-Aktivitäten zu Partnervermittlungszwecken organisiert, was den weltlichen Charakter dieser „Kirchen“ einmal mehr belegt.
Wir sehen das als billige Gewissensberuhigung, die der eigentlichen Lösung aus dem Weg geht, nämlich das eigene Leben aus Liebe für jeden Bruder und jede Schwester zu öffnen und so zum Vorbild des biblischen Gemeindelebens zurückzukehren.
Eine christliche Gemeinde ist vom Geist der Liebe und Hingabe Jesu Christi geleitet. Als Christen stellen wir uns mit dem, was wir sind und haben, in den Dienst der Brüder und Schwestern. Auf diese Weise kann jeder die Hilfe empfangen, die er auf seinem Weg zu Gott braucht. Auch die irdischen Sorgen und Nöte tragen wir gemeinsam. Selbst wenn wir keine gläubigen Familienangehörigen haben oder unverheiratet sind, ist jeder in das tägliche Mit- und Füreinander unserer großen Glaubensfamilie, der Gemeinde, integriert und nimmt teil am gegenseitigen Schenken und Empfangen. So erfahren wir die Erfüllung dessen, was Jesus seinen Jüngern verheißen hat:
Petrus aber sprach: Siehe, wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt. Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Es ist niemand, der Haus oder Eltern oder Brüder oder Frau oder Kinder verlassen hat um des Reiches Gottes willen, der nicht Vielfältiges empfangen wird in dieser Zeit und in dem kommenden Zeitalter ewiges Leben. (Lukas 18,28–30)
Das Streben nach gleicher brüderlicher Liebe allen gegenüber kennzeichnet uns als Glaubensgeschwister (1 Korinther 12,25). Wir erfahren tiefe geistliche Beziehungen, die dadurch entstehen, dass Gott in und unter uns wirkt. So ist es trotz manchen Kampfes viel leichter, sich für den Weg der Ehelosigkeit zu entscheiden, darin treu zu bleiben und sich somit frei und ungehindert dem Dienst für das ewige Leben der Menschen widmen zu können. Es stärkt uns und macht uns dankbar zu sehen, wie Gott den Verzicht in Segen wandelt.
Aus unserem eigenen Leben wissen wir sehr gut, dass diese Entscheidung keine leichte Entscheidung ist, nicht zuletzt, weil unsere Gesellschaft voll ist von der Verherrlichung des Geschlechtstriebes, und verspricht, in der sexuellen Beziehung die höchste Erfüllung zu finden. Diesem Einfluss ist der Mensch leider oft schon von Kindheit an ausgesetzt, und es ist schwer, sich dem zu entziehen.
Umso mehr möchten wir jeden Menschen dazu einladen, die Alternative kennenzulernen, die Jesus uns in seiner Kirche schenkt. Wie anders die Gemeinde ist als die Welt und wie tief Jesus sich mit ihr verbindet und identifiziert, bringt Epheser 5,25–32 zum Ausdruck:
Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen, [sie] reinigend durch das Wasserbad im Wort, damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei. […] Denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch der Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. Deswegen wird ein Mensch Vater und Mutter verlassen und seiner Frau anhängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dieses Geheimnis ist groß, ich aber deute es auf Christus und die Gemeinde.
- Aus der Parallelstelle in Matthäus 10,37–38 erklärt sich, in welchem Sinn Jesus das Wort „hassen“ verwendet: die engsten Angehörigen und selbst das eigene Leben dürfen uns nicht wichtiger sein als Er. ↩
- Quellen: Winfuture; Safersurfing ↩
- Ich sage aber: Wandelt im Geist, und ihr werdet die Begierde des Fleisches nicht erfüllen! Galater 5,16 ↩
- Das griechische Wort für „Brennen“ (pyroō) erscheint mehr als 20 Mal in der Bibel, aber nirgends im Sinne von geschlechtlicher Leidenschaft. Im übertragenen Sinn verwendet Paulus es noch einmal in 2 Korinther 11,29, wo es ein Ausdruck für sein Verantwortungsbewusstsein, die Sorge und das Mitgefühl für seine Glaubensgeschwister ist. ↩
- Manche Übersetzungen sehen in dieser Aussage ein Zitat aus dem Brief der Korinther an Paulus. Aber auch bei diesem Verständnis bestätigt Paulus diesen Satz. ↩
- Manche beziehen es auch auf den eigenen Leib. Wir finden es nicht so passend, dass jemand sich den eigenen Leib zu gewinnen wissen soll. ↩
- Anmerkung der Elberfelder Bibel: „hindurch“ ↩
- Folgende Gründe weisen darauf hin, dass sich beide bereits vor ihrem Christwerden verlobt hatten:
a) Die Art wie Paulus auf die Fragestellung in den Versen 36–38 eingeht, setzt voraus, dass die Verlobten sich in einer Situation befanden, in der es für sie nicht klar war, wie sie sich entscheiden sollen: Sollen sie heiraten oder sollen sie ihre Heiratspläne aufgeben? Üblicherweise folgt die Eheschließung rasch auf die Verlobung. Es musste daher einen besonderen Grund gegeben haben, warum sie ihre bereits geplante Hochzeit wieder infrage stellten. Dieser Grund finden wir in dem Ruf Jesu, ihm nachzufolgen, dem sie bereitwillig gefolgt sind. Sie wollten nun bewusst nach Gottes Willen für ihr Leben fragen.
b) Es ist nicht wahrscheinlich, dass diese Verse über Verlobungen sprechen, die nach einer gewissen Zeit des Lebens als Christen geschlossen wurden. Christen würden sich schon vor der Verlobung ernsthaft überlegt haben, in dem Stand, in dem sie gerufen wurden, also ehelos, zu bleiben. In solchen Fällen würde Paulus die Fragestellung nicht wieder neu aufrollen, da ohnehin schon alles vor Gott durchdacht worden ist. ↩ - Im Laufe der Geschichte wurden grundsätzlich drei verschiedene Deutungen dieser Verse vertreten: a) Es geht um einen Vater, der darüber entscheidet, ob er seine Tochter zur Ehe gibt oder nicht.
b) Es geht um eine sogenannte “geistliche Ehe”, in der die Jungfräulichkeit einer christlichen Frau durch einen gläubigen Mann beschützt wird, indem beide in einem gemeinsamen Haushalt wohnen. Diese Sitte ist aber erst ab dem dritten Jahrhundert bezeugt, und Paulus würde es auch nicht so einfach gutheißen, wenn ein Mann eine Frau, deren Jungfräulichkeit er beschützen sollte, heiraten würde.
c) Die heute verbreitete und auch von uns vorgeschlagene Lösung, dass es sich um Verlobte handelt.
Als Einwand gegen diese Lösung wurde vorgebracht, dass das griechische Verb “gamizo” in Vers 38 nicht “heiraten” hieße, sondern “verheiraten”, dass der Text also laute: “Wer seine Jungfrau verheiratet, handelt gut, und wer sie nicht verheiratet, wird besser handeln.” Diese Variante würde nur zu Lösung a) passen. Das Wort “gamizo” ist allerdings ein sehr seltenes Wort, das in der griechischen Literatur außerhalb des Neuen Testaments nur einmal vorkommt (in der Bedeutung “verheiraten”). Im Neuen Testament finden sich sonst die Bedeutungen “geheiratet werden” (Mt 22,30; Mk 12,25; Lk 20,35; 17,27) und “verheiraten” (Mt 24,38). Es lässt sich beobachten, dass es in der griechischen Sprache der damaligen Zeit eine Tendenz gab, die auf “-izo” endenden Verben zu vermehren, wobei diese Verben mehrdeutig sein konnten, d. h., dass es neben der durch “-izo” angezeigten kausativen Bedeutung auch eine normale Bedeutung gab. So verwendet Paulus das sonst “bekannt machen” heißende Wort “gnorizo” in Phil 1,22 im Sinne von “wissen”. (Weitere Beispiele dazu in: W. G. Kümmel, Verlobung und Heirat bei Paulus (1 Kor 7,36–38): Heilsgeschehen und Heilsgeschichte, Marburg 1965; S.321, Fußnote 48). Es ist daher sprachlich möglich, dass Paulus auch das Verb “gamizo” im Sinne von “heiraten” verwendet hat. Fast alle neueren deutschen Übersetzungen (Ausnahmen: Kürzinger, Schlachter 2000) übersetzen „gamizo“ hier deswegen mit “heiraten”.
Das legt sich auch im Zusammenhang dieser Verse nahe, welcher durch folgende weitere Gründe die Interpretation, dass die Verse 36–38 über einen Vater sprechen, der eine Entscheidung über die Verehelichung seiner Tochter zu treffen hat, ausschließt:
aa) Paulus betont in den Versen 17, 20 und 24, dass jeder in dem Stand bleiben sollte, in dem er berufen wurde. Diese Betonung setzt voraus, dass jeder Christ, ob Bruder oder Schwester, vor Gott die Verantwortung und auch die Freiheit hatte, eine Entscheidung in der Frage der Ehe zu treffen. Wenn ein Vater über die Zukunft seiner Tochter entscheidet, steht das im Gegensatz zu diesem christlichen Grundsatz.
bb) Auch in Vers 37 drückt Paulus durch vier verschiedene Ausdrücke („im Herzen feststeht“, „keine Not hat“, „Macht hat über seinen eigenen Willen“, „in seinem Herzen beschlossen hat“) die Stärke einer Entscheidung aus. Wenn es hier um die Entscheidung des Vaters ginge, würde der Eindruck erweckt, dass seine christliche Tochter nicht die geringste Möglichkeit dazu hätte, Paulus‘ Ratschläge aus 1 Korinther 7 in Erwägung zu ziehen. Geht es aber um Verlobte, kommt hier ihre Verantwortung vor Gott zum Ausdruck: Sie müssen Klarheit über Gottes Plan für ihr Leben gewinnen.
cc) Die in Vers 36 gemachte Aussage „Er sündigt nicht.“ passt auch nicht auf den Fall eines Vaters, der eine Entscheidung für seine Tochter trifft. Der direkte Zusammenhang (Vers 35) spricht davon, dass die Christen ehrbar und beständig ohne Ablenkung beim Herrn bleiben sollen, dass sie nicht durch die Belastung mit den Dingen dieser Welt sündigen sollen. Es würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen, hier noch detaillierter darauf einzugehen. ↩ - Siehe dazu das Thema Dienste in der Gemeinde ↩
- In dem Buch „Lebensführung“ von Friedrich Wilhelm Foerster, geschrieben schon am Anfang des 20. Jahrhunderts, finden wir dazu folgende Gedanken: „Das Familienleben trägt nicht nur große bildende Kräfte, sondern auch große Gefahren für den inneren Fortschritt des Menschen in sich […] Das Familienleben k a n n eine Erziehung zu aller höheren Verantwortlichkeit sein – für Menschen aber, die sich keine höheren Ziele gesteckt haben, bedeutet sie häufig nur eine neue Nahrung für den alles zusammenraffenden Egoismus und für das naive Sichaufblähen und Sichbespiegeln in der eigenen Nachkommenschaft […] Die Selbstvergötterung, die dem maßlosen Kultus des Eigenen zugrunde liegt, teilt sich unbewusst den Kindern mit und vergiftet ihr ganzes Seelenleben durch Selbstgefälligkeit und tötet die Bescheidenheit, ohne die es kein tieferes Gewissensleben … geben kann.“ (Ausgabe von 1922, S.86) ↩
- siehe Römer 16,3–6,10.11.14.15; Kolosser 4,15; Philemon 2 ↩